Stichtag für vorzeitige Restschuldbefreiung bei Erreichen der Mindestbefriedigungsquote

Um im Zuge eines Insolvenzverfahrens von allen Schulden loszukommen, muss der Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen und sich verpflichten, seine pfändbaren Einkünfte für die Dauer von sechs Jahren an einen Treuhänder abzutreten, sog. Abtretungsfrist.
Restschuldbefreiung vor Ablauf der 6-Jahresfrist
Schon vor Ablauf dieser sechsjährigen Abtretungsfrist kann der Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen Restschuldbefreiung erlangen.
Dies ist gemäß § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO unter anderem dann möglich, wenn der Schuldner die Kosten des Verfahrens beglichen hat und dem Insolvenzverwalter innerhalb von drei Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Betrag zugeflossen ist, mit welchem die Insolvenzgläubiger jedenfalls zu 35 % befriedigt werden können (sog. Mindestbefriedigungsquote).
Zur Berechnung, ob die Mindestbefriedigungquote rechtzeitig erreicht wurde
Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes muss der erforderliche Geldbetrag für die Mindestbefriedigung der Gläubiger dem Insolvenzverwalter innerhalb von drei Jahren tatsächlich zugeflossen sein und zwar nicht nur der Geldbetrag, der die Mindestbefriedigungsquote abdeckt, sondern auch der erforderliche Geldbetrag, mit dem die Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten ausgeglichen werden können. Bezüglich der Höhe dieser Kosten kommt es auf den genauen Stichtag zum Ende des Dreijahreszeitraums an.
Wie sich die Masse und die Befriedigungsquote der Gläubiger bis zum Ende des Insolvenzverfahrens verändern, ist mangels Vorhersehbarkeit nicht relevant für die Frage der vorzeitigen Restschuldbefreiung. Es kommt also nicht darauf an, ob zum Ende des Insolvenzverfahrens tatsächlich die Mindestbefriedigungsquote erreicht wird und alle Kosten gedeckt sind.
Schuldner muss dafür sorgen, dass bis zum Stichtag genügend Geldmittel zufließen
Der Schuldner muss sich allerdings selbst erkundigen, wie hoch die Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten sowie die Befriedigungsquote der Gläubiger zum maßgeblichen Stichtag sind und muss gegebenenfalls dafür Sorge tragen, dass dem Insolvenzverwalter bis zum Stichtag genügend Geldmittel zugeflossen sind.
Er kann zwar den Antrag auf vorzeitige Restschuldbefreiung auch nach Ablauf des Dreijahreszeitraums stellen. Er kann aber nicht anschließend noch Zahlungen zur Insolvenzmasse leisten, um eine Kostendeckung und die Befriedigungsquote zu erreichen. Es handelt sich nach dem klaren Gesetzeswortlaut um eine starre Grenze. Sind keine ausreichenden Gelder innerhalb von drei Jahren nach Insolvenzeröffnung dem Insolvenzverwalter zugeflossen, dann scheidet eine vorzeitige Restschuldbefreiung aus. Es nützt dem Schuldner nichts, wenn er die fehlenden Beträge nach Ablauf des Dreijahreszeitraumes nachträglich einzahlt.
Starre Grenze dient laut BGH der Rechtssicherheit
Der BGH, der sich mit diesen Fragen ausführlich auseinandersetzte, sah darin keine unangemessene Benachteiligung des Schuldners, sondern stellte klar, dass die starre zeitliche Grenze gerade der Rechtssicherheit dient und im Interesse der Restschuldbefreiung hinzunehmen ist.
Keine Hinweispflichten gegenüber dem Schuldner
Weder dem Insolvenzgericht noch dem Insolvenzverwalter obliegen hier irgendwelche Hinweispflichten gegenüber dem Insolvenzschuldner. Der Schuldner muss sich vielmehr selbst darum kümmern, dass die Voraussetzungen für eine vorzeitige Restschuldbefreiung gegeben sind.
(BGH, Beschluss v. 19.09.2019, IX ZB 23/19).
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