Hessen muss Kindsmörder Entschädigung wegen Folterdrohung zahlen

Die gerichtliche Aufarbeitung des Mordes an dem kleinen Jakob von Metzler ist zehn Jahre nach der Tat abgeschlossen. Das Land Hessen muss dem Mörder Gäfgen 3.000 Euro Entschädigung zahlen, weil ihm im Polizeiverhör Folter angedroht wurde.

Der Kindsmörder Magnus Gäfgen bekommt wegen der illegalen Folterdrohung in einem Polizeiverhör vom Land Hessen endgültig 3.000 Euro Entschädigung. Das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) wies am Mittwoch die Beschwerde des Landes Hessen gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt zurück. Eine Revision ließ der Zivilsenat nicht zu. Damit - und wegen der Höhe des Streitwerts - gibt es keine Rechtsmittel mehr. Gäfgen hatte vor zehn Jahren den Frankfurter Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und ermordet. Das Verfahren vor dem OLG war nach den Worten von Anwalt Michael Heuchemer das letzte seines Mandanten, der sich seit einem Jahrzehnt durch die Instanzen geklagt hat.


Schwere Verletzung der Menschenwürde
Die Polizei hatte Gäfgen nach der Entführung vor zehn Jahren im Verhör Folter angedroht, um das Versteck des Jungen zu erfahren. Dass dieser schon tot war, wussten der frühere Polizei-Vizepräsident Wolfgang Daschner und sein Vernehmungsbeamter Ortwin Ennigkeit nicht. Gäfgen hatte wegen der Folterandrohung 10.000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz in unbekannter Höhe vor dem Landgericht erstreiten wollen. Dieses gestand ihm wegen «schwerer Verletzung der Menschenwürde» und Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) eine Entschädigung von 3.000 Euro plus Zinsen zu.


Keine polizeirechtliche oder strafrechtliche Rechtfertigung
Das Verhalten von Daschner und Ennigkeit sei «weder polizeirechtlich noch strafrechtlich gerechtfertigt oder entschuldigt, auch wenn es das Ziel hatte, das Leben des Kindes zu retten», sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Stump. «Die beiden Polizeibeamten haben sich strafbar gemacht.» Hierfür müsse das Land einstehen. Sie waren später wegen Nötigung verurteilt worden, eine Geldstrafe wurden ihnen aber nur angedroht.

Vorgaben des EGMR
Stump erinnerte in seiner rund 15-minütigen Urteilsbegründung an die rechtlichen Vorgaben des EGMR. Dieser hatte im Juni 2010 festgestellt, dass die Androhung von Folter eine unmenschliche Behandlung im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention war und ausnahmslos verboten ist. Das Landgericht hatte im August 2011 sein Urteil ebenfalls darauf gestützt. Da der EGMR die maßgeblichen Rechtsfragen geklärt habe, werde die Revision nicht zugelassen, begründete das OLG seine Entscheidung.

Symbolische Entschädigung
Das OLG hielt auch die vom Landgericht festgesetzten 3.000 Euro als «symbolische Entschädigung» und eine rechtlich über die Verurteilung der beiden Polizisten hinausgehende Genugtuung für angemessen. Dem privatrechtlichen Insolvenzverfahren Gäfgens stehe dies nicht entgegen, weil es sich um eine «unpfändbare Forderung» handle. Deshalb muss das Geld voraussichtlich an Gäfgen ausgezahlt werden.

dpa

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