Auskunftsanspruch eines Gesellschafters einer Publikums-KG
Hintergrund
Auskunftsrechte der Gesellschafter von Publikums-Kommanditgesellschaften haben die Rechtsprechung bis hin zum Bundesgerichtshof bereits mannigfach beschäftigt. Im Kern geht es um ein ganz entscheidendes, grundlegendes Recht jedes Gesellschafters einer Personengesellschaft: das Recht, die (Identität der) eigenen Mitgesellschafter zu kennen.
Eine Stufe komplexer wird die Frage, wenn – wie das nicht unüblich ist – eine Vielzahl von Kommanditisten nicht direkt an der Gesellschaft beteiligt ist, sondern lediglich mittelbar über eine sogenannte „Treuhandkommanditistin“. Solche Investoren sind dann „Treugeber“, die Treuhandkommanditistin ihrerseits ist als „Treuhänderin“ direkt an der Publikums-KG beteiligt. Der Gesetzgeber hat diese Möglichkeit in § 152 Abs. 1 S. 2 KAGB ausdrücklich anerkannt.
Der Hinweisbeschluss des Kammergerichts vom 15.04.2020 (Az. 23 U 149/18)
Das Kammergericht hatte über einen Beschluss einer Publikums-KG zu entscheiden, durch den einer mittelbaren Gesellschafterin die Auskunft verweigert wurde. Das Gericht bleibt seiner bisherigen Linie treu: Die Publikums-KG darf den einzelnen Gesellschaftern nicht die Auskunft über ihre Mitgesellschafter verweigern, weil dieses Auskunftsrecht nach der ständigen, allerdings nicht unumstrittenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum unentziehbaren Kern der Mitgliedschaft jedes Gesellschafters auf Kenntnis der Identität seiner Mitgesellschafter gehört. Dies gilt nach dem BGH zu Gunsten des Auskunftssuchenden übrigens selbst dann, wenn aus den Verträgen ein entgegenstehender Wille der Parteien abzuleiten ist.
Dieses Auskunftsrecht steht, so das Kammergericht, auch einem Treugeber zu, jedenfalls wenn dieser im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis der Gesellschafter zu den Treugebern jeweils einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt ist. In einem solchen Fall ist nämlich der Treugeber über seine schuldrechtliche Beziehung zur Treuhandkommanditistin hinaus entsprechend einem unmittelbaren Gesellschafter in den Gesellschaftsverband einbezogen. Das Kammergericht leitet dies ab aus einer Gesamtschau der vertraglichen Bestimmungen, insbesondere der Verzahnung der Gesellschafts- und Treuhandverträge. Aus diesen Verträgen ergibt sich im konkret entschiedenen Fall, dass die Treugeber im Innenverhältnis zu den anderen Treugebern, den Kommanditisten, der Komplementärin und der Gesellschaft eine Rechtsstellung erlangt haben, die der eines unmittelbaren Gesellschafters entspricht.
In einer solchen Konstellation, führt das Kammergericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konsequent aus, kann dem Auskunftsanspruch auch kein vermeintliches „Anonymitätsinteresse“ der Anleger in einer Publikums-KG entgegengehalten werden. Im entschiedenen Fall ergibt sich dies bereits aus der Bestimmung im Gesellschaftsvertrag über ein erforderliches Quorum für die Einberufung einer Gesellschafterversammlung. Damit setzt der Gesellschaftsvertrag das Bestehen eines Auskunftsrechts als selbstverständlich voraus, da der Gesellschafter (oder Treugeber) ein solches Quorum in aller Regel nur erreichen kann, wenn er – eben über ein entsprechendes Auskunftsrecht – die Möglichkeit hat, Kontakt zu den anderen Gesellschaftern und Treugebern aufzunehmen.
Weil das Auskunftsrecht dem Gesellschafter (oder Treugeber) eine effektive Kontaktaufnahme mit den Mitgesellschaftern ermöglichen soll, ist es nicht auf die in § 106 Abs. 2 HGB enthaltenen Angaben direkter Kommanditisten für das Handelsregister, also den bloßen Wohnort, beschränkt. Vielmehr richtet er sich jeweils auf die gesamte Adresse/Anschrift der Mitgesellschafter. Dem stehen, wie das Kammergericht ausführlich darlegt, auch datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht entgegen.
Artikel 6 Abs. 1 S. 1 lit. b) der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) gestattet nämlich die Datenverarbeitung „für die Erfüllung eines Vertrages, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist“. Der Anwendbarkeit dieser Vorschrift steht auch nicht entgegen, dass die Treugeber nicht (direkte) Parteien des Gesellschaftsvertrages sind. Im vorliegenden Fall sind die Treugeber nämlich sogenannte „qualifizierte Treugeber“, weil die Ausgestaltung ihrer Stellung nicht bloß auf schuldrechtlichen Vereinbarungen, sondern – wegen der bereits angesprochenen Verzahnung der Gesellschafts- und Treuhandverträge – auf dem Gesellschaftsvertrag selbst beruht. Dass dem Betroffenen einer solchen Datenverarbeitung gemäß Artikel 6 Abs. 1 S. 1 lit. b) DS-GVO auch kein Widerspruch hiergegen zusteht, hat bereits der Bundesgerichtshof entschieden.
Schließlich lag in dem vorliegenden Sachverhalt auch kein Fall des Rechtsmissbrauchs vor, der ausnahmsweise zur Verneinung des Auskunftsanspruchs geführt hätte. Selbst wenn nämlich die auskunftsbegehrende Klägerin (entsprechend ihrem Geschäftsmodell) die Adressen auch verwenden will, um ihren unmittelbaren und mittelbaren Mitgesellschaftern Kaufangebote für deren Anteile an der Publikums-KG zu unterbreiten, liegt hierin noch keine missbräuchliche Ausnutzung der Gesellschafterrechte, da es sich um eine Angelegenheit betreffend die beklagte Publikums-KG handelt. Hier schließt sich das Kammergericht einer Entscheidung des OLG München an.
Praxishinweis
Der vom Kammergericht entschiedene Fall macht einmal mehr deutlich, wie wichtig eine saubere Ausgestaltung der Rechte „mittelbarer“ Gesellschafter ist. Die konkreten Regelungen mögen freilich im Fall einer Publikums-KG in der Regel der Verhandlungsmacht des einzelnen Anlegers entzogen sein. Umso sorgfältiger muss seine Prüfung vor dem Eingehen der Beteiligung erfolgen, insbesondere dann, wenn es ihm auf bestimmte Rechte (hier: die Auskunft über die Identität der übrigen Investoren) gerade ankommt.
Eine vergleichbare Konstellation begegnet dem Berater übrigens in verschiedenen Treuhand- und Poolgestaltungen weit über Publikums-KGs hinaus. Immer dann, wenn die Zahl der Gesellschafter einen überschaubaren Kreis verlässt, wächst auch in Kapitalgesellschaften das Bedürfnis dafür, „eine weitere Ebene einzuziehen“. So ist auch im Bereich Venture Capital schon aus Praktikabilitätsgründen die „Poolung“ kleinerer Gesellschafter (insbesondere natürlich im Rahmen einer echten Mitarbeiterbeteiligung) eine übliche und sachlich gerechtfertigte Vorgehensweise. Hier stehen dann allerdings bei der Ausgestaltung der Rechte der mittelbaren Gesellschafter meist andere Gesichtspunkte im Vordergrund als die Frage der Identität der Mitgesellschafter. Auch diesbezüglich sollte bei der Vertragsgestaltung klar herausgearbeitet werden, welche konkreten Gesellschafterrechte die mittelbaren Gesellschafter eingeräumt bekommen sollen.
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