Helmpflicht für Motorradfahrer – eine Frage der Religion?
Motorrad fahren mit Turban und Helm. Dass das nicht funktioniert, ist klar. Bloß, wie sieht die Lösung aus? Für einen getauften Sikh war die Sache klar. Da er aufgrund seiner Religion in der Öffentlichkeit zum Tragen eines Turbans verpflichtet sei, könne er keinen Motorradhelm tragen. Deshalb beantragte er, ihn nach § 46 Abs. 1 Nr. 5b StVO von der in § 21a Abs. 2 StVO geregelten Helmpflicht zu befreien.
Befreiung von Helmpflicht nur aus gesundheitlichen Gründen?
Die Beklagte, die Stadt Konstanz, lehnte dies ab. Begründung: Eine Ausnahmegenehmigung könne nur erteilt werden, wenn das Tragen eines Helms aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei. So hatte die Stadt beispielsweise in den Vorjahren schon einmal einen Motorradfahrer wegen Genickschmerzen von der Helmpflicht befreit.
Mit seiner Berufung vor dem VGH Baden-Württemberg hatte der Kläger nur teilweise Erfolg. Die Stadt Konstanz sei nicht gezwungen gewesen, wegen der Religionsfreiheit den Sikh von der Helmpflicht zu befreien.
VGH: Regelung in Straßenverkehrsordnung verfassungsrechtlich unbedenklich
Entgegen der Ansicht des Klägers sei es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass die Schutzhelmpflicht auch im Anwendungsbereich der Glaubensfreiheit eines Motorradfahrers nicht in einem Parlamentsgesetz, sondern in einer Rechtsverordnung (StVO) geregelt sei.
Gericht sieht Fehler beim Ermessen
Allerdings sah das Gericht bei der Stadt ein Versäumnis: Sie habe das ihr eingeräumte Ermessen bei der Ablehnung des Antrags nicht fehlerfrei ausgeübt. Die Stadt muss deshalb über den Antrag nochmals neu entscheiden. Denn sie hat nicht deutlich gemacht, dass die Befreiung von der Schutzhelmpflicht grundsätzlich nicht nur aus gesundheitlichen, sondern auch aus religiösen Gründen in Betracht komme.
Einen strikten Anspruch auf Befreiung von der Helmplicht aus religiösen Gründen gibt es laut VGH nicht. Die Entscheidung liegt im Ermessen der Stadt Konstanz. Und dieses Ermessen sei im Fall des Klägers auch nicht auf Null reduziert.
(VGH Mannheim, Urteil v. 04.09.2017, 10 S 30/16)
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