Auch passiver Cannabis-Konsum kann die Fahrerlaubnis gefährden


Auch passiver Cannabis-Konsum kann die Fahrerlaubnis gefährden

Autofahrer aufgepasst: Durch bloß passives Kiffen ist es möglich den THC-Grenzwert für Fahruntüchtigkeit zu erreichen. Passivraucher, die sich in einem Raum aufhalten, in dem Cannabis oder ähnliche Drogen konsumiert werden, sollten also auf der Hut sein. Schon das kann den Führerschein kosten.

Die Zeiten für Raucher sind schon seit längerem härter geworden. Nun droht Ungemach auch den Passivrauchern, jedenfalls dann, wenn die im Raum befindlichen Raucher Cannabisprodukte konsumieren. Wer in den Niederlanden Coffeeshop besucht und sich dort längere Zeit auffällt, auch wenn er nur Kaffee trinkt, muss in Zukunft vorsichtig sein, denn er könnte zu viel THC im Blut haben.

Nicht zu lange in den Coffeeshop

Ein wissenschaftliches Experiment der Universität Mainz hat gezeigt, dass auch Passivrauchen von Cannabis zur Fahruntüchtigkeit führen kann. THC (Tetrahydrocannabinol) ist der Wirkstoff der Cannabispflanze.

  • Frühere Experimente unter Extrembedingungen (winzig kleiner Raum mit fünf Rauchern und einem Passivraucher besetzt) hatten bei den Passivrauchern zu enormen THC-Konzentrationen von 6,3 ng/ml Blut geführt.
  • Der Grenzwert für das Erreichen der Fahruntüchtigkeit liegt bei 1 ng.

Die Wissenschaftler der Universität Mainz untersuchten Passivraucher unter realistischen Bedingungen nach einem längeren Aufenthalt in einem Coffeeshop. Keiner der anschließend untersuchten Passivraucher erreichte den kritischen Wert von 1 Nanogramm. Dennoch kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass unter ungünstigen Bedingungen das Erreichen des Grenzwertes und auch das deutliche Überschreiten nicht völlig auszuschließen sei.

Selbst nichts geraucht

Auf diese Untersuchung stützen sich die Verwaltungsrichter am VG Gelsenkirchen. Ein Autofahrer war am 29.1.2014 in eine Verkehrskontrolle geraten. Mit dem Drogenschnelltest hatten die Polizisten einen kritischen Wert von THC festgestellt. Die anschließende Laboruntersuchung ergab in Blut und Urin einen THC Wert von deutlich über 1 Nanogramm.

Der Betroffene erklärte hierzu, am Vorabend mit mehreren Cannabis-Konsumenten zusammen gewesen zu sein, er selbst habe aber nichts geraucht. Er könne sich den festgestellten Wert daher nur durch Inhalation beim Passivrauchen erklären.

Der Passivraucher war der Auffassung, der von der Behörde angeordnete Entzug der Fahrerlaubnis sei unrechtmäßig, da er nicht damit habe rechnen können und müssen, dass durch Passivrauchen eine die Verkehrstüchtigkeit beeinflussende THC-Konzentration im Blut auftreten könne.

Richter: Passivraucher müssen mit Fahruntüchtigkeit rechnen

Abgesehen davon, dass die Verwaltungsrichter diese Aussage eher für eine Ausrede hielten, vertraten die Richter die Auffassung, dass auch ein Passivraucher damit rechnen müsse, durch Inhalation von Cannabisrauch in seiner Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigt zu werden.

Immerhin inhalierten Passivraucher das gleiche Rauschmittel wie die aktiven Raucher, wenn auch in geringerer Konzentration. Da der Betroffene sich über den ganzen Abend mit mehreren Cannabiskonsumenten in einem Raum aufgehalten habe, hätte er daher mit einer Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit rechnen müssen.

Die Inhalation des Rauschmittels nächste Woche war nicht unbewusst

Das VG ging ausdrücklich auf eine Entscheidung des VGH Baden-Württemberg ein, wonach ein Fahrzeughalter, der unbewusst Cannabis zu sich genommen hat, nicht ohne weiteres vorgehalten werden könne, charakterlich zum Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehrs ungeeignet zu sein (VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 10.4.2004, 10 S 427/04).

Um eine solche unbewusste Einnahme, handelt es sich nach Ansicht des VG beim Passivrauchen gerade nicht, jedenfalls dann nicht, wenn sich der Betroffene über mehrere Stunden in einer von Cannabis-Rauchschwaden geschwängerten Luft aufhalte.

Führerschein nur nach vorheriger MPU

Das VG kam zu dem Ergebnis, dass der Betroffene nicht in der Lage sei, zwischen Cannabiskonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr hinreichend deutlich zu trennen. Dies führe grundsätzlich zum Entzug der Fahrerlaubnis. Die Beeinträchtigung hochrangiger Rechtsgüter im Straßenverkehr durch nicht fahrtüchtige Kfz-Führer lasse eine andere Entscheidung nicht zu.

Drogenkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr trennen

Die Fähigkeit, zukünftig zur Trennung von Drogenkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr in der Lage zu sein, sei nur noch durch den Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens möglich. Damit war der Führerschein erstmal weg (VG Gelsenkirchen, Beschluss v. 10.6.2014, 9 L 541/14).


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