Es gibt genügsame und weniger genügsame Rechtsanwälte, wie es auch einsichtige und uneinsichtige Mandanten gibt. Manchmal müssen sich deshalb die Gerichte mit der Frage befassen, was Anwälte für ihre Ratschläge und sonstige Leistungen an Honorar verlangen dürfen und was nicht. Zwei sehr gegensätzliche Fälle zeigen auf, an welchen Punkten die Rechtsprechung für die Mandanten bzw. für die Anwälte die Grenzen zieht.
Mandant wollte Beratungsgebühr nicht zahlen
Das AG Leverkusen hatte sich kürzlich mit einem eher uneinsichtigen Rechtsuchenden auseinanderzusetzen, dem das von seinem Rechtsanwalt in Rechnung gestellt Honorar in Höhe von insgesamt 226,10 EUR als völlig überhöht erschien, hatte der Anwalt ihn doch nur wenige Minuten beraten.
AG verurteilt Mandanten zur Zahlung
Das AG Leverkusen gab der Klage des Rechtsanwalts auf Zahlung des Beratungshonorars ohne weiteres statt und begründete dies mit dem zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten geschlossenen Rechtsberatungsvertrag. Der Beklagte hatte sich in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit beraten lassen, wurde über die möglichen Kosten aufgeklärt und hat über diese Aufklärung auch eine Bestätigung unterzeichnet. Dennoch weigerte er sich, das in Rechnung gestellte Honorar zu bezahlen, so dass der Anwalt klagen musste.
Eine Parabel als Urteilsbegründung
Das Gericht erläuterte in seinem Urteil dem Beklagten die Berechtigung der geltend gemachten Honorarforderung mittels einer Parabel wie folgt:
„Es kam einmal ein chinesischer Kaiser zu einem Maler in einem Bergdorf bat ihn darum, ihm einen Hahn zu malen. Der Kaiser reiste weiter und kam nach 30 Jahren wieder in das Dorf. Da erinnerte er sich an den Auftrag und fragte den Maler nach dem Bild. Der setzte sich hin, nahm ein Blatt und malte mit wenigen Pinselstrichen einen wunderschönen Hahn. “Wieviel kostet das?“, fragte der Kaiser. „Drei Goldstücke“, antwortete der Maler. „Findest du das nicht ein wenig zu viel für 5 Minuten Malerei?“. Da sprach der Maler: „Edler Kaiser, du hast nur die 5 Minuten gesehen. Aber bedenke, dass ich 30 Jahre lang geübt habe für diesen Hahn“.
Rechtsanwalt wird für die Anwendung seines Wissens bezahlt
Das Urteil gipfelte dann in der Feststellung, dass es sich genauso auch mit der Vergütung des Rechtsanwalts verhält. Dieser werde nicht für die Zeit der Beratung, sondern für die Inanspruchnahme seines über Jahre erlernten Wissens vergütet, deshalb sei der in Rechnung gestellte Betrag ohne weiteres gerechtfertigt (AG Leverkusen, Urteil v. 27.5.2020, 27 C 135/19)
Gebührenvereinbarung: Das Dreifache des gesetzlichen Satzes als Mindestgebühr
Ganz anders lag ein Anfang des Jahres vom BGH entschiedener Fall. Ein Rechtsanwalt machte - ebenfalls in einer arbeitsrechtlichen Angelegenheit - Vergütungsansprüche aus einem Anwaltsvertrag geltend. Etwas weniger bescheiden als beim Leverkusener Anwalt, war in der mit dem Mandanten getroffenen Vergütungsvereinbarung folgendes bestimmt:
- Vergütungssatz pro geleistete Stunde 290 Euro zuzüglich Umsatzsteuer;
- Stundensatz für Tätigkeiten des Sekretariats 60 Euro, pauschal 15 Minuten pro geleisteter Rechtsanwaltsstunde;
- Reise-, Wege- und Wartezeiten gelten als Arbeitszeit;
- Abrechnung im 15 Minutentakt;
- Für außergerichtliche und gerichtliche Vertretung wird das Dreifache des gesetzlichen Vergütungssatzes nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz als Mindesthonorar berechnet;
- eine mögliche Arbeitgeberabfindung wird abweichend von den gesetzlichen Regeln dem Gegenstandswert hinzugerechnet.
Rechnung entsprechend der Honorarvereinbarung
Der Rechtsanwalt verhandelte darauf mit dem Arbeitgeber des Klägers und erreichte dort den Abschluss eines Vertrages zur Abwicklung des Arbeitsverhältnisses unter Zahlung einer Abfindung von 10.000 Euro. Die unter Hinweis auf die Vergütungsvereinbarung in Rechnung gestellte Gebühr belief sich auf insgesamt 11.276,44 Euro.
Vereinbarter Stundensatz grundsätzlich wirksam
Auf der Grundlage des nach Auffassung sämtlicher Instanzen wirksam vereinbarten Stundensatzes hatte die Vorinstanz den Mandanten zur Zahlung eines Honorars in Höhe von insgesamt 8.334,54 Euro verurteilt. Wegen eines Betrages von ca. 1.400 Euro verfolgte der Rechtsanwalt seinen Anspruch im Wege der zugelassenen Revision weiter. Die Revision hat der BGH in vollem Umfang zurückgewiesen.
Das Dreifache der gesetzlichen Gebühr benachteiligt Mandanten unangemessen
Die insgesamt seitens des Rechtsanwalts in Rechnung gestellte Gebühr war dem BGH dann doch im Ergebnis zu hoch. Die vorgesehene Mindestvergütung in Höhe des Dreifachen der gesetzlichen Gebühren unterliegt nach Auffassung des Senats als vorformulierte Vereinbarung der Inhaltskontrolle des § 307 BGB.
Die Höhe der so vereinbarten Gebühr benachteiligt nach der Wertung des BGH den Mandanten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und halte damit der Inhaltskontrolle nicht stand. Besonders im Kontext mit der zusätzlich vereinbarten Erhöhung des Gegenstandswertes durch den Wert einer erzielten Abfindung sei die Vereinbarung mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung einer auskömmlichen Honorierung des Anwalts einerseits sowie einer Begrenzung der Gebührenbelastung des Mandanten andererseits nicht vereinbar.
Gebührenvereinbarung zu komplex und daher intransparent
Schließlich bewertete der BGH das Zusammenspiel von dreifacher Mindestvergütung, Erhöhung des Gegenstandswertes um die Abfindung in Verbindung mit dem vereinbarten Stundensatz als für den Mandanten nur schwer zu durchschauen und daher intransparent. Deshalb sei die Vereinbarung auch wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Abs. 1 Satz ein BGB unwirksam.
Vergütung nach 15 Minutentakten gegenüber Verbrauchern unzulässig
Für wirksam hielten hingegen sowohl die Vorinstanz als auch der BGH die Vereinbarung einer Vergütung nach Zeitaufwand. Auch die Gebührenhöhe in Höhe von 290 Euro pro Stunde sei nicht zu beanstanden. Allerdings verletze eine formularmäßige Vereinbarung eines 15 Minutentaktes das dem Dienstvertragsrecht zu Grunde liegende Prinzip der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung. Auch hierin liege jedenfalls gegenüber Verbrauchern unter Verstoß gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr.1 BGB eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten. Die Vereinbarung des 15-Minutentaktes sei daher unwirksam.
Keine Pauschalgebühren für Sekretariatsleistungen
Schließlich entspricht die Vergütungsvereinbarung eines pauschalierten Zeithonorars für Sekretariatsleistungen, die im übrigen an keine tatsächlich erbrachten Leistungen gebunden ist, nach der Wertung des BGH nicht dem Grundgedanken des RVG, wonach Gebühren den Grundsatz eines angemessenen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung zu berücksichtigen hätten. Deshalb gelte in diesem Fall gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 RVG eine Vergütung entsprechend der gesetzlichen Regelung als vereinbart.
Revision zurückgewiesen
Der BGH wies die Revision im Ergebnis daher als unbegründet zurück. Über den bereits zuerkannten Betrag hinaus könne der Rechtsanwalt nichts mehr verlangen. Auch zu diesem Fall ließen sich sicher einige Fabeln finden (BGH, Urteil v. 13.2.2020, IX ZR 140/19).