BGH bestätigt Altersgrenze von 60 Jahren für Bewerbung als Notar
Die Bewerberin im konkreten Fall trifft die Entscheidung des BGH ziemlich hart. Die 1956 geborene Rechtsanwältin war in den Jahren 2004-2015 zur ständigen Vertreterin eines Notars öffentlich bestellt. Nachdem dieser 2015 altersbedingt ausschied, wurde die Anwältin als Verwalterin seines Notariat eingesetzt.
Bewerbung um ausgeschriebene Notariatsstelle scheiterte
Kurz vor Erreichen des 60. Lebensjahres legte die Anwältin die notarielle Fachprüfung erfolgreich ab, bewarb sich allerdings erst einige Monate nach Vollendung des 60. Lebensjahres auf die in ihrem Amtsgerichtsbezirk ausgeschriebene Notariatsstelle. Wegen Überschreitung der Altersgrenze von 60 Jahren scheiterte ihre Bewerbung.
Anwältin sieht in der Regelung eine Altersdiskriminierung
Mit ihrem Versuch, ihre Bestellung zum Notar gerichtlich durchzusetzen, scheiterte die Rechtsanwältin zunächst vor dem OLG. Vor Gericht argumentierte sie, die gesetzliche Altersgrenze von 60 Jahren für die Bestellung zum Notarberuf sei überholt, seit der Gesetzgeber in § 6 Abs. 2 BnotO die notarielle Fachprüfung als Voraussetzung für die Bestellung eingeführt habe.
Mit dieser Prüfung müsse der Bewerber die erforderlichen speziellen Fachkenntnisse im Notariatswesen belegen und außerdem den Nachweis erbringen, mit der Praxis des Notars vertraut zu sein. Mit der Altersgrenze von 60 habe der Gesetzgeber ursprünglich das Ziel verfolgt, Schwierigkeiten bei der Einarbeitung in den Notarberuf infolge fortgeschrittenen Alters zu vermeiden. Dieses Ziel werde durch die vorgeschriebene notarielle Fachprüfung nun wesentlich besser erreicht, so dass für die Altersgrenze kein sachlicher Grund mehr bestehe. Die Altersgrenze stelle nunmehr eine unnötige Behinderung bei der Berufswahl und eine Altersdiskriminierung dar.
Altersgrenze verfolgt übergeordnete Ziele
Diese Argumente der Klägerin überzeugten letztlich den BGH nicht. Bei Einführung der notariellen Fachprüfung habe der Gesetzgeber die Altersgrenze bewusst nicht abgeschafft. Die Ziele des Gesetzgebers gehen nach Auffassung des BGH über die von der Klägerin angeführten Aspekte hinaus. Die Altersgrenze verfolge nämlich auch die Ziele
- der Beibehaltung einer geordneten Altersstruktur der Notare (BGH, Beschluss v. 26.11.2007, NotZ 23/07),
- die Vermeidung häufiger Notariatswechsel
- sowie eine lange Verweildauer im Notaramt, um so die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Notare zu gewährleisten.
Diesen Zielen sei es dienlich, dass Notare bei Beginn ihrer Tätigkeit eine gewisse Altersgrenze nicht überschreiten. Die vom Gesetzgeber auf 60 Jahre festgelegte Altersgrenze sei unter diesen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.
BGH sieht keine Altersdiskriminierung
Da die Altersgrenze durch übergeordnete gesetzliche Ziele gerechtfertigt ist, die letztlich dem Wohl der Allgemeinheit und dort insbesondere einer geordneten Rechtspflege dienen, bedeutet die Altersgrenze 60 nach der Entscheidung des Senats auch keine nach Art. 1 der Richtlinie 2000/78/EG und Art. 21 Abs. 1 der EU-Grundrechtscharta unzulässige Altersdiskriminierung.
Gesetzliche Regelung zur Altersgrenze für Notare lässt kein Ermessen zu
Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt die gesetzliche Regelung nach dem Spruch des BGH auch keinen Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen die lange Erfahrung der Klägerin infolge ihrer Beschäftigung mit notariellen Angelegenheiten hätte berücksichtigt werden können.
Die Regelung der Altersgrenze sei in § 6 Abs. 1 Satz 2 BNotO zwingend gestaltet. Im Ergebnis war nach der Entscheidung des Senats von Rechts wegen keine andere Entscheidung als die Ablehnung der Bestellung zur Notarin möglich.
(BGH, Urteil v. 27.5.2019, NotZ(Brfg) 7/18).
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