Eine Kammer für Handelssachen des LG München I hat einer sächsischen Brauerei verboten, mit Bockbierwürze versetzte weinhaltige Getränke als Glühwein in den geschäftlichen Verkehr zu bringen.
„Gebrauter“ Glühwein als Werbegag
Eine sächsische Brauerei hatte die Idee, in der Vorweihnachtszeit dem beliebten vorweihnachtlichen Getränk Glühwein einen Hauch von Biergeschmack zu verpassen. Das Brauhaus stellte ein weinhaltiges Getränk her, das mit Bockbierwürze versetzt wurde, um auf diese Weise den Glühwein auch eingeschworenen Bierliebhabern geschmacklich näher zu bringen. Mit einigem Werbetamtam wurde das Getränk als „Glühbo…der einzige gebraute Glühwein der Welt“ auf den Markt gebracht, darunter auch Varianten mit Minze- und Limettengeschmack.
Was haben Brauereien auf dem Glühweinmarkt zu suchen?
Einer Weinkellerei passte der Griff des Brauhauses nach dem Glühweinmarkt überhaupt nicht. Die Weinkellerei befürchtete eine um sich greifende Zerfaserung des lukrativen Glühweingeschäfts durch die Bierbranche und klagte auf Unterlassung.
LG München untersagt Vertrieb des Getränks als Glühwein
Ausgerechnet bei dem in der deutschen Bierhauptstadt München ansässigen LG stieß das Anliegen der Weinkellerei auf Verständnis. Die zuständige Handelskammer gab der Klage statt und untersagte dem Brauhaus den Vertrieb des ungewöhnlichen Mischgetränks unter der Produktbezeichnung „Glühwein“.
Zulässige Glühweinbestandteile durch EU-Recht geregelt
Rechtlich stellte das LG maßgeblich auf die EU Verordnung (EG) 251/2014 über die „Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen“ ab. Nach Anlage II B Ziff. 8 dieser Verordnung dürfen nur solche Produkte als Glühwein auf den Markt gebracht werden, die den traditionell geprägten Zutatenvorgaben der EU entsprechen.
Das „Reinheitsgebot“ für Glühwein
Vor diesem Hintergrund beschäftige sich das LG ausführlich mit dem Thema Bockbierwürze. Bockbierwürze entspricht nach Auffassung des LG nicht den europäischen, traditionell geprägten Zutatenvorgaben für Glühwein. Erlaubt sind lediglich 3 Zutaten: Wein, Süßungsmittel und Gewürz. Zur Klärung dieser Frage hatte das LG eigens einen Önologen hinzugezogen, zu dessen Aufgabenbereich die technologische Forschung bei der Herstellung von Produkten und Folgeprodukten aus Traubensaft und Wein sowie der chemischen und mikrobiologischen Analyse von weinhaltigen Produkten gehört.
Bockbierwürze besteht hauptsächlich aus Wasser
Der Önologe erläuterte die Folgen der Beigabe von Bockbierwürze in Glühwein. Der Begriff Bockbierwürze sei historisch zu erklären. Stofflich bestehe Bockbierwürze im wesentlichen aus Wasser, das in niedriger Konzentration gewisse Gewürzzusätze enthalten. Im Ergebnis bewirke die Beigabe von Bockbierwürze daher eine Verdünnung des Glühweins mit einem zusätzlich eingebrachten Wassergehalt von 2 %.
So wenig Wasser wie möglich
Eine solche Verdünnung mit einem Wassergehalt von 2 % ist nach Auffassung des LG deutlich zu hoch. Nach der EU-Verordnung sei die Beigabe von Wasser nur in ganz geringer Menge erlaubt und zwar nur in dem unbedingt notwendigen Umfang, in dem die Beigabe der für den Glühwein typischen Gewürze nur aufgelöst in Wasser möglich sei.
Verbraucher werden in rechtswidriger Weise getäuscht
Nach Auffassung des LG wird die Beigabe von Bockbierwürze diesen Vorgaben im Ergebnis nicht gerecht. Dem Verbraucher werde suggeriert, er erhalte ein Getränk mit den Eigenschaften des Traditionsgetränks Glühwein, obwohl wegen des hohen Wassergehalts diese Eigenschaften stark verfälscht seien. Darin liege eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Täuschung des Verbrauchers, der bei einem Glühweingetränk mit 9,8 % Alkohol kein Wasser erwarte.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Glühweintrinker auf den Weihnachtsmärkten können nach dieser Entscheidung guten Gewissens zum geliebten Glühwein greifen. Sie dürfen sicher sein, dass die bundesdeutsche Justiz ein Auge auf die Qualität des weihnachtlichen Getränks hat. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
(LG München, Urteil v. 17.11.2021, 17 HKO 8213/18)