Betäubungsmittel zur Selbsttötung in extremen Ausnahmefällen

Einem unheilbar kranken und sterbewilligen Patienten, welcher sich frei und ernsthaft für eine Selbsttötung entscheidet, soll nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in einer absoluten Extremsituation ein würdevoller und schmerzloser Suizid durch Medikamente ermöglicht werden.

Die Ehefrau des Klägers beantragte im Jahr 2004 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels, da sie hochgradig querschnittsgelähmt war und unter starken, schmerzhaften Krampfanfällen litt. Nachdem das BfArM den Antrag ablehnte, reiste sie mit ihrem Mann in die Schweiz, wo sie sich mit Hilfe eines Sterbehilfevereins das Leben nahm.

Klage zunächst wegen fehlender Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen

Der Witwer verfolgte das Begehren nach ihrem Tod weiter und klagte auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Versagungsbescheids. Diese Klage wiesen alle Instanzengerichte und das Bundesverfassungsgericht als unzulässig ab, da nach deren Auffassung der Ehemann nicht klagebefugt gewesen sei. Schließlich entschied jedoch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass der Kläger aus dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) ein Anspruch auf Prüfung der Begründetheit der Klage habe.

BVerwG: Berücksichtigung des Selbstbestimmungsrechts der Patienten

Nachdem das Klageverfahren wieder aufgenommen wurde, hob das Bundesverwaltungsgericht nun die vorinstanzlichen Urteile auf und stellte fest, dass der Versagungsbescheid rechtswidrig gewesen sei. Grundsätzlich sei zwar der Erwerb eines Betäubungsmittel zur Selbsttötung nicht erlaubt, im Hinblick auf das Selbstbestimmungsrecht von schwerstkranken und unheilbaren Patienten sei in Extremfällen hiervon eine Ausnahme zu machen.

Recht auf ein würdevolles und selbstbestimmtes Sterben

Voraussetzung sei, dass sie frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben zu beenden und ihnen auch keine zumutbare Alternative durch palliativmedizinische Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Die Prüfung, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegend gegeben war, lasse sich nach dem Tod der Ehefrau jedoch nicht mehr nachholen. Daher scheide sowohl eine Rückverweisung als auch die Feststellung, das BfArM sei zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen, vorliegend aus.

(BVerwG, Urteil v. 02.03.2017, 3 C 19.15)

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