Rechtsfragen zum Versicherungschutz bei Arbeits- und Wegeunfällen
Wann steht jemand unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung? Der häufigste und bekannteste Fall, in dem der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung greift, ist der Arbeitsunfall. Er ist aber bei Weitem nicht der einzige.
Nicht nur der Arbeitsunfall steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung
In vielen anderen Fällen, manchmal wenig bekannt, besteht ebenfalls ein Schutz:
- Etwa, wenn jemand sich nicht für den Arbeitgeber, sondern für die Allgemeinheit oder jemanden in einer Notlage anstrengt oder gefährdet,
- z. B. in einem Notfall oder im Ehrenamt,
- dabei aber persönlich zu Schaden kommt.
Wer wird von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt?
Geschützt sind ohne Rücksicht auf Alter, Staatsangehörigkeit oder Einkommen folgende Personengruppen:
Bei der Arbeit:
- Versichert sind zunächst die Berufstätigen im Rahmen ihrer Arbeit: Arbeitnehmer und Auszubildende, erfasst wird dabei auch der Hin- und Rückweg.
- Das betrifft auch Personen, die selbständig, als mitarbeitende Familienangehörige oder als abhängig Beschäftigte in der Landwirtschaft arbeiten.
- Auch Unternehmer können sich freiwillig versichern, wenn sie nicht schon - wie in einigen Branchen - durch Gesetz oder Satzung pflichtversichert sind.
Im Interesse der Allgemeinheit aktiv:
Wer im Interesse der Allgemeinheit tätig wird, steht ebenfalls unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung:
- z.B. Mitarbeiter in Hilfsorganisationen,
- Lebensretter,
- Blutspender,
- Zeugen und Schöffen,
- ehrenamtlich tätige Personen und Unglückshelfer.
Nachwuchs und Bildung Suchende:
Geschützt sind auch
- Kinder, die in Kindertageseinrichtungen oder durch geeignete Tagespflegepersonen betreut werden,
- Schüler und Studierende in Schulen und Hochschulen
- sowie Personen in der beruflichen Aus- und Fortbildung.
Außerdem sind geschützt:
- Pflegepersonen
- Arbeitslose, wenn sie auf Aufforderung der Arbeitsagentur die Agentur oder eine andere Stelle aufsuchen
- Personen in der Rehabilitation (z.B. Krankenhausaufenthalt)
Schon der Personenkreis und die Sachverhalte sind reichlich unübersichtlich, kein Wunder, dass dies auch für die Rechtsprechung gilt.
Häufige Streitpunkte
Geklagt wird häufig, denn die Behandlungs- und Reha-Ansprüche verbessern sich unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung und im Ernstfall winkt auch eine Rente.
- Am Arbeitsplatz
Auch bei Firmenfeiern besteht Schutz, aber nicht für alle
Weihnachtsfeier: Familienangehörige nicht unfallversichert
Bei Weihnachtsfeiern kommt es manchmal zu Unfällen. Nur die Arbeitnehmer selbst sind durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt, nicht deren Angehörige.
Gefälligkeiten für Papa sind nicht unfallversichert
Wer innerhalb der Familie aus selbstverständlicher Gefälligkeit eine Arbeit übernimmt, hat keinen gesetzlichen Unfallschutz. Das gilt z.B. auch, wenn er sich dabei auf dem Dach der elterlichen Baustelle verletzt.
Essen fassen? Unfallschutz auch bei der Nahrungsbeschaffung
Wer arbeitet soll auch essen. Arbeitnehmer sind auch dann unfallversichert, wenn sie im Betrieb auf dem Weg zum Essenseinkauf verunglücken.
Auch wenn das Privatleben auf das Unfallgeschehen einwirkt, kann es ein Arbeitsunfall sein
Amokfahrt als Arbeitsunfall
Die lebensgefährliche Verletzung einer Blumenhändlerin durch die Amokfahrt ihres Ex-Mannes ist ein Arbeitsunfall. Zu diesem Ergebnis kommt das Berliner Sozialgericht - denn es ist unklar, ob die Gewalttat einen rein persönlichen Hintergrund hatte.
Veranstaltungen und Betriebssport- Kriterien für den Versicherungsschutz beim Betriebssport
Sportliche Bewegung hält fit und gesund. Das erkennen auch immer mehr Unternehmer. Sportliche Mitarbeiter sind leistungsfähiger und weniger oder kürzer krank. Und Sport fördert auch das Betriebsklima. Immer mehr Unternehmen bieten Betriebsports an oder unterstützen ihn. Auch betriebliche Veranstaltungen, Schulungen etc. stehen auch unter dem UV-Schutz.
Nicht aufklärbarer Sturz ins Wasser während Betriebsveranstaltung: Arbeitsunfall
Der Sprung ins kalte Nass ist nur versichert, wenn das Erfrischungsbad zu den notwendigen und zweckmäßigen Tätigkeiten des Angestellten gehört. Etwa beim Bademeister. Sind die Umstände eines Unfalls, der sich während einer betrieblichen Veranstaltung ereignet, aber nicht aufklärbar, ist von einem Arbeitsunfall auszugehen.
Weg ins heimische Arbeitszimmer sind ungeschützt
Gesetzliche Unfallversicherung greift nicht im häuslichen Bereich
Im eigenen Heim lebt man nach Statistiken oft gefährlicher als in manchem Rotlichtbezirk. Trotzdem - die gesetzliche Unfallversicherung haftet selbst dann nicht für einen Unfall im privaten Wohnhaus, wenn er sich auf dem Weg ins Arbeitszimmer ereignet.
Umweg: Der Versicherungsschutzkiller Nr. 1
Ein wichtger Unterfall des Arbeitsunfalls ist der Wegeunfall. Ein Großteil der Arbeitsunfall-Rechtsprechung rankt sich um ihn.
Auf der Hin- und Rückfahrt
Das Betriebsklima ist wichtig, doch gesellige Abstecher auf dem Heimweg sind trotzdem nicht geschützt:
Unfallversicherung zahlt nicht für Weihnachtsmarktbesuch mit Kollegen
Ist ein Bummel mit Kollegen über den Weihnachtsmarkt ein reines Privatvergnügen, so besteht kein Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Am besten ohne Aufenthalt heimkehren
Wer auf der An- und Abfahrt Zwischenstopps einlegt, der riskiert schnell, seinen Unfallversicherungsschutz zu verlieren. Längere Unterbrechungen des Arbeitsweges aus privaten Gründen oder größere Umwege oder Abwege führen dazu, dass der Zusammenhang zwischen dem Weg und der versicherten Tätigkeit gelöst wird, sofern nicht Ausnahmen (erforderliche Kinderbetreuung, Fahrgemeinschaft) vorliegen.
Vom Rad gestiegen und mit Autofahrer gestritten = kein Wegeunfall mehr
Ein Radfahrer verliert seinen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz, wenn er auf dem Heimweg von der Arbeit mit einem Autofahrer streitet bzw. ihn belehrt und ihm für diese Lektion mit dem Rad den Weg versperrt. Sein "Fahrschulunterricht" liegt in seiner privaten Sphäre und dient nicht mehr dem Weg von und zur Arbeitsstätte.
Wegeunfall der Fahrgemeinschaft auf einem Umweg: Rechtslage
Um Anfahrtskosten zu senken werden in vielen Unternehmen von Mitarbeitern Fahrgemeinschaften gebildet. Doch das ökologisch und wirtschaftlich sinnvolle Vorgehen hat Tücken: Macht der Fahrer einen Umweg, können bei einem Unfall neben ihm auch seine Mitfahrer ihre Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung verlieren.
Bei notwendigen Umwegen sieht es anders aus, selbst wenn sie bei Glatteis erfolgen:
Glatteisunfall auf dem Arbeitsweg ist versichert
Arbeitnehmer, die bei Glatteis auf dem Weg zur Arbeit stürzen, sind gesetzlich unfallversichert. Der Versicherungsschutz gilt auch für notwendige Umwege wie bei Umleitungen oder beim Absetzen der Kinder am Kindergarten. Darauf weist die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) in Berlin hin.
- In Ausbildung
Das Ausbildungswesen wird ständig vielfältiger, bunter und internationaler, wann ist der Lernende geschützt?
Studium oder Arbeit?
Praxisintegrierte duale Studiengänge: Klarheit auch bei Unfallversicherung
Der Verband der gesetzlichen Unfallversicherungsträger (DGUV) hat nun entschieden: Teilnehmer dualer Studiengänge gelten zur UV als Beschäftigte - abweichend von den übrigen SV-Zweigen. Für die Unfallversicherung gelten berufspraktische Phasen in praxisintegrierten dualen Studiengängen nicht als Bestandteil des Studiums.
Unfallversicherung bei vorübergehendem Ausbildungsaufenthalt
Wichtig - aber kaum bekannt: Auszubildende, die sich im Rahmen ihrer Ausbildung zeitweise im Ausland aufhalten, sind dort oft nach deutschem Recht gesetzlich unfallversichert.
- Schule / Kindergarten
Meist wenden Betreuer und Lehrer das Schlimmste ab, doch manchmal kommt es doch zu größerem Malheur
Versicherungsschutz für Schulklassen beim Wintersport
Der Schneesport an Schulen hat sich zum Ziel gesetzt, den Wintersport zu fördern. Kinder und Jugendliche sollen für die Faszination des Wintersports gewonnen werden und ihr Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit den natürlichen Ressourcen steigern. Bei der Durchführung eines Schulskilagers sollte jedoch auch im Vorfeld an eine entsprechende Absicherung gedacht werden.
Gesetzliche Unfallversicherung: Keine Leistung bei Abi-Scherz
Wenn der "Abi-Scherz" ins Auge geht, dann zahlt die gesetzliche Unfallversicherung grundsätzlich nicht.
Unter Versicherungsschutz stehen Kinder auf einem Abweg von dem unmittelbaren Weg zur versicherten "Tätigkeit" (z. B. Kindergarten- oder Schulbesuch), wenn sie wegen der beruflichen Tätigkeit der Eltern/des Lebenspartners in fremde Obhut gegeben werden müssen.
- Ehrenamt, gute Taten etc.
Schutz bei guten Taten
Pflegende Angehörige sind gesetzlich unfallversichert
Wer unentgeltlich Angehörige pflegt, der ist grundsätzlich beitragsfrei in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Allerdings müssen Unfälle und Erkrankungen in diesem Zusammenhang zügig dem Versicherungsträger der Gemeinde gemeldet werden.
Wer anderen aus der "Patsche" hilft, erhält Rückendeckung durch die UV
Helfer in der Not - BSG verstärkt Schutz für Nothelfer. Wer Menschen in einer Notsituation hilft, steht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, auch wenn tatsächlich keine Gefahr für Leib und Leben des Anderen besteht. Es genügen auch ein Schaden oder eine Gefahr für ein anderes wichtiges Individualrechtsgut.
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