Feststellung der Gewinnbeteiligung bei Auflösung einer GbR
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Der Hintergrund: Auflösung einer GbR
Die beiden Beklagten und der Kläger waren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Nachdem es zwischen den Parteien zum Streit gekommen war, kündigte der Kläger den Gesellschaftsvertrag mit sofortiger Wirkung. Anschließend klagte er gegen seine Mitgesellschafter auf Feststellung, dass durch seine Kündigung die GbR aufgelöst worden sei sowie er und die Beklagten an dem bis zur Auflösung erzielten Gewinn zu gleichen Teilen beteiligt seien. Seine Feststellungsklage blieb zunächst erfolglos, weil das Berufungsgericht sie für unzulässig hielt.
Urteil des BGH vom 22.01.2019 (II ZR 59/18)
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zur Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Zur Begründung führte der BGH an, dass sowohl der Antrag auf Feststellung der Auflösung der GbR als auch der Feststellungsantrag hinsichtlich der Gewinnbeteiligung zu gleichen Teilen zulässig sei.
Anmerkung
Die Klage auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses ist ein beliebtes und in der Praxis häufig anzutreffendes Mittel, um noch nicht zu beziffernde Ansprüche schon einmal dem Grunde nach gerichtlich feststellen zu lassen und sich damit eine Rechtsposition so früh wie möglich zu sichern. Allerdings sind Feststellungsurteile – anders als klassische Leistungsurteile (z.B. auf Zahlung oder Vornahme einer Handlung) – nicht vollstreckbar. Deswegen sind Feststellungsklagen nur dann zulässig, wenn ein besonderes rechtliches Interesse an der baldigen Feststellung des streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses besteht (sog. Feststellungsinteresse); ist hingegen eine Klage auf Leistung möglich, ist diese vorrangig und eine Feststellungsklage unzulässig.
Der vom BGH entschiedene Fall betrifft die Möglichkeit einer Feststellungsklage im Zusammenhang mit der Beendigung einer GbR. Diese erfolgt regelmäßig in mehreren Schritten: auf die Auflösung der Gesellschaft (z.B. durch Gesellschafterbeschluss oder Kündigung eines Gesellschafters) folgt die Auseinandersetzung, bei welcher u.a. laufende Geschäfte beendet, Verbindlichkeiten erfüllt, Gegenstände zurückgegeben und der danach bestehende Überschuss an die Gesellschafter verteilt werden (diese Phase wird häufig auch als „Abwicklung“ oder „Liquidation“ bezeichnet). Während der Auseinandersetzung ist die separate Durchsetzung einzelner Ansprüche der Gesellschafter nicht möglich; diese werden nur als Rechnungsposten in der Schlussabrechnung berücksichtigt (sog. Durchsetzungssperre). Sobald die Auseinandersetzung abgeschlossen ist, ist die Gesellschaft beendet.
Den Gesellschaftern der GbR stehen in den verschiedenen Phasen der Gesellschaftsbeendigung unterschiedliche Möglichkeiten offen, ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft bzw. ihren Mitgesellschaftern geltend zu machen. Wie der BGH nun bestätigt hat, können auch nach Auflösung der GbR Ansprüche der Gesellschafter dem Grunde nach festgestellt werden, die der Durchsetzungssperre unterfallen (wie im Streitfall der Anspruch des Klägers auf Gewinnbeteiligung). Bedingung hierfür ist allerdings, dass die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs noch nicht vorliegen, d.h. insbesondere noch keine Auseinandersetzung erfolgt ist und keine Schlussabrechnung vorliegt, welche bezifferbare Zahlungsverpflichtungen ausweist. Für einen GbR-Gesellschafter bietet dies eine weitere, begrüßenswerte Möglichkeit, seine Ansprüche gegen die Gesellschaft oder Mitgesellschafter möglichst früh gerichtlich feststellen zu lassen.
Bereits bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen sollten die Modalitäten der Geltendmachung von möglichen Ansprüchen der Gesellschafter gegen die Gesellschaft (z.B. auf Gewinnbeteiligung) detailliert geregelt werden. So können Streitigkeiten und ein gerichtliches Vorgehen – sei es im Wege einer Feststellungs- oder Leistungsklage – und der damit einhergehende (Kosten-)Aufwand von vornherein vermieden werden. Dies gilt nicht nur für die GbR, sondern für alle Gesellschaftsformen.
Rechtsanwalt Dr. Stefan Lammel und Rechtsanwältin Tina Bieniek, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
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