Pflegereform: Gesetzentwurf für verbesserte Leistungen für Demenzkranke
Der Fall des früheren Schalke-Managers Assauer wirft gerade wieder ein mediales Schlaglicht auf die Urängste unserer Zeit: Alzheimer und Demenz sind dabei, alle anderen Erkrankungen als Albtraum einer möglichen eigenen Erkrankung zu verdrängen.
Nachholbedarf in der Pflegeversicherung
Dass diese Krankheit zugleich als Tabu behandelt wird, hat sich lange auch in der Gesetzgebung niedergeschlagen: Die Leistungen für die Betreuung Demenzkranker aus der Pflegeversicherung waren und sind unstreitig zu niedrig.
Umstritten ist dagegen, ob die geplante Reform hier hinlänglich Abhilfe schafft. Der Entwurf plant auch im Übrigen Verbesserungen und höhere Praxisorientierung in Sachen Pflege.
Reform bringt mehr Flexibilität und häusliche Betreuungsleistungen
Schwerpunkt der geplanten Reform sind die verbesserten Leistungen für demenziell erkrankte Menschen. Menschen mit Demenz oder geistiger Behinderung, die von Angehörigen zuhause betreut werden und in keiner Pflegestufe sind, sollen
- statt bisher 100 EUR monatlich (bei besonderem Bedarf 200)
- künftig 220 (beziehungsweise 320) EUR erhalten.
- Wenn sie von einem Pflegedienst betreut werden, sollen es 325 beziehungsweise 425 EUR sein.
Bei Demenzkranken in Pflegestufe 1 und 2, die durch Angehörige betreut werden, sollen die Sätze um 70 beziehungsweise 85 EUR auf bis zu 725 EUR steigen. Kommt ein Pflegedienst, betragen die geplanten Steigerungen in diesen Stufen 215 beziehungsweise 150 EUR auf bis zu 1450 EUR. In Pflegestufe 3 soll sich nichts ändern.
Weiterer Änderungen
Daneben gibt es aber auch eine Vielzahl weiterer Änderungen:
- Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen mehr Wahlmöglichkeiten erhalten. Sie können sich künftig flexibler als bisher mit den Pflegediensten auf die konkreten Leistungen verständigen.
- Es soll möglich sein bestimmte Zeitvolumen in Anspruch zu nehmen, als Alternative zu den bisherigen verrichtungsbezogenen Leistungen.
Der Pflegesachleistungsanspruch soll außerdem - neben der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung - auch häusliche Betreuungsleistungen umfassen.
Die Pflegekassenverbände sollen künftig verpflichtet sein, neben den ambulanten Pflegediensten mit hierfür qualifizierten Leistungserbringern Verträge abzuschließen. Die Gewährung wohnumfeldverbessernder Maßnahmen wird künftig einkommensunabhängig sein.
Bessere medizinische Versorgung in Heimen
Die Vorgabe an die Kassenärztlichen Vereinigungen wird stringenter gefasst, so dass diese auf Antrag eines Pflegeheimes Kooperationsverträge mit geeigneten Ärzten anstreben müssen, um einer ausreichende ärztliche Versorgung der Pflegeheimbewohner sicher zu stellen.
Pflegekassen und der Medizinische Dienst bekommen Termindruck
Die Pflegekassen sollen verpflichtet werden, dem Antragsteller neben dem Leistungsbescheid eine gesonderte Rehabilitationsempfehlung zu übermitteln. Wird bei einem Antrag zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit die Entscheidungsfrist von 5 Wochen nicht eingehalten, erhält der Versicherte ab diesem Zeitpunkt einen finanziellen Ausgleich in Höhe von 10 EUR für jeden darüber hinausgehenden Tag. Er soll nicht mit späteren Leistungen verrechnet werden können.
Die Pflegekassen sollen neben dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) auch andere unabhängige Gutachter mit der Prüfung der Pflegebedürftigkeit beauftragen können. Versicherte müssen künftig darüber informiert werden, dass sie einen Anspruch auf Vorlage der Pflegegutachten haben.
Verbesserung der Situation pflegender Angehöriger
Um pflegenden Angehörigen eine Auszeit zu erleichtern, soll bei Inanspruchnahme von Kurzzeit- oder Verhinderungspflege das Pflegegeld hälftig weitergezahlt werden. Die Pflege von mehr als einem Pflegebedürftigen und die daraus resultierende stärkere Belastung der Pflegeperson soll ausreichend gewürdigt werden. Daher ist zukünftig die Addition rentenrechtlich wirksamer Pflegezeiten geplant.
Schwerpunkt der geplanten Reform sind die verbesserten Leistungen für demenziell erkrankte Menschen. Daneben gibt es aber auch eine Vielzahl weiterer Änderungen, die teilweise gleich nach Veröffentlichung des geplanten Gesetzes, spätestens aber zum 1.1.2013, in Kraft treten sollen. Der Referentenentwurf trägt das Datum v. 20.1.2012 und befindet sich derzeit im Abstimmungsverfahren zwischen Bund und Ländern.
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