Da Personaler, Führungskräfte, Trainer und Coachs sich dafür interessieren, ob und wie man menschliches Verhalten verändern kann, werden sie am diesjährigen Nobelpreisträger Richard H. Thaler nicht vorbeikommen. Was hinter der Idee von Thalers "Nudging", dem "Anstupsen", steckt.

Den diesjährigen Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften hat der US-Ökonomieprofessor Richard Thaler erhalten, der durch seinen Bestseller "Nudge – Wie man kluge Entscheidungen anstößt" bekannt geworden ist. Der frischgebackene Preisträger, der an der Booth Business School der University of Chicago lehrt, ist ein scharfer Kritiker des volkswirtschaftlichen Konzepts vom Menschen als "Homo oeconomicus", der seine Entscheidungen immer rational trifft und seinen Nutzen optimiert.

Nudging soll gewünschtes Verhalten fördern

Für Thaler ist die Rationalität eines Menschen sehr begrenzt, denn er achte zum Beispiel nicht nur auf den Eigennutz, sondern sei oft selbstlos und wolle auch, dass es in der Welt fair zugehe. So akzeptierten Konsumenten die Einführung eines Mindestlohns – auch wenn dadurch der Preis bestimmter Dienstleistungen ansteige. Außerdem seien die Menschen oft zu bequem, um ihren Nutzen (durch Preisvergleiche) zu optimieren oder sie dächten oft nur an eine kurzfristige Bedürfnisbefriedigung und bereuten es erst viel später, nicht genug Geld gespart zu haben.

Thaler will auf keinen Fall, dass der Staat seinen Bürgern das Leben mit Verboten schwer mache. Er schlägt unterschwellig wirkende Psychotricks vor, um ungünstige Verhaltensmuster aufzulösen. Ein Beispiel: In den USA verschickte ein Stromversorger eine monatliche Energiebilanz an alle Haushalte. Jeder konnte seinen Stromverbrauch mit dem des effizientesten Nachbarn vergleichen. Außerdem gab es Energiespartipps und kleine Geschenke für eigene Einsparerfolge. Der Stromverbrauch sank in der Folge um zwei Prozent gegenüber einer Vergleichsgruppe. Das sei ein größerer Effekt gewesen als ihn Preissteigerungen hätten bewirken können, behauptet Thaler. 

Anstupsideen haben den Praxistest bestanden

Der Brief mit der Energiebilanz wird in Kreisen der Verhaltensökonomen als "Anstupser" ("Nudge") bezeichnet. Wie man Menschen "anstupst", haben Richard Thaler und sein Professoren-Kollege Cass Sunstein in ihrem Buch "Nudge" beschrieben, das als die "Bibel der Verhaltensökonomik" gilt.

Zahlreiche Anstups-Ideen aus diesem Buch haben offenbar den Praxistest bestanden. An einem Flughafen wurden zum Beispiel die Schilder verbannt, die das Rauchen verbaten. Stattdessen wurden "Rauchen-erlaubt-Zonen" ausgewiesen. Otto Normalraucher mag offenbar Gebote lieber als Verbote. Die Menge der überall verstreuten Kippen nahm stark ab.

Kritiker halten Nudging für eine entwürdigende Bevormundung

Schon vor drei Jahren schrieb das Magazin "Zeit Wissen" (Nr. 6/2014), dass die engagiertesten Gegner des Nudgings aus Deutschland kämen. Ihr Hauptquartier liege im Max-Planck-Institut für Bildungsforschung (MPI) in Berlin-Dahlem. Gerd Gigerenzer, der MPI-Chef, wird mit den Worten zitiert, Nudging sei die Philosophie von Gutmenschen, die andere von außen steuern wollten. Besser sei es, durch Bildung die Kompetenz der Betroffenen zu erhöhen. Gigerenzer glaubt, dass die Menschen es trainieren könnten, weniger Denkfehler zu machen (zum Beispiel, indem sie Wahrscheinlichkeiten abzuschätzen lernten). Thaler betont dagegen, dass Nudging zwar Entscheidungen beeinflusse, aber die Freiheit der Individuen werde nie eingeschränkt. Sein "liberaler Paternalismus" sei nur eine sehr weiche Form der Manipulation. 

 

Zum Weiterlesen:

Dieser Text ist ein Auszug aus dem Beitrag "Verhalten ändern durch Anstupsen". Den kompletten Text lesen Sie in Ausgabe 11-12/2017 der " Wirtschaft + Weiterbildung".


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