Die «Tagesschau»-App ist presseähnlich + darf es nicht sein
Die «Tagesschau»-App" mit mehr als vier Millionen Nutzern bringt Inhalte des Internet-Angebots «tagesschau.de» auf Smartphones und Tablet-Computer.
Öffentlich-rechtliche Zeitung im Internet?
Im Rechtsstreit um die «Tagesschau»-App haben die klagenden Zeitungsverlage mit dem Argument, eine öffentlich-rechtliche Zeitung im Internet dürfe es nicht geben, auf die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags bezogen und damit vor Gericht einen überraschend klaren Sieg errungen.
Laut Rundfunkstaatsvertrags sind «presseähnliche» Angebote nicht erlaubt
Der Rundfunkstaatsvertrag schreibt vor, dass die durch Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Sender wie ARD und ZDF zwar im Internet präsent sein dürfen,
- «presseähnliche» Angebote sind aber nicht erlaubt
- und die Online-Inhalte müssen sich auf die Radio- oder Fernsehsendungen beziehen.
Zu klären war und ist wohl weiterhin, was ARD und ZDF im Internet dürfen. Können sie lediglich Zusatzangebote zu Sendungen verbreiten oder steht ihnen das Internet eine eigenständiges Medium zu Programmgestaltung und -verbreitung neben den Sendewegen Radio und Fernsehen offen?
Pressemarkt verdorben?
Acht Verleger, der Verlag Axel Springer („Die Welt“), die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die „Süddeutsche Zeitung“, M. DuMont Schauberg („Kölner Stadt-Anzeiger), “Rheinische Post„, das Medienhaus Lensing (“Ruhr Nachrichten„) und die Medienholding Nord (“Flensburger Tageblatt"), hatten der ARD vorgeworfen, ihnen mit der kostenlosen App den Markt zu verderben.
Deshalb hatten sie dagegen geklagt. Die Verleger fordern, dass die ARD die Textbeiträge der «Tagesschau»-App möglichst weit eindampfen soll. Das Landgericht hatte die beiden Parteien zweimal aufgefordert, sich untereinander gütlich zu einigen, doch dies war ihnen nicht gelungen.
1: 0 für gegen Tagesschau-App klagende Zeitungsverleger
Das Landgericht Köln verbot nun der ARD exemplarisch, die «Tagesschau»-App vom 15. Juni 2011 weiter für Smartphones anzubieten. Es folgte damit der Argumentation der Verlage, die die "Tagesschau"-App als presseähnlich einordnen. Das Urteil bezieht sich nur auf die App dieses einen Junitages im Jahr 2011, denn ein Zivilgericht könne immer nur im Einzelfall entscheiden und keine allgemeinen medienpolitischen Aussagen treffen.
App als Ersatz für die Lektüre von Zeitungen geeignet
Die fragliche App sei «als Ersatz für die Lektüre von Zeitungen und Zeitschriften» geeignet, «mit einer Informationsdichte, die an diejenige herkömmlicher Presseerzeugnisse heranreicht», urteilte das Gericht. Daran änderten auch die Verknüpfungen mit Hörfunk- oder Fernsehbeiträgen nichts. Zugleich seien die Angebote der App «nicht hinreichend sendungsbezogen».
Keine grundsätzliche Klärung
Eine allgemeine Aussage zur nach dem Rundfunkstaatsvertrag zulässigen Länge oder Ausführlichkeit von Texten in der App enthält das Urteil nicht. Dies bedeutet, dass die ARD ihre Tagesschau-App grds. weiter anbieten kann. Aber wie? Reicht es, um weitere Wettbewerbsverstöße zu verhindern, weniger allgemein und stärker sendungsbezogen zu berichten?
Kein generelles Verbot der App
Ein generelles Verbot der App lehnte das Gericht ab. Das scheidet nach Auffassung des Gerichts schon deshalb aus, weil die App das Genehmigungsverfahren nach dem Rundfunkstaatsvertrag, den sog. Drei-Stufen-Test, durchlaufen habe.
(LG Köln, Urteil v. 27.09.2012, 31 O 360/11)
Die ARD-Vorsitzende und WDR-Intendantin Monika Piel vertrat die Auffassung, das Urteil habe keine grundsätzliche Klärung in der Frage der Presseähnlichkeit gebracht. «Ich sehe mich in meiner Einschätzung bestätigt, dass diese Auseinandersetzung im Grunde nur medienpolitisch und nicht juristisch zu lösen ist», kommentierte sie das Urteil. «Wir sind daher weiterhin gesprächsbereit und setzen auf einen baldigen Austausch mit der Verlegerseite.»
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