Corona-Gesetz der Ampelkoalition wurde verabschiedet

Der Bundesrat hat am 19.11. dem Gesetz der Ampelkoalition zur Änderungen des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze zur Corona-Pandemie in der 4. Corona-Welle zugestimmt. Hintergrund war, dass die vom Bundestag festgestellte epidemische Lage von nationaler Tragweite am 25.11.2021 ausläuft, nicht verlängert wurde und daher andere Maßnahmen den Corona-Schutz gewährleisten müssen.

Der nun auch vom Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf der Rot-Grün-Gelb-Koalition in spe ( Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite) sieht definierte Maßnahmenpakete bei steigenden Inzidenzen vor, die nach bundeseinheitlichen Regeln von den Ländern länderspezifisch angewendet werden sollen. Die Kritik in der Bundestagsaussprache war allerdings massiv. Das Gesetzespaket kann nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und soll am Tag nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt, voraussichtlich am 25.11.2021, in Kraft treten. 

Heftige Kritik der CDU/CSU am "Ampel-Corona-Gesetzentwurf"

Hauptkritikpunkt der CDU/CSU Fraktion im Bundestag war, dass die vom Bundestag beschlossene und seit März 2020 mehrfach verlängerte Ausrufung einer epidemischen Notlage von nationaler Tragweite nicht über den 25.11.2021 hinaus verlängert werden soll. Damit werde ein falsches Signal für die Bevölkerung gesetzt und der Handlungsspielraum im Fall einer unvorhergesehenen Entwicklung der Pandemie, insbesondere der Länder, unnötig eingeschränkt.

Abschließender Maßnahmenkatalog für die Länder in § 28a IfSG

Nach dem nun beschlossenen Entwurf der potentiellen Koalitionäre soll § 28a IfSG neu gefasst werden. Künftig soll die Vorschrift enumerativ die den Ländern zur Verfügung stehenden Maßnahmen zur Reaktion auf das länderspezifische Pandemiegeschehen auflisten.

Epidemische Notlage läuft aus

Im Gegensatz zur bisherigen Gesetzesfassung, sollen die Maßnahmen zum Zwecke der schnelleren Reaktionsmöglichkeit der Länder dabei nicht mehr von der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite durch den Bundestag abhängig sein. Auch der Vorbehalt der Zustimmung der jeweiligen Landesparlamente gemäß § 28a Abs. 7 IfSG soll entfallen. Der Wegfall des Parlamentsvorbehalts wird damit begründet, dass die Neuregelung die den Ländern möglichen Maßnahmen nicht mehr wie zuvor lediglich als Regelbeispiele, sondern abschließend auflistet und damit die Eingriffsintensität möglicher Maßnahmen bereits durch das Gesetz begrenzt sei.

Was die Länder laut Entwurf künftig dürfen:

Gemäß künftigem § 28a IfSG sollen die Länder je nach Pandemie-Entwicklung folgende Maßnahmen ergreifen können:

  • Die Anordnung eines Abstandsgebots im öffentlichen Raum, insbesondere in öffentlich zugänglichen Innenräumen,
  • die Anordnung einer Maskenpflicht,
  • die Verpflichtung zur Vorlage von Impf-, Genesenen- und/oder Testnachweisen in bestimmten Betrieben, Gewerben (Gastronomiebetriebe), Einrichtungen, bei Angeboten, Veranstaltungen Reisen u. ä. (3G oder 2G),
  • die Verpflichtung zur Erstellung von Hygienekonzepten,
  • die Anordnung von Personenobergrenzen in Innenräumen und bei Veranstaltungen,
  • die Erteilung von Auflagen für die Fortführung von Gemeinschaftseinrichtungen (Schulen), Hochschulen, außerschulischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung oder ähnlichen Einrichtungen,
  • die Anordnung der Verarbeitung von Kontaktdaten von Kunden, Gästen und Veranstaltungsteilnehmern, um mögliche Infektionsketten nachverfolgen zu können,
  • die Anordnung von Kontaktbeschränkungen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich,
  • die Anordnung von 3G im ÖPNV.

Auch künftig bundesweiter Corona-Maßnahmen-Flickenteppich

Die Beurteilung der Frage, welche Entwicklung der Pandemie konkret die Verhängung der möglichen Beschränkungen für die Bevölkerung rechtfertigt, bleibt nach dem Gesetzentwurf den Ländern überlassen. Maßgebliche Faktoren sind neben der Inzidenz die Auslastung der Krankenhäuser, insbesondere der Intensivbetten und auch die im jeweiligen Bundesland erreichte Impfquote. Hierdurch soll die Intensität von Grundrechtseingriffen regional möglichst gering gehalten werden. Der Preis dafür dürfte auch in Zukunft der bundesweit zu erwartende Flickenteppich bei den jeweiligen Regelungen sein.

Auch die erneute MPK der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten der Länder dürfte hieran wenig ändern.

Einzelmaßnahmen gegen infizierte Personen

Daneben bleiben individuelle Schutzmaßnahmen gegenüber Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen oder Ausscheidern gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG (z.B. Quarantäneanordnungen) möglich.

Künftig kein Komplett-Shutdown mehr

Nach dem Gesetzentwurf wird die Befugnis zur Einführung eines kompletten Shutdowns allerdings endgültig der Vergangenheit angehören, da der bisherige § 28a Abs. 7 IfSG, der den Länderparlamenten die Befugnis zur Feststellung „einer konkreten Gefahr der epidemischen Ausbreitung“ als Rechtsgrundlage für länderspezifische, mit Grundrechtseingriffen verbundene Corona-Beschränkungen, ersatzlos gestrichen werden soll. 

Auch flächendeckende Schulschließungen sowie Ausgangssperren für alle sind nach dem Gesetzentwurf künftig nicht mehr möglich.

Die Notbremsoption bleibt

§ 28b IfSG, der die Bundes-Notbremse einschließlich möglicher Ausgangsbeschränkungen regelt, soll wohl nicht angetastet werden. Zur Verfassungsmäßigkeit der Bundes-Notbremse steht allerdings noch eine Entscheidung des BVerfG aus.

Strafbarkeit gefälschter Impfpässe wird verschärft

Auch das StGB soll geändert werden. Die Strafvorschriften der §§ 275 ff StGB zur Ausstellung von Gesundheitszeugnis sollen reformiert werden, nachdem sich in der Rechtsprechungspraxis Lücken der gesetzlichen Regelung gezeigt haben. Künftig soll insbesondere die Strafbarkeit des Gebrauchs und der Vorlage gefälschter Gesundheitszeugnisse erweitert werden. Der Gebrauch fremder Gesundheitszeugnisse wird künftig in 281 StGB ausdrücklich erfasst werden. Die bisherige Begrenzung des Kreises von Täuschungsadressaten durch Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse soll entfallen, d.h. nicht nur die die Vorlage eines gefälschten Gesundheitszeugnisses gegenüber Behörden, sondern auch die Täuschung gegenüber dem Apotheker wird - anders als bisher - strafbar sein.

Impfpass in der Hand

Kinderkrankengeldregelung soll verlängert werden

§ 45 SGB V soll um die neuen Absätze 2a und 2b ergänzt werden, wonach der Anspruch auf Krankengeld für das Jahr 2022 für jedes Kind längstens für 30 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte längstens für 60 Arbeitstage besteht, insgesamt für Versicherte im Jahr 2022 für nicht mehr als 65 Arbeitstage, für alleinerziehende Versicherte für nicht mehr als 130 Arbeitstage.

Bis zum 19. März 2022 (geplante Geltungsdauer des Gesetzes) besteht der Kindergeldanspruch auch dann, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern, Schulen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung aus Infektionsschutzgründen vorübergehend geschlossen werden oder die Präsenzpflicht an einer Schule aufgehoben oder das Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt wird.

Verlängerung der Freistellungsregelung für BAFöG-Empfänger

Die in § 21 Abs. 4 Nr. 5 BAFöG geregelte Freistellung von Einkommen aus Tätigkeiten in systemrelevanten Bereichen im Rahmen der Bekämpfung der Pandemie wird bis zum 31.3.2022 verlängert. Durch Verordnung der Bundesregierung soll auch eine darüberhinausgehende Verlängerung möglich sein.

Infektionsschutzregeln im Arbeitsrecht werden verlängert

Im Arbeitsrecht ist zu beachten, dass Arbeitgeber in bestimmten Einrichtungen (Krankenhäuser, Altenpflege) Beschäftigtendaten zum Impf- und Serostatus in Bezug auf das Covid-19-Virus auch nach Wegfall der epidemischen Lage von nationaler Tragweite bis mindestens zum 19.3.2022 verarbeiten dürfen. Die Vorgaben zur Kontaktreduzierung wie die Verpflichtung zu regelmäßigen Testangeboten, zu Hygienekonzepten bleiben bis 19. März bestehen. Die Impfbereitschaft soll in den Betrieben durch Ansprache der Beschäftigten, durch innerbetriebliche Informationskampagnen und - soweit möglich - durch Impfangebote im Betrieb erhöht werden. Auch die Vorgaben zur Lüftung, zu ausreichenden Schutzabständen im Betrieb, zum Home-Office sollen entsprechend verlängert werden.

Fortführung der erweiterten Regelungsbefugnisse des Bundesarbeitsministers

Gemäß Art. 12 des beschlossenen Gesetzentwurfes wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sechs Monate über die Beendigung der Ausrufung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite hinaus, also bis zum 25.4.2022, ermächtigt, den Schutz vor der Pandemie am Arbeitsplatz durch Rechtsverordnung zu regeln. Gemäß Art. 13 des Gesetzentwurfes wird darüber hinaus die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung geändert. Gemäß § 3 der künftigen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung trifft den Arbeitgeber die Pflicht zur größtmöglichen Reduzierung der Personenkontakte in seinem Betrieb. Dazu wird weiterhin die Verpflichtung des Arbeitgebers gehören, seinen Beschäftigten im zumutbaren Rahmen die Möglichkeit des Home-Office anzubieten.

Flächendeckendes 3G am Arbeitsplatz

Die brisanteste Neuregelung ist eine flächendeckende 3G-Regelung am Arbeitsplatz. Arbeitnehmer sollen bereits ab kommender Woche zur täglichen Vorlage eines negativen Coronatests verpflichtet sein, d.h. sie müssen zum Arbeitsbeginn einen tagesaktuellen Corona-Test mitbringen, andernfalls droht Lohnausfall. Eine Ausnahme gilt lediglich für Arbeitnehmer, die eine Tätigkeit ohne Kontakt zu anderen Personen ausüben.

Tests in Zukunft wieder kostenlos

Auf Vorschlag des geschäftsführenden Bundesgesundheitsministers Jens Spahn ist bereits ein wöchentlicher Corona-Test für die Allgemeinheit wieder kostenfrei. Hiermit soll nicht zuletzt auch die Übersicht über das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung und damit die Datenlage zur Pandemie verbessert werden. Ob die zukünftigen Koalitionäre diese Regelung auf eine größere Anzahl von Tests ausdehnen, ist noch nicht ausdiskutiert.

Boostern: Auffrischungsimpfung für alle

Auch die Ampelkoalitionäre in spe beabsichtigen die Fortführung des von der geschäftsführenden Bundesregierung bereits eingeführten.

Impfpflicht wird - für bestimmte Personengruppen - zunehmend diskutiert

Eine unmittelbare Impfpflicht ist weiterhin nicht vorgesehen. Ernsthaft diskutiert wird inzwischen allerdings die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen wie Krankenhaus- und Pflegepersonal. Die Mehrheit der Virologen hält eine solche zumindest partielle Impfpflicht für Personen, die verstärkt Kontakt zu vulnerable Gruppen haben, für unumgänglich.

Gesetzentwurf mit umfangreichen Gesetzesänderungen

Daneben sind Änderungen des SGB XI, des SGB XII, des Bundesversorgungsgesetzes, des Künstlersozialversicherungsgesetzes, des Arbeitsschutzgesetzes, der SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung sowie einer Reihe weiterer Gesetze geplant. In fast allen Fällen geht es um den Schutz der von Infektionsschutzmaßnahmen Betroffenen vor übermäßigen wirtschaftlichen Nachteilen.

Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds

Gemäß neuem § 221 a Abs. 4 SGB V soll der Bund für das Jahr 2022 einen ergänzenden Bundeszuschuss in Höhe von 300 Millionen Euro in den Gesundheitsfonds als Liquiditätsreserve für mögliche Mehrausgaben beispielsweise beim Kinderkrankengeld.

Gesetz muss noch durch den Bundesrat

Mit wenigen Ausnahmen soll das Gesetz einen Tag nach seiner Verkündung in Kraft treten. Das könnte bereits in der kommenden Woche sein, wenn denn der Bundesrat in seiner Sitzung vom 19.11.2021 zustimmt. Seitens der CDU wurde bereits die Möglichkeit signalisiert, dass die Mehrheit der Länderchefs ihre Zustimmung verweigert. In diesem Fall müsste es zu einer umgehenden Behandlung des Gesetzentwurfs im Vermittlungsausschuss kommen, wenn die Regierungschefs nicht das Auslaufen der epidemischen Lage riskieren wollen, ohne dass ein gesetzliches Ersatzinstrument zur Verfügung steht. Nach den derzeitigen Plänen soll das neue Gesetz zunächst bis zum 19.3.2022 gelten. Ob mit Beginn des Frühlings 2022 dann der von vielen ersehnte „freedom day“ kommt oder ob es doch noch mal in die Corona-Verlängerung geht, bleibt abzuwarten.

Gesundheitsminister setzen Lindau-Beschlüsse bereits um

Trotz Auslaufens der epidemischen Notlage sind auch die von den Gesundheitsministern auf ihrer Bodenseekonferenz vereinbarten Beschlüsse nicht wirkungslos geblieben. Einige Bundesländer sind bereits intensiv damit beschäftigt, die dort getroffenen Vereinbarungen umzusetzen. In Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Brandenburg wurde in Umsetzung der Beschlüsse bereits eine flächendeckende 2-G-Regel für die Gastronomie und für Innenraumveranstaltungen in Kraft gesetzt. Andere Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Thüringen und das Saarland stehen kurz vor der Einführung. Auch in weiteren Punkten, haben die Länder bereits mit der Umsetzung der Beschlüsse begonnen.

Mehr Tests in Pflegeheimen

Die Gesundheitsminister wollen den Schutz von besonders vulnerablen Gruppen in Pflegeheimen verstärken, da diese zur Zeit in besonderem Maße von Infektionsdurchbrüchen betroffen sind. Ein besonderer Streitpunkt war hierbei die Einführung einer Impfpflicht für das Pflegepersonal. Wegen einer befürchteten Ausdünnung des Pflegepersonals infolge einer Impfpflicht konnten sich die Länderchefs hierauf nicht einigen. Zur Kompensation wollen die Länderminister die Testpflicht in Pflegeheimen für Besucher und für Mitarbeiter deutlich ausweiten. Dies soll nach dem Willen der Minister in einem Bundesgesetz bundeseinheitlich geregelt werden. Die Testpflicht soll in den Altenheimen für Besucher und Mitarbeiter kostenlos sein.

Rechtliche Regelung der Auskunftspflicht für Arbeitnehmer

Die Länderminister halten die Berücksichtigung des Impfstatus der Arbeitnehmer in Arbeitsverhältnissen für ein wichtiges Instrument einer effektiveren Pandemiebekämpfung. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, eine Rechtsgrundlage zur Auskunftspflicht von Arbeitnehmern über ihren Impfstatus gegenüber den Arbeitgebern zu erarbeiten.

Finanzielle Unterstützung für Krankenhäuser

Die Länderminister plädieren für mehr finanzielle Unterstützung von Krankenhäusern, die zur Versorgung von Corona-Patienten zunehmend wieder andere geplante Eingriffe verschieben müssen. Das Bundesgesundheitsministerium solle deshalb Ausgleichszahlungen an diese Krankenhäuser aus dem Gesundheitsfonds ermöglichen. Bayern hat bereits eigene Sonderzahlungen beschlossen. So sollen dort die Krankenhäuser für jeden aufgenommenen Corona-Patienten 50 Euro pro Behandlungstag erhalten, auf der Intensivstation 100 Euro. Die Hälfte dieser Beträge soll an das Pflegepersonal, zum Beispiel in Form von Boni weitergegeben werden.

Wiedereröffnung von Impfzentren

Einige Bundesländer wollen zur Durchführung der Auffrischungsimpfungen wieder Impfzentren eröffnen. Insbesondere der bayerische Gesundheitsminister Holetschek will die Kapazitäten der Impfzentren wieder hochfahren, um die Boosterimpfungen so schnell und so niederschwellig wie möglich an den Mann und an die Frau zu bringen. Diese Auffrischungsimpfungen werden nach den neuesten Erfahrungen in Israel als effektives Mittel zum Brechen der vierten Coronawelle angesehen.

Close up of young man holding express antigen covid test, negative result

Was aktuell sonst noch gilt

Bis zum 25. November bleibt es bei der bisher geltenden Rechtslage, d.h. bis dahin gelten bis zur letzten MPK vom 10.8.2021 von den Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin gefassten Beschlüsse sowie die auf deren Grundlage angepassten Coronaschutzverordnungen der einzelnen Bundesländer. Im Zentrum der letzten MPK-Beschlüsse stand die Motivation der Bevölkerung, sich impfen zu lassen. Ein Großteil der Beschlüsse prägt die Absicht der Länderchef*innen, Anreize zur Annahme der Impfangebote zu schaffen u.a. in Form von Erschwernissen der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben für nicht geimpfte Personen.

Pauschale Erleichterungen für Geimpfte und Genesene

Gemäß Ziffer 2 des Beschlusses vom 10.8.2021 werden Geimpfte und Genesene

  • pauschal von den bundes- und landesrechtlichen Regeln ausgenommen, die Testauflagen vorsehen.
  • Daneben sind Geimpfte und Genesene von der Quarantänepflicht bei der Rückreise nach Deutschland aus einem Hochrisiko-Gebiet befreit.
  • Die Quarantänepflicht entfällt auch für symptomlose Geimpfte und Genesene, die enge Kontaktpersonen zu infizierten Personen waren bzw. sind.

Geänderte Corona-Indikatoren: Krankenhausgeschehen verdrängt Inzidenz-Ansatz teilweise 

Laut Ziff. 9 des Bund-Länder-Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz wird inzwischen die Zahl der Krankenhausaufnahmen wegen Covid-19 als „wichtige Größe zur Beurteilung des Infektionsgeschehens“ herangezogen. Sie wird um weitere Pandemiewerte - wie Inzidenz, Impfquote und die Zahl schwerer Krankheitsverläufe ergänzt.

Maskenpflicht und Abstandsregeln 

Die Einhaltung des Mindestabstandes von 1,5 m zu anderen Personen sowie die Hygieneregeln und die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske in geschlossenen Räumen gelten noch bundesweit. Im Freien gilt die Maskenpflicht nur, wenn ein Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Personen nicht zuverlässig eingehalten werden kann. Einige Bundesländer haben die Maskenpflicht im Freien komplett abgeschafft.

Maskenpflicht und Hygieneregeln auch am Arbeitsplatz

Arbeitgeber müssen beachten, dass nach der seit dem 1.7.2021 geltenden Arbeitsschutzverordnung 

  • die Pflicht zu einem zweimaligen wöchentlichen Testangebot für die Arbeitnehmer,
  • die Maskenpflicht in Innenräumen sowie
  • die Abstands- und Hygieneregeln

gelten.

Seit dem 23.8. 3G-Regelung für Innenraumveranstaltungen

Seit dem 23. August gilt für nicht geimpfte Personen eine Testpflicht bei allen Veranstaltungen in Innenräumen, und zwar ab Erreichen einer 7-Tage-Inzidenz von 35. Zutritt wird nur noch den „3G“ gewährt, also Getesteten, Geimpften und Genesenen.

Dies gilt für alle Innenräume, also u.a. für Restaurants, Fitnessstudios, Museen, Theater und Kinos. Als Test zugelassen sind ein Antigenschnelltest, Alter maximal 24 Stunden und ein PCR Test, Alter maximal 48 Stunden. Ausgenommen sind lediglich Kinder bis zum Alter von sechs Jahren sowie Schüler, die im Rahmen ihrer Schulausbildung regelmäßig getestet werden. Die Aufrechterhaltung der 3-G-Regel soll alle vier Wochen überprüft werden

Die Länder können 3G-Regelung aussetzen

Die Länder haben die Option, die 3G-Regel auszusetzen, wenn die 7-Tage-Inzidenz in einem Landkreis stabil unter dem Wert von 35 bleibt oder wenn das weitere Faktoren einbeziehende Indikatorensystem des jeweiligen Landes ein vergleichbar niedriges Infektionsgeschehen aufweist und ein Anstieg der Infektionszahlen durch die Aussetzung der 3G-Regelung nicht zu erwarten ist.

Der Test ist Türöffner für diverse Einrichtungen und Veranstaltungen

Die Tests sind konkret Voraussetzung für

  • den Zugang als Besucher zu Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen sowie Einrichtungen der Behindertenhilfe,
  • den Zugang zur Innengastronomie,
  • zur Teilnahme an Veranstaltungen und Festen in Innenräumen (Informationsveranstaltungen, Kultur- und Sportveranstaltungen).

Versammlungen weitgehend zulässig

Versammlungen, die den Schutz von Art. 8 GG genießen, sind wieder weitgehend zulässig, wobei der Veranstalter auf die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln zu achten hat. Ähnliches gilt für religiöse Veranstaltungen, für Gottesdienste, für Kultur und Freizeiteinrichtungen sowie für Messen.

Gastronomie bleibt geöffnet

Der Betrieb von Gastronomie-, Beherbergungs- und Vergnügungsstätten ist grundsätzlich zulässig, wobei je nach regionaler Ansteckungssituation unterschiedliche Höchstgrenzen hinsichtlich der erlaubten Gästekapazität gelten. Ähnliches gilt für die Fluss- und Seeschifffahrt sowie insgesamt den touristischen Ausflugsverkehr. Einige Bundesländer räumen Gastronomen und/oder sonstigen Geschäftsinhabern die Option einer 2-G-Regelung für ihre Geschäftsräume ein, das heißt dort sind, falls von dieser Option Gebrauch gemacht wird, nur geimpfte und genesene Personen zugelassen.

Clubs, Diskotheken etc. nur mit Test

Der Zutritt zu Prostitutionsstätten und Bordellen ist abgestuft nach den unterschiedlichen regionalen Ansteckungszahlen erlaubt, wobei in jedem Fall die Vorlage eines Test-, Impf- oder Genesenennachweises erforderlich ist. Dies gilt auch für den Betrieb von Diskotheken, Clubs und ähnlichen Einrichtungen sowie für sonstige Veranstaltungen in geschlossenen Räumen. Die Länder sollen situationsbezogen die zulässigen Teilnehmerzahlen und den Zugang weiter begrenzen, wenn dies epidemiologisch als erforderlich erscheint.

Sport wieder gemeinsam möglich

Auch im Sport gelten je nach Ansteckungszahlen unterschiedliche Anforderungen. Bei höheren Werten ist den meisten Bundesländern die Teilnahme am Mannschaftssport nur mit einem Test-, Impf- oder Genesenennachweis zulässig. Auch die Zahl der zugelassenen Zuschauer wird in den Bundesländern nach den unterschiedlichen Ansteckungszahlen gestaffelt. Oberhalb einer absoluten Zahl von 5.000 Zuschauern gilt in der Regel eine maximal zulässige Auslastung von 50 % sowie eine absolute Deckelung von 25.000 Zuschauern. Wenn der Veranstalter außerhalb der Sitz- und Stehplätze eine Maskenpflicht anordnet, dürfen i.d.R. alle Sitz- und Stehplätze belegt werden (so in NRW). Die gleiche Regelung gilt auch für Großveranstaltungen außerhalb des Sports. Der jeweilige Veranstalter ist zu einer effektiven Kontrolle verpflichtet.

Auslandsreisen weiterhin mit Einschränkungen

Seit dem 1. August gilt eine neue Corona-Einreise-Verordnung. Die Pflicht zum negativen Virusnachweis gilt für sämtliche Reiserückkehrer ab zwölf Jahre, gleich aus welchem Land und unabhängig von der Art der Einreise. Der Nachweis ist durch einen negativen Test bzw. einen Impf- oder Genesenennachweis zu führen.

  • Wer aus einem Hochrisikogebiet nach Deutschland einreist, muss sich vor seiner Einreise elektronisch über die digitale Einreiseanmeldung registrieren und muss sich unverzüglich auf eigene Kosten für einen Zeitraum von mindestens zehn Tagen in Quarantäne begeben.
  • Durch eine negative Testung kann Quarantäne frühestens nach dem fünften Tag nach der Einreise unterbrochen werden.
  • Ausgenommen von der Quarantänepflicht sind Personen, die entweder genesen, vollständig geimpft oder negativ getestet sind und einen entsprechenden Nachweis bei der zuständigen Behörde vorlegen.
  • Die Quarantänepflicht besteht aber immer, wenn in den ersten zehn Tagen nach der Einreise Symptome einer Infektion mit dem SARS-CoV-2- Virus auftreten.

Regelungen für Virusvariantengebiete strenger

Auch für Einreisende aus einem Virusvariantengebiet gilt die Verpflichtung zur elektronischen digitalen Reiseanmeldung. Darüber hinaus gilt eine strikte 14-tägige Quarantänepflicht. Geimpfte und genesene Personen sind in diesem Fall von der Quarantänepflicht nicht ausgenommen. Eine Ausnahme besteht für geimpfte und genesene Personen, die mit einem Impfstoff geimpft worden sind, den das RKI auf seiner Internetseite als Impfstoff ausweist, der gegen die Virusvariante des Urlaubsgebiets hinreichend wirksam ist. Kinder unter zwölf Jahren sind von der Nachweispflicht befreit.

Sonderfall Schulen

Der Schulunterricht wird von den Ländern unterschiedlich geregelt. Präsenzunterricht ist bundesweit die Regel. Höchst unterschiedlich sind die Regelungen zur Maskenpflicht. Die meisten Bundesländer haben sich entschlossen, die Pflicht zum Tragen einer Maske während des Unterrichts abzuschaffen oder haben diese bereits abgeschafft. Einige Bundesländer differenzieren nach Jahrgangsstufen und muten zumindest den jüngeren Schülern das Tragen einer Maske während des Unterrichts nicht mehr zu. Das ändert sich allerdings, wenn in einer Klasse Corona-Fälle aufgetaucht sind, was aktuell immer häufiger der Fall ist. 

Keine Maskenpflicht für Kinder und Kranke

Von der Verpflichtung zum Tragen einer Atemschutzmaske sind in allen Bundesländern ausgenommen:

  • Kinder die das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
  • Personen mit einer ärztlichen Bescheinigung
  • sowie gehörlose und schwerhörige Personen.

Was daneben noch gilt:

Auch in Zukunft ist zu beachten:

  • Medizinische Masken bleiben Pflicht im ÖPNV sowie in Geschäften 

Im ÖPNV sowie in Einzelhandelsgeschäften ist das Tragen medizinischer Masken (OP-, FFP2-, KN95-, N95-Masken) Pflicht. Darüber hinaus wird das Tragen medizinischer Masken bei engerem oder längerem Kontakt zu anderen Personen besonders in geschlossenen Räumen angeraten. Diese Verpflichtung gilt an allen Orten mit Publikumsverkehr auch in den Innenstädten, wenn der Abstand von 1,5 m zu anderen Personen nicht zuverlässig eingehalten werden kann. Die konkrete Festlegung der betroffenen Bereiche erfolgt durch die örtlich zuständigen Behörden.

  • Nach Zweitimpfung Lockerungen in Alten- und Pflegeheimen

In den Alten- und Pflegeeinrichtungen hat inzwischen der Großteil der Bewohner und des Pflegepersonals die zweite Impfung, in manchen bereits die dritte Impfung erhalten. Darüber hinaus kommt es dort vermehrt zur Anwendung von Schnelltests. In diesem Kontext wurden fast überall die Besuchsmöglichkeiten in Einrichtungen ohne Ausbruchsgeschehen wieder erweitert und wohnbereichsübergreifende Gruppenangebote durchgeführt. 

Gottesdienste mit Abstand und Maske  

Die Gottesdienstregelungen bleiben im Wesentlichen wie gehabt. Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Museen wie Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften bleiben grundsätzlich gestattet. Allerdings ist streng auf den Mindestabstand von 1,5 m zu achten, die Maskenpflicht gilt in den meisten Bundesländern am Platz nicht mehr. Gesang der Gemeinde ist wieder weitgehend erlaubt, in einigen Bundesländern aber nur mit Maske.


Sorry we are closed

Corona-Beschränkungen sind bei Geschäftsraummiete zu berücksichtigen

Eine wichtige Sonderregelung besteht seit einiger Zeit für Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse. Mit dem vom Bundestag beschlossenen und am 18.12.2020 vom Bundesrat gebilligten Covid-19-Insolvenzfolgen- Abmilderungsgesetz wird im Rahmen der Gewerberaummiete gesetzlich vermutet, dass erhebliche Beschränkungen eines Betriebs infolge der Covid-19-Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB darstellen. Dies soll die Verhandlungsgrundlage für Mieter und Pächter im Hinblick auf die Anpassung der Mietzinshöhe bei Gewerberaum gegenüber den Eigentümern deutlich verbessern.

In der Realität ist die Wirkung dieser Änderung aber begrenzt, da die im Rahmen von § 313 BGB erforderliche Gesamtabwägung der wechselseitigen Interessen weiterhin den Gerichten überlassen bleibt und diese bisher bei der Anpassung vertraglich vereinbarter Entgelte aufgrund einer Veränderung der Geschäftsgrundlage unterschiedlich urteilten (ablehnend: OLG Karlsruhe, Urteil v. 24.2.2021, 7 U 109/20; LG Heidelberg, Urteil v. 30.7.2020, 5 O 66/20; LG Zweibrücken, Urteil v. 11.9.2020, HK O 17/20; anders: OLG Dresden, Urteil v. 24.2.2021, 5 U 1782/20; LG München, Urteil v. 5.10.2020, 34 O 6013/20).

Verstöße werden sanktioniert

Der Ernst der durch die Corona-Pandemie verursachten Krisenlage wurde den Bürgern auch durch die Bußgeldkataloge eindringlich vor Augen geführt. Die Bußgeldtatbestände wurden in den meisten Ländern bereits Ende Oktober 2020 ausgeweitet und gelten weiterhin.

Diese sind in einigen Bereichen zwar immer noch von Bundesland zu Bundesland verschieden. Uneinsichtige, die sich an die eingeführten Abstandsregeln, Kontakt- und Ausgehsperren nicht (mehr) halten, müssen mit Sanktionen rechnen, zumal auch Kontrollen stattfinden.

FFP2-Maske (1)

Konsequente Kontrolle der Maskenpflicht

Inzwischen kontrollieren alle Länder die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung im ÖPNV sowie in anderen öffentlichen Bereichen (Behörden). Das Bußgeld für Verstöße liegt seither mit einer Ausnahme in allen Bundesländern nicht unter 50 Euro.

Große Unterschiede bei der Sanktionierung von Maskenverstößen

Die Demonstration der Einmütigkeit der Länderchefs hat auch bei der Sanktionierung von Regelverstößen in der Praxis klare Grenzen. Immerhin haben sich die Länderchefs auf ein Mindestbußgeld von 50 Euro bei Maskenverstößen verständigt. Die einzelnen Bußgeldkataloge sehen für Verstöße gegen das Gebot des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes folgende Sanktionen vor:

  • Baden-Württemberg: Bußgeldrahmen von 100-250 EUR
  • Bayern: 150 EUR, seit dem 25.8.2020: 250 EUR, im Wiederholungsfall 500 EUR
  • Brandenburg: 50-250 EUR
  • Berlin: 50-500 EUR
  • Bremen: 50 EUR seit dem 27.8.2020
  • Hamburg: 80 EUR
  • Hessen: 50 EUR
  • Mecklenburg-Vorpommern: 50-150 EUR
  • Niedersachsen: 150 EUR
  • Nordrhein-Westfalen: 150 EUR
  • Rheinland-Pfalz: 50 Euro mit individuellen Unterschieden in den Kommunen 
  • Sachsen: 60 EUR
  • Sachsen-Anhalt: 50 EUR
  • Schleswig-Holstein: 150 EUR
  • Thüringen: 60 EUR

Auch sonst große Unterschiede bei Sanktionen

Auch bei anderen Verstößen gegen die Corona-Schutzbestimmungen sind die Unterschiede hinsichtlich der Sanktionen in den einzelnen Bundesländern groß. Zu beachten ist, dass einige Bundesländer gemäß §§ 30, 130 OWiG juristische Personen oder Personenvereinigungen zusätzlich mit einem Bußgeld belegen, wenn die juristische Person oder Personenvereinigung durch den Verstoß bereichert worden ist oder bereichert werden sollte. Die Geldbuße soll in diesen Fällen den wirtschaftlichen Vorteil, der aus der Ordnungswidrigkeit gezogen wurde, übersteigen.

Bis 25.000 Euro Bußgeld in Wiederholungsfällen

Bei der Ausschöpfung des Bußgeldrahmens ist jeweils zu berücksichtigen, ob ein Erst- oder ein Folgeverstoß vorliegt. Im Falle mehrfacher Wiederholung kann gemäß § 73 Abs. 2 IfSG eine Geldbuße von bis zu 25.000 Euro verhängt werden. Verstößt eine Handlung gegen mehrere Bußgeldtatbestände, ist das Bußgeld angemessen zu erhöhen.

Hintergrund:

Über einen langen Zeitraum wurde der Fahrplan für den Umgang mit der Corona-Pandemie von der Ministerpräsidentenkonferenz im Zusammenwirken mit der Kanzlerin maßgeblich bestimmt. Das Hauptargument für dieses Verfahren war die hierdurch mögliche Koordinierung und Vereinheitlichung der coronabedingten Freiheitsbeschränkungen und sonstigen Maßnahmen in der gesamten Bundesrepublik. Auch am 18.11.2021 kam dieses Verfahren mit dem erklärten Zweck der Vereinheitlichung der Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern wieder zum Zuge.

Welche Kompetenzen hat eigentlich die Ministerpräsidentenkonferenz?

Die Ministerpräsidentenkonferenz tagt als Gremium bereits seit 1954 regelmäßig. Weder im Grundgesetz noch in anderen Gesetzen ist dieses Gremium vorgesehen. Die Ministerpräsidentenkonferenz hat daher keine eigene Regelungsbefugnis. Sämtliche Beschlüsse müssen von den Landesregierungen durch Verordnungen oder von den Landesparlamenten durch Gesetze umgesetzt werden. Die Ministerpräsidentenkonferenz besitzt eine eigene Geschäftsordnung. Entscheidungen bedürfen danach grundsätzlich der Zustimmung von mindestens 13 Bundesländern, in Angelegenheiten, die die Länderhaushalte betreffen und bei der Schaffung von Gemeinschaftseinrichtungen ist Einstimmigkeit erforderlich.

Die MPK wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen

In der Praxis hatten die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz eine nachhaltige Wirkung. Während der Corona-Pandemie wurden nahezu sämtliche dort gefassten Beschlüsse von den Landesparlamenten und Landesregierungen umgesetzt. Verfassungsrechtler sehen dies insoweit kritisch, als ein nach der Verfassung nicht vorgesehenes Gremium im vergangenen Jahr die weitestgehenden Grundrechtseinschränkungen für die Bürger seit Bestehen der Bundesrepublik beschlossen hat und die Beschlüsse von den Landesregierungen und Landesparlamenten praktisch widerstandslos abgenickt wurden. Im Rahmen der in das IfSG eingefügten Notbrems-Regelung hat der Bund zwar einen Teil der bisherigen Kompetenzen der MPK bei Bekämpfung der Corona-Pandemie übernommen, dennoch darf nicht übersehen werden, dass die MPK grundsätzlich fortbesteht und auch künftig - nicht nur auf dem Gebiet der Pandemiebekämpfung - eine wichtige Rolle in der Bundesrepublik spielen wird.