Minderung schlägt auf Betriebskostenabrechnung durch
Hintergrund
Der Vermieter einer Wohnung verlangt die Nachzahlung von Betriebskosten nach einer Betriebskostenabrechnung. Laut Mietvertrag zahlt der Mieter neben der Nettomiete Vorauszahlungen auf die Betriebskosten, über die der Vermieter jährlich abrechnen muss.
Der Mieter hatte die Miete wegen unstreitiger Mängel für mehrere Monate gemindert. Der Vermieter verrechnete die Minderung anteilig auf die Nettomiete und die Betriebskostenvorauszahlungen. In der Betriebskostenabrechnung setzte er die Betriebskosten in voller Höhe an. Als Vorauszahlungen zog er nur die anteilig geminderten Beträge ab. Die Differenz verlangt der Vermieter als Nachzahlung.
Entscheidung
Der BGH gibt dem Mieter Recht. Die Betriebskostenabrechnung ist fehlerhaft. Der Vermieter muss die Minderung auch bei der Abrechnung berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des BGH erstreckt sich eine Minderung auf die Bruttomiete, d. h. auf die Nettomiete und die Betriebskosten. Der Mieter darf daher zunächst auch die Betriebskostenvorauszahlungen in die Berechnung seines Einbehalts einbeziehen.
Die Minderung hat aber nicht nur Einfluss auf die Vorauszahlungen. Auch bei der Abrechnung muss der Vermieter die Minderung berücksichtigen, denn die Minderung bezieht sich - soweit sie gerechtfertigt ist - auf die Gesamtmiete einschließlich aller Nebenkosten. Daher kann erst aufgrund der Betriebskostenabrechnung abschließend ermittelt werden, ob hinsichtlich der Gesamtmiete unter Berücksichtigung der gerechtfertigten Minderung noch eine Nachforderung des Vermieters oder ein Guthaben des Mieters besteht.
Hierbei ist unerheblich, ob der Vermieter - wie er es im vorliegenden Fall gemacht hat - den Minderungsbetrag anteilig auf die Nettomiete und die Vorauszahlungen oder voll auf die Grundmiete anrechnet. Unterschiedliche Anrechnungsweisen führen bei der allein maßgeblichen Gesamtabrechnung zum selben Ergebnis.
Am einfachsten ist dem BGH zufolge eine Nachforderung unter Berücksichtigung der Minderung so zu berechnen:
- gesamte Zahlungen des Mieters im Abrechnungsjahr
- abzgl. geschuldete Jahresmiete (errechnet aus Nettomiete und abgerechneten Betriebskosten abzgl. des im Jahr insgesamt gerechtfertigten Minderungsbetrags)
(BGH, Urteil v. 13.4.2011, VIII ZR 223/10)
Praxis-Beispiel nach dem Rechenweg des BGH
monatl. Grundmiete: 1.000 Euro
monatl. Betriebskostenvorauszahlungen: 200 Euro = 2.400 Euro/Jahr
Der Mieter mindert die Miete einschl. Vorauszahlungen zurecht um 10 % im Juli und August und um 20 % im November und Dezember. 8 Monate ist die Miete ungemindert.
Betriebskosten lt. Abrechnung: 2.900 Euro
Ohne Minderung müsste der Mieter 500 Euro nachzahlen.
1. Tatsächliche Zahlungen des Mieters im Abrechnungsjahr
8 x 1.200 Euro (ungemindert) | 9.600 Euro | |
Juli | 1.080 Euro | (Minderung 10 %) |
August | 1.080 Euro | (Minderung 10 %) |
November | 960 Euro | (Minderung 20 %) |
Dezember | 960 Euro | (Minderung 20 %) |
Tatsächliche Zahlungen | 13.680 Euro |
2. Tatsächlich geschuldete Jahresmiete
a) Vereinbarte Jahresgesamtmiete nach der Abrechnung
Grundmiete (12 x 1.000 Euro) | 12.000 Euro |
Betriebskosten | 2.900 Euro |
Vereinbarte Jahresmiete | 14.900 Euro |
Das ergibt nach der Abrechnung eine vereinbarte Monatsmiete
von 14.900 Euro : 12 Monate = 1.241,66 Euro.
Auf deren Basis lässt sich die endgültige Minderung berechnen.
b) Minderung für das gesamte Jahr
Juli und August: 10 % Minderung aus je 1.241,66 Euro = je 124,17 Euro
November und Dezember: 20 % Minderung aus je 1.241,66 Euro = je 248,34 Euro
Minderung insgesamt:
2 x 124,17 Euro | 248,34 Euro |
2 x 248,34 Euro | 496,68 Euro |
Summe Minderung | 745,02 Euro |
c) Tatsächlich geschuldete Jahresmiete
Vereinbarte Miete | 14.900,00 Euro |
abzgl. Minderung | 745,02 Euro |
Geschuldete Jahresmiete | 14.154,98 Euro |
3. Zahlbetrag
Geschuldete Miete | 14.154,98 Euro |
abzgl. Zahlungen | 13.680,00 Euro |
Zahlbetrag | 474,98 Euro |
Ergebnis: Der Mieter schuldet nicht den tatsächlichen Abrechnungsbetrag von 500 Euro, sondern nur den geminderten Betrag von 474,98 Euro.
Alternativer Rechenweg
Der ungeminderte Nachzahlungsbetrag von 500 Euro wird auf 12 Monate aufgeteilt. Das ergibt eine Nachzahlung pro Monat von 500 Euro : 12 Monate = 41,66 Euro.
Die Nachzahlung ist für Juli und August um 10 %, für November und Dezember um 20 % zu mindern:
41,66 Euro gemindert um 10 % = 37,49 Euro
41,66 Euro gemindert um 20 % = 33,33 Euro.
Nachzahlung:
8 x (ungeminderte) 41,66 Euro | 333,28 Euro |
2 x 37,49 Euro | 74,98 Euro |
2 x 33,33 Euro | 66,66 Euro |
Zahlbetrag | 474,92 Euro |
Die Abweichung von 6 Cent gegenüber dem ersten Beispiel ergibt sich aus Rundungsdifferenzen.
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch WEG-Beschluss
21.11.2024
-
Obliegenheiten bei Gebäudeversicherung in den Wintermonaten
20.11.2024
-
Aufwendungsersatz für Makler nur für tatsächlich entstandene Kosten
19.11.2024
-
Mieterhöhung wegen zu kleiner Schrift unwirksam
12.11.2024
-
Dachlawine: Haftung bei fehlendem Schneefanggitter?
31.10.2024
-
Was dürfen Smart-Meter? Datenschutzkonferenz äußert sich zu funkbasierten Zählern
30.10.2024
-
Unzureichende Treppenhausreinigung: Wer muss sie beweisen?
22.10.2024
-
Minderung schließt Kostenvorschuss für Eigenreparatur nicht aus
17.10.2024
-
Das Dach über einer Sondereigentumseinheit ist Gemeinschaftseigentum
26.09.2024
-
Vermieter müssen Mieter über Verkauf des Mietobjekts informieren
25.09.2024