BGH zum Verjährungsbeginn beim notariellen Amtshaftungsanspruch

Die Verjährungsfrist des Amtshaftungsanspruchs gegen einen Notar beginnt zu laufen, wenn dem Geschädigten Tatsachen bekannt bzw. grob fahrlässig unbekannt sind, die auch aus der Perspektive eines juristischen Laien das Vorgehen des Notars als irregulär und damit möglicherweise pflichtwidrig erscheinen lassen.

Der BGH hat seine Rechtsprechung zur Verjährung des notariellen Amtshaftungsanspruchs fortgesetzt.

Kauf einer Eigentumswohnung von einem Bauträger

Es ging um die Beurkundung eines Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung zwischen einem Ehepaar und einem Bauträger. Entgegen der gesetzlichen Vorgabe in § 17 Abs. 2a S. 2 Nr. 2 BeurkG war den Käufern der Vertragsentwurf nicht mindestens zwei Wochen vor der Beurkundung vom Notar zur Verfügung gestellt worden. Gleichwohl enthielt die Urkunde die Erklärung der Käufer, dass ihnen das Muster des Wohnungskaufvertrages länger als zwei Wochen vorgelegen habe und sie ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, den Gegenstand der Beurkundung inhaltlich zu prüfen bzw. überprüfen zu lassen.

Wohnung war überteuert

Etwa ein Jahr nach der Beurkundung erfuhr das Ehepaar von ihrem Steuerberater, dass die Wohnung überteuert gewesen sei. Erst nach Ablauf von mehr als 10 Jahren nach dem Kauf erhob das Ehepaar eine Amtshaftungsklage gegen den Notar und berief sich darauf, dass die Zwei-Wochen-Frist tatsächlich nicht eingehalten gewesen sei.

Bedeutung der Zwei-Wochen-Frist in § 17 Abs. 2a HS. 2 Nr. 2 BeurkG

Die gesetzliche Zwei-Wochen-Frist bei einem Verbrauchervertrag dient dazu,

  • den Verbraucher vor einer übereilten Entscheidung zu schützen
  • und ihm ausreichend Gelegenheit zur Prüfung zu geben, ob er das beabsichtigte Geschäft tatsächlich abschließen will.

Gleichwohl hatte das Ehepaar im vorliegenden Fall mit ihrem Ansinnen keinen Erfolg; der BGH hat in letzter Instanz bestätigt, dass ein etwaiger Anspruch gegen den Notar jedenfalls verjährt ist.

Verjährung des Schadensersatzanspruchs wegen Amtspflichtverletzung des Notars

Der BGH stellte klar, dass bei Amtshaftungsansprüchen die Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu laufen beginnt, wenn der Geschädigte weiß oder ohne grobe Fahrlässigkeit wissen muss, dass die in Rede stehende Amtshandlung widerrechtlich und schuldhaft war und deshalb eine zum Schadenersatz verpflichtende Amtsverletzung darstellt.

Dafür genügt es regelmäßig, dass der Geschädigte Kenntnis vom Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen hat, dass ihm also die tatsächlichen Umstände bekannt sind, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als naheliegend und eine Schadenersatzklage als aussichtsreich erscheinen lassen.

Nicht erforderlich ist, dass der Geschädigte aus diesen, ihm bekannten Tatsachen auch die richtigen Schlüsse im rechtlichen Sinne zieht. Selbst wenn der Geschädigte fehlerhafte Vorstellungen in Bezug auf die Rechtslage hat, hindert dies nicht den Beginn der Verjährung.

Etwas anderes gilt nur im Einzelfall, wenn die Rechtslage so unübersichtlich oder zweifelhaft ist, dass sie selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einschätzen kann. Eine weitere Ausnahme wird gemacht, wenn die Fehlvorstellung des Geschädigten über die vom Notar geschuldeten Pflichten durch eine objektiv irreführende Belehrung des Notars hervorgerufen wurde und der Geschädigte keinen konkreten Anlass hatte, an der Richtigkeit der erteilten Information zu zweifeln.

Ehepaar wusste zum Zeitpunkt der Beurkundung, dass die vom Notar verlesene Erklärung falsch war

Im vorliegenden Fall ging der BGH davon aus, dass das betroffene Ehepaar bereits im Zeitpunkt der Beurkundung wusste, dass ihnen der Vertragsentwurf – entgegen der Angabe in der Urkunde – tatsächlich nicht zwei Wochen vorher vorgelegen hat.

Die Beiden wussten daher, dass diese vom Notar verlesene Erklärung falsch war und hatten somit selbst aus ihrer laienhaften Sicht ausreichend konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beurkundung vom Notar nicht korrekt abgewickelt wurde. Diese Kenntnis ließ der BGH ausreichen, um einen Beginn der Verjährung anzunehmen. Mehr als zehn Jahre später konnte der Notar somit nicht mehr auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.

(BGH Urteil vom 10.10.2019 - III ZR 227/18).

Hintergrund: Übereilungsschutz bei Verbraucherverträgen

Gem. § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG sind Verbraucher im notariellen Beurkundungsverfahren stärker geschützt. Sie sollen vor übereilten beurkundungspflichtigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen besonders geschützt und jeder Versuch, sie von der Belehrung durch den Notar auszuschließen, soll ausgeschlossen werden.

Nach § 17 Abs. 2a Nr. 2 Hs. 2 BeurkG soll dieser Übereilungsschutz im Regelfall dadurch gewährleistet werden, dass der Notar den beabsichtigten Text des Rechtsgeschäfts zwei Wochen vor der Beurkundung zur Verfügung stellt. 

Wirksamkeitsvoraussetzung ist die Beachtung dieses Procedere nicht; es kommt nur darauf an, dass bei einer Verkürzung der Zwei-Wochen-Frist nachvollziehbare Rechtfertigungsgründe im Hinblick auf Schutzinteressen des Käufers vorliegen.

Der vom Gesetz bezweckte Übereilungs- und Überlegungsschutz muss auf andere Weise als durch die Einhaltung der Regelfrist gewährleistet sein. Die Gründe der Fristunterschreitung sollen nach § 17 Abs. 2a Nr. 2 S. 3 BeurkG in der Niederschrift angegeben werden. Zur Disposition des Verbrauchers steht die Frist andererseits aber auch nicht, so dass sein etwaiger Verzicht auf ihre Einhaltung diese nicht entbehrlich macht. Der Notar hat die Amtspflicht, die Beurkundung bei Nichtvorliegen von Gründen für die Fristunterschreitung abzulehnen. Andernfalls kann ein Amtshaftungsanspruch gegen den Notar entstehen.

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Keine Belehrung über wirtschaftliche und steuerliche Folgen

Über die wirtschaftlichen Folgen des Rechtsgeschäfts muss der Notar grundsätzlich nicht belehren. Hinsichtlich des wirtschaftlichen Erfolgs trifft ihn mithin auch keine Prüfungspflicht. Er hat immer nur die Umsetzung des rechtlichen Erfolges des Geschäfts zu prüfen.

Haufe Online Redaktion

Schlagworte zum Thema:  Recht, Notar, Verjährung