Oberverwaltungsgericht erlaubt weitgehende Videoüberwachung in Bus und Bahn
In dem Streit ging es um die intensive Video-Überwachung von Fahrgästen in Bussen und Bahnen der ÜSTRA Hannoversche Verkehrsbetriebe AG. Das Unternehmen hatte dazu in zahlreichen Fahrzeugen feststehende Videokameras installiert, die im sogenannten Blackbox-Verfahren durchgehend Filmaufnahmen des Fahrzeuginneren aufzeichnen, die dann 24 Stunden später gelöscht werden.
- Die Aufnahmen sollen dazu dienen, Strafftaten wie Vandalismus in den Fahrzeugen aufzuklären,
- gleichzeitig aber auch abschreckend wirken
Forderung nach zielgenauerem Überwachungskonzept
Der niedersächsischen Datenschutzbehörde ging diese Videoüberwachung allerdings zu weit. Sie verlangte vom Verkehrsbetrieb, einen nach Linien und Zeit differenzierten Einsatzplan zur Überwachung zu erstellen oder den Nachweis mittels konkreter Anhaltspunkte darüber zu erbringen, dass die zeitlich und örtlich unbeschränkte Videoüberwachung erforderlich sei. Bis zu diesem Nachweis bzw. der Vorlage eines differenzierten Überwachungsplans sollte die Überwachung aufgrund einer nach § 38 Abs. 5 BDSG erlassenen Verfügung eingestellt werden.
VG sah schon keine Kompetenz der Datenschutzbehörde für ein Verbot
- Dabei argumentierte das Gericht in der Urteilsbegründung (Az. 10 A 4379/15) damit, dass für den Landesbetrieb der Datenschutz auch durch das Landesgesetz geregelt sei und das niedersächsische Datenschutzgesetz ein solches Verbot gar nicht vorsehe.
- Lediglich eine Beanstandung durch die Datenschutzbehörde sei möglich.
- Gegen diese Entscheidung hatte die Datenschutzbehörde Berufung eingelegt.
Inhaltliche Niederlage vor dem Oberverwaltungsgericht
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg vertrat zwar anders als die Richter am Verwaltungsgericht die Meinung, dass das Bundesdatenschutzgesetz auch in diesem Fall anwendbar sei, bestätigte aber aus inhaltlichen Gründen das Urteil der Vorinstanz.
- So diene die Videoüberwachung der Wahrnehmung berechtigter Interessen des Verkehrsbetriebes.
- Dieses Interesse, insbesondere Straftaten aufzuklären und zu verhindern, überwiege das schutzwürdige Interesse der überwachten Fahrgäste.
Die Berufung wurde daher abgewiesen. Eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht ließ das OVG nicht zu. Allerdings kann die Datenschutzbehörde Beschwerde gegen diese Nichtzulassung einlegen.
(Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteil v. 7.9.2017, 11 LC 59/16).
Hinweis:
Schon bisher musste auf eine Videoüberwachung im öffentlichen Raum, aber auch am Arbeitsplatz, eindeutig und mit Pflichtangaben hingewiesen werden - eine Vorgabe, die oft unvollständig erfüllt wurde. Mit der Datenschutz-Grundverordnung gelten hierfür ab 25.5.2018 noch umfangreichere Pflichten, deren Nichtbeachtung dann erhebliche Bußgelder auslöst.
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.943
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
2.041
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.654
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.5782
-
Diese Compliance-Regelungen gelten für Geschenke und Einladungen
1.381
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.380
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.340
-
Patronatserklärungen: Wirkung, Varianten und praktische Bedeutung
1.333
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.169
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.110
-
Cyber Resillience Report zeigt Anstieg der Ransomware-Attacken und höhere Zahlungsbereitschaft
14.11.2024
-
Risikoreicher Gehweg: Fußgänger stürzt auf Gehweg über Kante – haftet die Stadt?
18.10.2024
-
Bundeslagebild Cybercrime zeigt deutlichen Anstieg der Cyberkriminalität
30.08.2024
-
Strafanträge sind jetzt digital möglich
16.08.2024
-
Neues Selbstbestimmungsgesetz soll kurzfristig in Kraft treten
22.04.2024
-
EM in Deutschland: „Public Viewing“ bis in die Nacht
11.04.2024
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
19.03.2024
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
05.03.2024
-
Wichtige Grundsätze des BGH zum Zeugnisverweigerungsrecht
07.02.2024
-
Reform des BND-Gesetzes spätestens zum 1. Januar 2024
25.09.2023