Verspätete Anmeldung eines Reisemangels bei Fehlinformation

Unterlässt es der Reiseveranstalter, den Reisenden in der gesetzlich vorgeschriebenen Form über dessen Obliegenheiten zur Mängelanzeige aufzuklären, wird vermutet, dass der die Obliegenheit nicht kannte und eine Mängelanzeige nicht schuldhaft versäumt hat.

Der Kläger buchte bei der Reiseveranstalterin für sich und seine Familie eine zweiwöchige Reise in die Türkei für insgesamt 4.022 EUR.

Doppelzimmer statt Familienzimmer

Vor Ort wurden die Reisenden jedoch nicht wie gebucht in einem Familienzimmer mit separatem Schlafzimmer untergebracht, sondern in einem Doppelzimmer mit zusätzlichem Einzelbett und ausziehbarem Sessel ohne getrennten Schlafbereich.

  • Elf Tage nach der Anreise beanstandeten sie gegenüber der Reiseleitung die Ausstattung des Zimmers und den Zustand ihres Badezimmers.
  • Einen Tag später konnten sie für den restlichen Urlaub in das gewünschte Familienzimmer umziehen.

Auf die vom Kläger verlangte Minderung zahlte die Beklagte 500 EUR.

Obliegenheiten der Kunden bei Leistungsmängeln

Weitere Zahlungen lehnte sie unter Verweis ihrer Reisebestätigung ab.

In der Fußzeile wurde wegen der Obliegenheiten der Kunden bei Leistungsmängeln auf entsprechende Ziffern in den Reisebedingungen hingewiesen. Dazu gehörte es, dem Reiseveranstalter einen aufgetretenen Mangel anzuzeigen.

Verspätete Mängelanzeige: Kein schuldhaftes Versäumnis

Das Landgericht Düsseldorf verurteilte die Beklagte wegen der nicht vertragsgerechten Unterbringung, des Schimmelbefalls im Bad sowie des schadhaften Pools zur Zahlung von weiteren 683,69RUR sowie zur Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Der BGH wies daraufhin die Revision der Beklagten zurück.

  • Das Berufungsgericht habe zu Recht entschieden, dass der Kläger es nicht schuldhaft unterlassen habe, die Mängel zu einem früheren Zeitpunkt anzuzeigen, so der 10. Zivilsenat.
  • Der Reiseveranstalter hatte es diesbezüglich versäumt, den Kläger in der vorgeschriebenen Form über dessen Obliegenheit zur Mängelanzeige zu unterrichten.

Obliegenheiten zur Mängelanzeige: Allgemeiner Hinweis auf AGB reicht nicht

Nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB-InfoV und nach § 651a Abs. 3 BGB muss die Reisebestätigung, die der Reiseveranstalter dem Reisenden bei oder unverzüglich nach Vertragsschluss auszuhändigen hat (§ 6 Abs. 1 BGB-InfoV), u. a. Angaben über die Obliegenheit des Reisenden enthalten, dem Reiseveranstalter einen aufgetretenen Mangel anzuzeigen.

Diesen Anforderungen genügte die dem Beklagten übermittelte Reisebestätigung jedoch nicht. Vorliegende fehlte es zum einen an einer inhaltlich ausreichenden Verweisung auf den Prospekt.

Zum anderen war der Hinweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgrund der kleineren Schriftgröße und des Abdrucks in der Fußzeile nicht hinreichend deutlich und ohne weiteres erkennbar.

(BGH, Urteil v. 21.02.2017, X ZR 49/16).




Hintergrund:

Die Höhe der möglichen Minderung bei Reisemängeln kann oft schwer „per beziffert werden, sie hängt immer vom Einzelfall (Prospekt, Mangelumfang, örtliche Gegebenheiten, Ausweichmöglichkeiten  etc.) ab.

Die Rechtsprechung, insbesondere die zur Reisepreisminderung häufig herangezogene "Frankfurter Tabelle", die geordnet nach Mängelgruppen, eine große Zahl von Einzelentscheidungen aufführt, kann nur Anhaltspunkte liefern.

Neben der Minderung des Reisepreises, ist der Kunde in schwerwiegenden Fällen auch zur Forderung von Schadenersatz und Entschädigung wegen vertaner Urlaubszeit berechtigt.

Folgende als Orientierung dienende Fälle seien genannt:

  • Hotel baulich unfertig, andauernde Bauarbeiten: 50 %Minderung (LG Frankfurt, Urteil v.  6.1.2011, 2-24 S 61/10).
  • Wegen Überbuchung Unterbringung in Ersatzhotel: 30% Minderung (LG Köln, Urteil v. 8.3.2005, 11 S 81/04).
  • Zimmer verschmutzt und unappetitlich: 60 % pro betroffenen Urlaubstag( OLG Frankfurt, Urteil v.  30.11.2000, 16 U 60/00).
  • Pool nicht benutzbar: 20 % (AG Bad Homburg, Urteil v.  13.8.2002, 2 C2747/01).

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