Mäßig tiefe Wandrisse sind beim Kauf eines 45 Jahre alten Hauses kein Mangel
Die Kläger des vom LG Coburg entschiedenen Rechtsstreits hatten im Jahr 2016 von den Beklagten ein Wohnhaus gekauft, das in den frühen 1970er Jahren erbaut worden war. Im notariellen Kaufvertrag vereinbarten die Parteien einen vollständigen Haftungsausschluss für Sachmängel, wobei die Beklagten versicherten, dass ihnen solche Mängel nicht bekannt seien.
Erst nach der Übergabe des Wohnhauses wurden Mängel sichtbar
Nachdem die Kläger das Haus übernommen hatten, nahmen sie verschiedene Renovierungsarbeiten vor und entfernten dabei die an den Wänden vorhandenen Holzverkleidungen und Tapeten. Darunter zeigten sich diverse Risse in den Wänden sowie ein Schimmelfleck im Dachgeschoss. Ursache des Schimmelflecks war ein unfachmännisch reparierter Schaden am Dach.
Käufer fordern Schadensersatz für die Beseitigung der Mängel
Nach diversem Schriftverkehr, in dem die Käufer Beseitigung dieser vermeintlichen Mängel verlangten, beauftragten diese einen Gutachter mit der Schadenfeststellung. Anschließend machten sie ihre vermeintlichen Ansprüche gerichtlich geltend und verlangten Ersatz der Kosten für
- die Beseitigung der Risse in den Wänden,
- für die Dachreparatur,
- sowie die Kosten des privat beauftragten Sachverständigen.
Verkäufer pochen auf Unkenntnis
Vor Gericht verwiesen die Beklagten auf das Alter des Hauses und den vereinbarten Gewährleistungsausschluss. Keiner der gerügten Mängel sei den Verkäufern bis zum Zeitpunkt des Hausverkaufs bekannt gewesen. Außerdem entspreche der Zustand des Hauses dessen Alter von 45 Jahren.
Die Risse sind altersüblich, die Dachundichtigkeit nicht
Das Gericht hat Beweis erhoben. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass Wandrisse bis zu einer Tiefe von 5 mm in einem 45 Jahre alten Haus verkehrsüblich sind. Die übliche Lebensdauer des Innenputzes sei bereits leicht überschritten, zumal die Konstruktion des Hauses auch für die siebziger Jahre eher einer einfachen Ausführung entspreche.
Das undichte Dach infolge einer nicht sachgerecht durchgeführten Reparatur bewertete der Sachverständige allerdings als nicht altersgerecht und sah darin einen Mangel.
Voraussetzungen einer Arglisthaftung nicht bewiesen
Das Gericht schloss sich den Ausführungen des Sachverständigen an. Allerdings gewährte es den Klägern auch für das undichte Dach keinen Schadenersatz. Dieser Mangel werde von dem vereinbarten Gewährleistungsausschluss erfasst. Eine darüber hinausgehende Garantie hätten die Beklagten nicht übernommen. Die Einlassung der Beklagten, dass ihnen die Schäden vor Vertragsabschluss nicht bekannt gewesen seien, hätten die Kläger nicht widerlegen können. Eine Haftung wegen Arglist komme daher nicht in Betracht.
Damit scheiterten die Kläger mit den von ihnen geltend gemachten Kostenerstattungsansprüchen auf ganzer Linie.
(LG Coburg, Urteil v. 25.3.2019, 14 O 271/17).
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Hintergrund:
Haftungsausschlüsse werden in vielen Verträgen vereinbart, wobei an die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung – gerade, wenn es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung handelt – hohe Anforderungen zu stellen sind. Ist ein solcher Haftungsausschluss wirksam vereinbart, kann zu Gunsten des Käufers § 444 BGB eingreifen.
Gemäß § 444 BGB kann sich der Verkäufer auf einen vereinbarten Haftungsausschluss nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen hat. Für das Erfüllen des Arglisttatbestandes ist maßgeblich, ob ein verständiger Verkäufer damit rechnen müsse, dass der verschwiegene Mangel Einfluss auf die Entscheidung des Käufers habe. Ein „verständiger Verkäufer“ muss nach Ansicht des BGH davon ausgehen, dass die verschwiegene Beeinträchtigung
- einen wesentlichen Mangel darstellt,
- der grundsätzlich zum Rücktritt berechtigt
- und gemäß § 444 BGB offenbart werden muss.
Es kommt somit ausschließlich auf die allgemeine Verkehrsanschauung an. Unbeachtlich ist nach dem BGH, ob der konkrete Käufer bei Kenntnis des verschwiegenen Mangels vom Kauf abgesehen hätte oder nicht (BGH-Urteil v. 15.07.2011, V ZR 171/10).
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