Ein aufgeregter Mandant oder gar ein Noch-Nicht-Mandant in der Leitung mit einer aus seiner Sicht lebenswichtigen Frage? Vorsicht! Hier hat der Anwalt in der einen Hand den Hörer und steht mit einem Fuß bildlich gesprochen in der Haftungsfalle: Der BGH fährt bei telefonischen Auskünften ein strenge Linie.

Gilt ein Rat am Telefon als vertragliche Leistung, die das normale Haftungsprogramm im Falle eines Fehlers in Gang setzt?

 

Grenze zwischen Gefälligkeit und Beratungsvertrag

Berater bewegen sich auf einem schmalen Grat, wenn sie telefonische Auskünfte auf Fragen geben, die ihnen spontan und ohne die Möglichkeit der Vorbereitung gestellt werden.

Das Schwert der Haftung hängt über ihnen, denn nach ständiger Rechtsprechung des BGH wird sehr schnell der stillschweigende Abschluss eines Auskunfts- oder Beratungsvertrags angenommen, wenn bestimmte Indizien vorliegen und die gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalles auf einen Rechtsbindungswillen der Parteien schließen lassen.

 

Indizien für Rechtsbindungswillen

Für einen Rechtsbindungswillen und damit einen Auskunftsvertrag sprechen folgende Umstände:

  • Die Auskunft ist für den Anfragenden von erkennbar erheblicher wirtschaftlicher und rechtlicher Bedeutung und
  • er will sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen;
  • der Auskunftgeber ist für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig oder verfolgt mit der Auskunft ein eigenes wirtschaftliches Interesse (BGH, Urteil v. 22.7.2004, IX ZR 132/03).

Liegen diese Voraussetzungen im Einzelfall vor, heißt dies nicht automatisch, dass ein Beratungsvertrag geschlossen wurde; diese Indizien deuten lediglich stark darauf hin. Alle anderen Umstände müssen mit in die Bewertung einfließen.

 

Das spricht für einen Vertragsschluss

Einen Vertragsschluss hat der BGH beispielsweise bei folgenden Szenarien angenommen:

  • Der Auskunftgeber wurde zu Vertragsverhandlungen auf Verlangen desjenigen, der die Auskunft in Anspruch genommen hat, hinzugezogen (BGH, Urteil v. 25.10.1966, VI ZR 8/65).
  • der Auskunftgeber wurde in solchen Verhandlungen als unabhängige neutrale Person einbezogen (BGH, Urteil v. 18.1.1972, VI ZR 184/70)
  • der Auskunftgeber hat ein besonderes persönliches Engagement dadurch gezeigt, dass er Zusicherungen nach Art einer Garantieübernahme machte;
  • zwischen Auskunftgeber und –empfänger bestand bereits eine anderweitige Vertragsbeziehung (BGH, Urteil v. 14.11.1968, VII ZR 51/67).

 

Unentgeltlichkeit kein Hinweis auf Gefälligkeit!

Den Spruch vom geschenkten Gaul können Sie in diesem Zusammenhang vergessen: Die Tatsache, dass sich der Auskunftgeber für seinen Rat nicht bezahlen lässt, spricht nicht gegen den Abschluss eines verbindlichen Vertrags mit Haftungsfolge (BGH, Urteil v. 21.12.1989, IX ZR 234/88).