Kunde darf Unternehmer in Internetbewertung nicht Betrüger nennen, sich aber betrogen fühlen
Der klagende Elektrounternehmer wurde im Frühjahr 2015 beauftragt, Arbeiten im Haus der ihm später im Internet bewertenden Kunden durchzuführen.
"Ich fühle mich betrogen"
Der Kunde war jedoch mit der Durchführung nicht zufrieden und verweigerte die Zahlung. Das LG Bremen sprach im August 2016 die geforderte Vergütung aber vollumfänglich dem klagenden Elektrounternehmen zu. Seinen Unmut wollte der Kunde aber zumindest im Internet zum Ausdruck bringen.
Negativ-Bewertung bei Google-Maps abgemahnt
Im Dezember letzten Jahres bewertete er die Arbeiten des Unternehmens unter Google-Maps wie folgt:
„Vorsicht Betrüger. Er schreibt niedrige Angebote, dann zockt er mit der Endabrechnung ab. Er will selbst für die beschaffene Material Geld verdienen. Preisleistung SEHR schlecht.“
Nachdem der Beklagte von der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben deshalb abgemahnt wurde, änderte er seine Bewertung:
„Vorsicht, ich fühle mich vom Elektro M… betrogen. Davor habe ich das Wort Betrüger geschrieben. Ich meine darunter: Pass auf das klein gedruckte im Angebot. Er schreibt niedrige Angebote, dann will er mit der Endabrechnung die Doppelte abkassieren. Er will selbst für die beschaffene Material Geld verdienen. Preis-Leistung sehr schlecht. Wegen meiner Äußerung hier bei Google versucht er durch seinen Anwalt, dass ich meine Bewertung ändere. Ich will ihn nicht beleidigen, sondern nur seine sehr schlechte Leistung bewerten.“
„Vorsicht Betrüger“ – Unterlassungsanspruch erfolgreich
Der daraufhin von der Klägerin gerichtlich geltend gemachte Unterlassungsanspruch hatte aber nur teilweise Erfolg.
Die Aussage „Vorsicht Betrüger. Er schreibt niedrige Angebote, dann zockt er mit der Endabrechnung ab“ sei vom Recht auf Meinungsäußerung nicht mehr gedeckt.
Es handele sich um eine inhaltlich unzutreffende Tatsachenbehauptung, welche auch geeignet sei, dem Geschäftsbetrieb der Klägerin zu schaden.
- Aufgrund ihres verleumderischen Inhalts müsse diese Äußerung auch nicht hingenommen werden, so das Amtsgericht Bremen.
- Entscheidend hierfür sei, dass nach dem objektiven Empfängerhorizont der Eindruck erweckt werde, es handle sich um eine strafrechtlich verurteilte Betrügerin.
Da der Beklagte rechtskräftig zur Zahlung der gesamten Vergütung verurteilt wurde, sei die Tatsachenbehauptung wissentlich falsch.
Welche Aussagen des enttäuschten Kunden sind zu dulden?
Hinsichtlich der weiteren Aussage
„Er will selbst für die beschaffene Material Geld verdienen. Preisleistung SEHR schlecht“
bestand kein Unterlassungsanspruch, da es sich um eine unbestrittene Tatsachenbehauptung handle. Die Klägerin räumte auf Nachfrage des Gerichts ein, dass sie zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis einen Aufschlag von bis zu 1/3 berechne.
Die Erklärung „Preisleistung SEHR schlecht“ sei hingegen eine bloße Meinungsäußerung. Nach Ansicht des Gerichts müsse derjenige, der eine Internetbewertung via Google ermöglicht, auch sehr kritische bis unfaire Bewertungen grundsätzlich dulden. Auch die weiteren Äußerungen habe die Klägerin (noch) hinzunehmen.
(AG Bremen, Urteil v. 31.08.2018, 9 C 45/18).
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Der BGH hatte bereits in seinem Urteil vom 23.06.2009 (VI ZR 196/08) über ein Onlinebewertungsportal von Lehrern (spickmich.de) entschieden, dass Bewertungsportale im Internet aus datenschutzrechtlicher Sicht grundsätzlich zulässig seien.
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