Schmerzensgeld für vermeidbare Schmerzen beim Zahnarzt
Die Problemlagen sind vielfältig: Wenn Zahnärzte Prothesen unrichtig einsetzen, können erhebliche Probleme beim Kauen entstehen, die wiederum die Ursache für nicht unerhebliche Schmerzen sein können. Zieht ein Zahnarzt Zähne, die nachweislich noch erhaltungswürdig waren, so wären die Folgebehandlungen wie das Einsetzen von Zahnersatz vermeidbar gewesen. Kronen mit überstehenden Rändern können zu einer nachteiligen Veränderung der Mundstatik und damit einhergehenden schweren Schmerzen führen.
Soweit die zugrunde liegenden Behandlungsfehler nachweisbar sind, stehen die Chancen auf ein angemessenes Schmerzensgeld für die Patienten inzwischen ganz gut.
Fehlerhafte Zahnprothese
Das OLG Koblenz hatte einen Fall zu entscheiden, in dem der Zahnarzt der Patientin Teilprothesen einsetzte. Aufgrund überstehender Prothesenränder entstanden zunächst Behinderungen beim Kauen. Schließlich veränderte sich sogar die Stimme der Patientin, da die nicht passende Zahnprothese sie beim Sprechen störte.
Als sich dann noch einige Kronen lockerten, suchte die Patientin einen anderen Zahnarzt auf. Ein durch den von ihr beauftragten Rechtsanwalt eingeschalteter Sachverständiger bestätigte die Mängel und führte diese auf eine fehlerhafte Behandlung durch den Zahnarzt zurück. Das OLG Koblenz gewährte der Patientin ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 EUR (OLG Koblenz, Urteil v. 19.06.2007, 5 U 467/07). Ein weiterer Fall mangelhafter Ausführung von Überkronungen war dem gleichen Senat ein Schmerzensgeld von 7.000 EUR wert (OLG Koblenz, Urteil v. 15.11.2006, 5 U 159/05).
Acht Zähne ohne Not gezogen
Ein Zahnarzt hatte seinem sechzehnjährigen Patienten insgesamt zehn Zähne gezogen. Die Mutter, die zunächst ihre Zustimmung erteilt hatte, überkamen anschließend Zweifel an der Korrektheit der Behandlung. Erstinstanzlich blieb der beim LG eingereichten Schmerzensgeldklage der Erfolg versagt. Der vom OLG eingeschaltete Sachverständige stellte fest, dass zumindest 8 der gezogenen Zähne noch erhaltungsfähig gewesen wären und die Extraktion trotz des schlechten Zustandes dieser Zähne kontraindiziert war. Das OLG gewährte dem Sechzehnjährigen, der infolge der Fehlbehandlung dauerhaft auf Zahnersatz angewiesen war, ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 EUR und verurteilte den Zahnarzt zum Ersatz sämtlicher Kosten der Folgebehandlungen (OLG Hamm, Urteil v. 24.01.2001, 3 U 107/00).
Betäubung mit Cognac
Schon die Fallschilderung klingt nach einer Horrorstory von Stephen King: Der Zahnarzt hatte seiner Patientin klargemacht, dass an 14 Zähnen eine Wurzelbehandlung nötig sei und er in solchen Fällen dazu tendiere, das Ganze „in einem Rutsch“ zu erledigen. Damit sei der Oberkiefer dann weitgehend saniert und es müsse nur noch eine Blockkrone aufgesetzt werden. Die Patientin stimmte schließlich zu und ließ eine zwölfstündige Tortur über sich ergehen. Der Zahnarzt versuchte denn auch, seiner Patientin den Aufenthalt auf dem Zahnarztstuhl so angenehm wie möglich zu machen. Zwischen den einzelnen Wurzelbehandlungen verabreichte er ihr jeweils einen Schluck Cognac. Der vom LG München befragte Sachverständige konnte den Vorgang kaum fassen und sprach von einer „ungeheuerliche Belastung für den Organismus“. Dem LG München war dies ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 EUR wert. Zusätzlich musste der Zahnarzt die Kosten der Behandlung komplett zurückerstatten (LG München, Urteil v. 18.02.2005, 10 O 6103/03).
Notwendige Nachuntersuchung unterlassen
Ein Zahnarzt hatte bei seiner Patientin an 2 Zähnen eine Wurzelfüllung vorgenommen. Die Patientin litt anschließend unter ständigen Schmerzen, die der Zahnarzt als Anpassungsschmerzen qualifizierte. Als ihr Zustand sich über Wochen nicht besserte, suchte die Patientin einen anderen Zahnarzt auf, der eine wieder aufgetretene Entzündung der Wurzeln feststellte. Dies hatte der ursprüngliche Zahnarzt übersehen, weil er die Zähne nicht mehr geröntgt hatte. Das LG Berlin verurteilte ihn zu einem Schmerzensgeld von 1.500 EUR.
(LG Berlin, Urteil v. 13. 06.2011, 13 b O 49/11).
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