Vielen nichtgewerblichen Mandanten ist schon die herkömmliche Risikoverteilung nach dem Kostenerstattungsprinzip völlig unbekannt. Sie wissen meist nicht, welche Risiken über mehrere Instanzen entstehen können, wenn sie mit eigenen finanziellen Mitteln klagen. Und ihnen ist oft nicht bekannt, dass im Zivilprozess der Verlierer alle Kosten trägt, im Arbeitsprozess dagegen jede Partei ihren Anwalt selbst bezahlen muss – unabhängig davon, wie der Prozess ausgeht.
Mehrheit der Anwälte hat noch nie Erfolgshonorar vereinbart
Schon frühere Untersuchungen des Soldan Instituts hatten ergeben, dass eine deutliche Mehrheit der Anwälte Erfolgshonorare in allen denkbaren Gestaltungsformen auch mehrere Jahre nach ihrer Liberalisierung noch nie verwendet hat.
Warum? Die Gründe und ihre Gewichtung
- Die Gründe für die verhaltene Nutzung hat das Kölner Forschungsinstitut nun ermittelt: Auf einer Skala von 1 (trifft voll und ganz zu) bis 5 (trifft überhaupt nicht zu) erreicht die Aussage, dass Erfolgshonorare vom Mandanten nicht nachgefragt werden, mit einem Wert von 2,1 die höchste Zustimmung der Befragten.
- Die in Bundesrechtsanwaltsordnung und Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten komplexen rechtlichen Anforderungen an die wirksame Vereinbarung eines Erfolgshonorars sind mit einem Wert von 2,8 aus Sicht der Anwaltschaft hingegen von geringerer Bedeutung. Sie wurden bislang aber häufig als Grund für die geringe Verbreitung dieses Vergütungsmodells vermutet.
- Noch weniger Einfluss hat eine grundsätzliche Ablehnung von Erfolgshonoraren durch Rechtsanwälte: Dieser – über die persönliche Einstellung der Befragten gemessene – Grund erreicht einen Zustimmungswert von 3,1.
- Mit einem Wert von 2,6 größere Bedeutung hat hingegen die von Rechtsanwälten festgestellte fehlende Bereitschaft der Mandanten, ihnen mit einem Erfolgshonorar einen die Risikoübernahme ausgleichenden Erfolgszuschlag auf die Vergütung zu zahlen, die für die fragliche Tätigkeit erfolgsunabhängig abgerechnet werden würde.
Angemessener Zuschlag erlaubt
Ein Erfolgshonorar (§ 49b Abs. 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung) darf nach § 4a RVG nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde.
In einem gerichtlichen Verfahren darf dabei für den Fall des Misserfolgs vereinbart werden, dass keine oder eine geringere als die gesetzliche Vergütung zu zahlen ist, wenn für den Erfolgsfall ein angemessener Zuschlag auf die gesetzliche Vergütung vereinbart wird.
Erfolgshonorar für beide Seiten sinnvoll
Das eigentliche Problem des klammen Mandanten dürfte wohl darin bestehen, dass er im Misserfolgsfall die gegnerischen Anwaltskosten zahlen muss. Andererseits kann er sicher sein, dass der Anwalt, der sich auf seinen Fall einlässt, eine detaillierte Risikoanalyse vornimmt und aus eigenem Interesse um den Fall kämpft. Damit dürfte ausgeschlossen sein, dass der Anwalt aus rein wirtschaftlichen Eigeninteressen aussichtslose Fälle übernimmt.
Erfolgshonorar ermöglicht mehr Mandanten den Rechtsstreit
Ein stärkeres Engagement der Anwaltschaft in Richtung Erfolgshonorare macht aber insofern Sinn, als es zahlreiche Mandanten geben dürfte, die auch aus Angst vor den Unwägbarkeiten der Justiz von einer Klage absehen. Dieses Potenzial gilt es zu heben. Dafür müssen die Anwälte stärker die Werbetrommel rühren als bisher.
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