Richter wegen Rechtsbeugung bei Verkehrsdelikten verurteilt

Ein Richter, der eine Bußgeldbehörde disziplinieren will und deshalb willkürlich Verkehrsdelinquenten frei spricht, anstatt seiner richterlichen Aufklärungspflicht nachzukommen, macht sich laut BGH wegen Rechtsbeugung strafbar. Hier waren einem Richter die Bußgeldbehörden bei den Belegen für Geschwindigkeitsmessungen zu schlampig und er zahlt dafür jetzt einen hohen Preis.  

Das Landgericht Erfurt hat nach Aufhebung eines freisprechenden Urteils durch den Bundesgerichtshof und Zurückverweisung der Sache einen Richter am Amtsgericht durch ein zweites Urteil wegen Rechtsbeugung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die Revision des Richters, mit der er das Fehlen von Rechtsbeugungsvorsatz und seine krankheitsbedingte Schuldunfähigkeit zur Tatzeit geltend machte, blieb erfolglos.

Ordnungswidrigkeiten angeblich nicht nachweisbar

Der Richter am Amtsgericht hatte in einer Reihe von Bußgeldverfahren die Betroffenen durch Beschluss freigesprochen, weil von der Straßenverkehrsbehörde

für das bei der Verkehrskontrolle verwendete Messgerät zur Akte genommen worden sei. Der angeklagte Richter behauptete, deshalb liege ein Verfahrensfehler im Verantwortungsbereich der Behörde vor, der dazu geführt habe, dass das Messergebnis für das Gericht nicht nachprüfbar und die Ordnungswidrigkeit deshalb nicht beweisbar sei.

Ärger über behördliche Aktenführung

Das Thüringer Oberlandesgericht hob mehrere solcher Entscheidungen wegen Verletzung der Aufklärungspflicht des Gerichts auf. Der Angeklagte zog die vermissten Unterlagen aber auch in weiteren Verfahren nicht bei, sondern sprach die Betroffenen wiederum frei oder stellte das Bußgeldverfahren ein. 

Statt aufzuklären Verfahrenshindernis unterstellt

Die Freisprechung durch Beschluss wegen eines angeblichen Verfahrenshindernisses, das tatsächlich nicht bestand, bewertete das Landgericht Erfurt im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nun als Rechtsbeugung.

  • Der Angeklagte habe mit der Möglichkeit der Unrichtigkeit seiner Entscheidungen gerechnet und diese billigend in Kauf genommen,
  • um die Bußgeldbehörden zu disziplinieren,
  • über deren Aktenführung er sich geärgert hatte.

Die elementare Bedeutung der verletzten Aufklärungspflicht des Bußgeldgerichts sei ihm bekannt gewesen. 

(BGH, Beschluss v. 24.2.2016, 2 StR 533/15).

Vgl. zu dem Thema auch:

Behörde muss bei Geschwindigkeitsüberschreitung den Messfilm herausgeben

Freispruch trotz Geschwindigkeitsüberschreitung

Rechtsbeugung ist nur bei  Amtsträgern eine Straftat


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