Diese Auffassung vertritt jedenfalls das LArbG Berlin und hat den Antrag, einen ehrenamtlichen Richter wegen ungebührlichen Lachens auf der Richterbank von seinem Amt zu entheben, zurückgewiesen.
Einstweiliges Verfügungsverfahren um Rohstoffgewinnung in Konfliktregionen
Gegenstand vor einer Kammer des LArbG Berlin geführten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens war der Antrag auf Erlass einer Beschäftigungsverfügung um die Abgabe einer sogenannten Konfliktmineraliendeklaration (CMRT). Dabei ging es um den Bezug von Rohstoffen und zum Teil weiterverarbeiteten Rohstoffen durch die Verfügungsbeklagte aus Konfliktregionen, in denen Rohstoffe zum Teil unter menschenrechtswidrigen Umständen, darunter auch durch Kinderarbeit, gewonnen werden.
Aggressiv geführte Dialoge vor Gericht
Die sich für ein einstweiliges Verfügungsverfahren sehr in die Länge ziehende mündliche Verhandlung führte zu teilweise aggressiv und zugespitzt geführten Dialogen des Beklagtenvertreters mit dem Gericht. Der Verfügungsbeklagte ließ über seinen Prozessbevollmächtigten die teils komplexen Zusammenhänge in der mündlichen Verhandlung vor Gericht im einzelnen darlegen. Der Prozessbevollmächtigte bediente sich dabei zur Verdeutlichung der Verhältnisse in dem betroffenen Land des Begriffs „Rohstoffe wie Blutdiamanten“.
Beklagtenvertreter besteht auf Blickkontakt mit der Gerichtsvorsitzenden
Der Verfügungskläger rügte mehrfach, dass die Vorsitzende des Gerichts während seines Vortrags nicht unablässig Blickkontakt mit ihm hielt. Er herrschte die Vorsitzende mehrfach an, sie solle ihn gefälligst anschauen.
Kurzer Lacher eines ehrenamtlichen Richters
Gegen Ende der Verhandlung entwickelte sich ein intensiver Austausch zwischen den beiden Prozessbevollmächtigten der Parteien. Angesichts einer Bemerkung des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten im Zusammenhang mit den von ihm in Bezug genommenen Blutdiamanten entfuhr einem der ehrenamtlichen Richter ein kurzes, aber lautes Lachen.
Befangenheitsantrag wegen Lachens
Darauf stellte der Verfahrensbevollmächtigte des Verfügungsbeklagten den Antrag, den lachenden Richter für befangen zu erklären. Zur Begründung führte er aus, die Art des Lachens sei verletzend gewesen. Es habe sich um ein arrogantes, sich über andere aufschwingendes Lachen gehandelt.
Befangenheitsantrag erfolgreich
In seiner Stellungnahme zum Befangenheitsantrag erklärte der ehrenamtliche Richter, er habe die ständigen Anweisungen des Beklagtenvertreters an die Richterin, ihn anzugucken, als merkwürdig empfunden. Dies habe in ihm bereits einen Impuls zum Lachen ausgelöst, den er aber noch haben unterdrücken können. Bei den späteren, ihm ebenfalls merkwürdig erscheinenden Ausführungen, habe sich der Lachimpuls dermaßen gesteigert, dass er das Lachen an einer Stelle nicht mehr haben unterdrücken können. Dies sei auch anderen im Saal anwesenden Personen so gegangen. Das Gericht gab dem Befangenheitsantrag statt.
Antrag auf Enthebung des Richters von seinem Ehrenamt
Mit der Stattgabe des Befangenheitsantrags gab sich der Verfahrensbevollmächtigte der Verfügungsbeklagten nicht zufrieden und reichte bei der Präsidentin des Arbeitsgerichts Berlin eine Beschwerde ein. Er beantragte, den ehrenamtlichen Richter seines Amtes zu entheben. Durch sein Lachen habe er mangelnde Ernsthaftigkeit gegenüber seiner Aufgabe und fehlenden Respekt gegenüber dem Richteramt gezeigt.
Amtspflichtverletzung ja, aber nicht grob
Das LArbG wies den Antrag auf Amtsenthebung zurück. Voraussetzung für die Enthebung vom Amt als ehrenamtlicher Richter sei gemäß §§ 27, 21, 20 ArbGG eine grobe Amtspflichtverletzung. Bei der Bewertung des Lachens liegt nach Auffassung des LArbG die Annahme einer Pflichtverletzung zwar nicht fern, da der ehrenamtliche Richter hiermit möglicherweise den Eindruck mangelnder Neutralität erweckt habe, diese Amtspflichtverletzung sei aber nicht als grob zu bewerten.
Singuläres, nicht beharrliches Lachen
Bei dieser Entscheidung berücksichtigte das LArbG u.a. den Umstand, dass es sich um einen einmaligen, kurzen Lacher gehandelt habe und der ehrenamtliche Richter sich keiner wiederholten oder kontinuierlichen Verletzung seiner richterlichen Pflichten habe zuschulden kommen lassen. Eine Pflichtverletzung sei nur dann grob, wenn eine gewisse Beharrlichkeit der Pflichtverletzung vorliege, so das ein weiteres Festhalten am ehrenamtlichen Richterverhältnis dem Ansehen der Rechtspflege schade (OVG Berlin, Beschluss v. 31.8.1978, II L 13.78).
Reaktives Lachen als Folge besondere Prozesssituation
An dieser Beharrlichkeit fehlte es nach Auffassung des LArbG bei dem kurzen Lacher des ehrenamtlichen Richters. Auslöser sei eine besondere Prozesssituation gewesen. Die Wahrnehmung dieses Lachers als Ausdruck von Überheblichkeit oder der Ablehnung des Beklagtenvertreters entspringe dessen subjektiver Wahrnehmung. Einen Anhalt in dem objektiven Geschehen habe diese Auslegung nicht.
Antrag auf Amtsenthebung abgelehnt
Aus diesem Grunde wies das Gericht den Antrag auf Amtsenthebung zurück.
(LArbG Berlin, Beschluss v. 28.12.2022, 2 SHa-EhRi 7013/22)