Organspende ohne Widerrufs-Chance - Lettland muss Schmerzensgeld zahlen
In dem vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verhandelten Fall hatte eine lettische Staatsbürgerin gegen den Staat auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € geklagt, da ihrem 23-jährigen Sohn nach einem Autounfall ohne ihre Einwilligung sowohl Nieren als auch die Milz entnommen wurden.
Nach Autounfall noch drei Tage bewusstlos
Sie hatte keine Möglichkeit einzugreifen und von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen, weil sie unfallbedingt bewusstlos war.
In Lettland gilt die sogenannte Widerspruchslösung, bei welcher grundsätzlich die Organe entnommen werden dürfen, wenn der Spender zu Lebzeiten nicht explizit widerspricht bzw. die Angehörigen im Falle seines Todes einer Entnahme nicht widersprechen.
Lettische Gerichte lehnten Schmerzensgeldanspruch ab
Über die Organentnahme wurde die Mutter damals nicht informiert, sondern erfuhr davon erst aus einem Obduktionsberichts im Rahmen des Strafverfahrens gegen den Unfallverursacher. Die nationalen Gerichte wiesen die Klage der Frau ab und begründeten dies damit, dass das Krankenhaus über keine Kontaktdaten verfügt habe.
Auch seien die Ärzte nicht zur weiteren Recherche verpflichtet gewesen. Es sei Sache der Angehörigen, bei einem Unfalltod selbst aktiv zu werden und mit der Klinik in Verbindung zu treten.
EGMR: Regelungslücke führt zu Willkür
Der EGMR entschied jedoch im Sinne der Mutter und stellte fest, dass die Organentnahme das Recht auf Achtung des des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte verstoßen habe.
Nationalen Vorschriften zur Organspende zu ungenau
Die nationalen Vorschriften zur Organspende seien zu ungenau und müssten hinreichend präzise formuliert sein, um den Bürgern ausreichend Schutz vor willkürlichem Verhalten zu bieten.
- Sie könnten zwar einer Entnahme widersprechen, wie sie dieses Recht wahrnehmen können, sei jedoch völlig unklar.
- Es gebe auch keine Vorgaben, inwieweit Ärzte und Krankenhäuser den Kontakt zu Angehörigen suchen müssten.
Der Staat Lettland wurde schließlich verpflichtet, an die Mutter ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EUR plus 500 EUR Schadenersatz zu bezahlen.
(EGMR, Urteil v. 24.06.2014, 4605/05).
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Nachweis des E-Mail-Empfangs nur per Lesebestätigung
13.11.2024
-
Wohngebäudeversicherer verlangt in seinen AGB pauschal das Einhalten von Sicherheitsvorschriften
25.10.2024
-
Bundestag verabschiedet das IV. Bürokratieentlastungsgesetz
15.10.2024
-
Mehr Kompetenzen für Gerichtsvollzieher
09.10.2024
-
Muss die Hausratversicherung bei einem Wasserschaden die Hotelkosten zahlen?
07.10.2024
-
Ausschlussklauseln in Versicherungsbedingungen müssen verständlich sein
09.09.2024
-
Forderungsinkasso per SMS ist nicht per se unzulässig
03.09.2024
-
Unzulässiger Verweis in Werbebrief auf AGB im Internet
19.08.2024
-
Wie weit reicht die Verkehrssicherungspflicht von Gastwirten?
08.08.2024
-
Keine beliebig langen Lieferzeiten beim Autokauf
06.08.2024