Kabinett will Strafbarkeitslücke beim Sexualstrafrecht schließen

Der Gesetzgeber will einen langjährigen Streitpunkt durch eine Lücke im Strafrecht ausräumen, die immer wieder zu Freisprüchen führte, weil Opfer sich „nicht genug gewehrt“ hätten. Der Straftatbestand der Vergewaltigung soll nicht erst greifen, wenn gegenüber dem Opfer Gewalt angewandt oder diese angedroht wurde. Ein körperlicher Widerstand ist daher zukünftig nicht mehr Voraussetzung. Kritikern geht der Entwurf jedoch nicht weit genug.  

Bisher ist der Tatbestand der Vergewaltigung nur dann gegeben, wenn das Opfer mit Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder unter Ausnutzung einer schutzlosen Lage zum Sex gezwungen wird.  Nun hat die Bundesregierung die eine Verschärfung des Sexualstrafrechts durch Änderung des § 177 StGB gebilligt.

Strafbarkeitslücken sollen geschlossen werden

Die Änderung soll die Stärkung der sexuellen Selbstbestimmung bewirken, deren Verletzung bisher in vielen Fällen nicht strafbar ist. Das betrifft z.B. sexuelle Handlungen, wenn das Opfer überrascht wurde und deshalb keinen Widerstand leistet oder etwa im häuslichen oder sozialen Umfeld den Geschlechtsverkehr aus  Angst vor weiterer Eskalation trotz offensichtlichem Widerwillen erduldet.

Schwierige Entscheidungen

Immer wieder gab fachliche Diskussionen und Verbesserungsvorschläge im Hinblick auf Entscheidungen, bei denen das Gericht freisprach, etwa weil die Frau sich aus Angst vor Schlimmerem still verhalten hatte, da sich der Mann zuvor oder häufig aggressiv verhalten hatte. Freisprüche gab es auch in Fällen, in denen das Opfer unmissverständlich seinen Widerwillen äußerte, den ganzen Vorfall über weinte, aber keine Gegenwehr leistete.

Die für die Straffreiheit in solchen Fällen ursächliche Gesetzeslücke in § 177 StGB  soll nun mit dem Gesetzesentwurf, welcher bereits im Sommer 2015 von Bundesjustizminister Heike Maas (SPD) vorgelegt wurde, geschlossen werden.

Gesetzesvorhaben "lahmte" vor den Ereignissen in Köln

Seit Monaten sei der Entwurf blockiert worden, erst seit den Übergriffen von Köln in der Silvesternacht 2015/2016 stoße er auf breite Akzeptanz, kritisierte Maas. Keine Vergewaltigung, kein strafwürdiger sexueller Übergriff dürfe nach Auffassung des Bundesjustizministers in Zukunft mehr straflos bleiben. Es müsse alles getan werden, um die sexuelle Selbstbestimmung der Frauen zu schützen. Bestraft werden müssten alle, egal woher die Täter letztlich kommen. Auch viel zu viele deutsche Männer hätten noch immer nicht begriffen, dass Frauen über ihren Körper selbst bestimmen.

Kritik an der Reform: Ein „Nein“ als fehlende Zustimmung soll ausreichen

Der Gesetzesentwurf sieht daher vor, dass sich auch derjenige strafbar macht, wer die Unfähigkeit eines Opfers aufgrund seines psychischen oder körperlichen Zustandes zum Widerstand ausnutzt oder überraschend sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt.

Zudem würden die Fälle erfasst, in welchen das Opfer aus Angst vor Konsequenzen keinen Widerstand leistet und dies der Täter ausnutzt. Kritiker bemängeln, dass das Gesetz nicht weitgehend genug sei.

Grapschen weiter erlaubt?

Gefordert werden auch Strafen für das Begrapschen, da solche Übergriffe wie unerwünschte Berührungen der Brust zukünftig ebenfalls nicht strafbar sind. Darüber hinaus wurde die Forderung des Bundesrates, dass ein klar formuliertes „Nein“ für eine Bestrafung ausreichen soll, nicht in dem Entwurf mit aufgenommen.

Vgl. zu dem Thema auch:

Schwarze Nacht in Köln

Verurteilungswahrscheinlichkeit Vergewaltigungen

Strafbarkeit der unterlassenen Hilfeleistung

Verurteilungswahrscheinlichkeit Vergewaltigungen


Schlagworte zum Thema:  Vergewaltigung