JVA muss für marktgerechte Telefongebühren sorgen

Justizvollzugsanstalten dürfen ihren Gefangenen keine überhöhten Telefonkosten in Rechnung stellen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. An diesem Grundsatz ändere auch ein langfristiger Generalvertrag der Haftanstalt mit einem Telekomanbieter nichts, befanden die Karlsruher Verfassungsrichter.

Der Fall betraf eine Justizvollzugsanstalt in Schleswig-Holstein, die über ein Insassentelefonsystem verfügt, das exklusiv von einem privaten Telekommunikationsanbieter auf Grundlage eines mit dem Land langfristig geschlossenen Vertrags betrieben wird.

Tarifwechsel verteuerte die Telefonkosten der Häftlinge

Mitte 2015 führte der Anbieter einen Tarifwechsel durch. In der Folge verteuerten sich dadurch die Telefonkosten der Häftlinge.

  • Einer der Häftlinge stellte bei der Haftanstalt den Antrag, die Telefonkosten auf das außerhalb der Anstalt übliche Niveau zu reduzieren.
  • Doch die Anstaltsleitung kam dem nicht nach. Auch das zuständige Land- und Oberlandesgericht lehnten den Antrag des Häftlings ab.
  • Mit einer Verfassungsbeschwerde verfolgt der Häftling sein Ziel weiter. Er berief sich auf den verfassungsrechtlich geschützten Resozialisierungsgrundsatz

Hohe Telefonkosten wirken wie eine zweite Strafe        

Den sahen auch die Bundesverfassungsrichter vorliegend als verletzt an. Zwar müsse die jeweilige Haftanstalt den Gefangenen keine kostenfreie Möglichkeit einräumen, zu telefonieren. Die Preise dürften aber nicht über denjenigen auf dem freien Markt liegen, soweit keine Gründe vorliegen, die speziell den Haftvollzug beträfen.

Es folge aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip, die Gefangenen neben dem Freiheitsentzug nicht noch zusätzlich zu bestrafen.

OLG verstößt selbst gegen Resozialisierungsgrundsatz

Aus dieser Verantwortung dürfe sich die Justizvollzugsanstalt auch nicht dadurch lösen, dass sie einen privaten Anbieter exklusiv mit der Telefonie beauftragt. Da die Häftlinge auf dessen Dienste angewiesen seien, müsse die Haftanstalt dafür Sorge tragen, dass die Telefonate zu marktgerechten Preisen abgerechnet würden.

Ob dies vorliegend der Fall war, hatte auch das zuständige Oberlandesgericht offengelassen. Dafür wurde das Gericht vom Bundesverfassungsgericht stark kritisiert. Das Oberlandesgericht habe die finanziellen Interessen des Häftlings missachtet und damit gegen den Resozialisierungsgrundsatz verstoßen. Dass der Vertrag mit der Telekomgesellschaft bereits seit 15 Jahren bestand und vom Land nicht gekündigt wurde, spiele keine Rolle. Die Justizvollzugsanstalt dürfe dem Häftling nur marktgerechte Kosten berechnen oder müsse ihm alternative Telefonmöglichkeiten einräumen.

(BVerfG, Beschluss v. 8.11.2017,  2 BvR 2221/16).

 

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