Neuregelungen zur Streitbeilegung für Verbrauchergeschäfte im Gesetzblatt
Der Aufbau eines EU-weiten Schlichtungsverfahrens zur Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten hat zumindest das Gesetzgebungsverfahren bewältigt. Es dauerte mit der nationalen Umsetzung der EU-Verordnung Nr. 524/2013 zur Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten. Danach sollen alle EU-Verbraucher eine nationale Schiedsstelle anrufen können, wenn sie mit einem Kauf / einer Dienstleistung unzufrieden sind.
Deutschland "hinten dran"
Nicht nur bemängeln Verbraucherschützer, das Schlichtungsverfahren seien zahnlos.
- Der deutsche Gesetzgeber geriet auch mit der Umsetzung im Verzug und der Aufbau und die Einrichtung der Schlichtungsstellen ist im Rückstand. Bei der Auswahl der nationalen Streitschlichtungsstellen prangt zwischen Dänemark und Estland eine Lücke.
- Das neue Recht sollte schon Anfang Juli 2015 verabschiedet worden sein.
- Nun ist es das "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten" erst am 25.2.2016 im BGBl veröffentlicht worden.
- Es tritt zu großen Teilen am 1.4.2016, in einzelnen Punkten erst am 1.2. 2017 in Kraft.
Wichtig: Die entsprechende Linkpflicht für Online-Händler besteht schon.
Günstige + schnelle Mediation bei Streit über Kauf oder Dienstleistung
Den Schwerpunkt des Gesetzespakets bildet das neue Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG), das insbesondere auch das Verfahren und die Besetzung der Schlichtungsstellen regelt. Daneben gibt es Anpassungen in diversen anderen Gesetzen.
- Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz soll Verbrauchern einen Zugang zu günstiger und schneller Mediation bei Streitigkeiten über gekaufte Waren oder Dienstleistungen bieten. Juristische Berufsverbände sorgen sich allerdings um die Qualität der Schlichtungen und Verbraucherschützer fürchten ein zahnloses Instrument.
- Dass es noch keine Schlichtungsstellen in Deutschland gibt, scheint ihnen Wasser auf die Mühlen zu liefern.
Mit ADR und ODR: Verbraucherschutz für Käufer verbessern
Die neuen Regeln für alternative Streitbeilegungsverfahren (Alternative Dispute Resolution = ADR) und Streitbeilegung bei Online-Verkäufen (Online Dispute Resolution = ODR) soll Verbrauchern langwierigen Gerichtsverfahren bei Streitigkeiten mit Verkäufern erspart werden. Rechtsgrundlage der Verbraucher-Streitschlichtung sind die Richtlinie 2013/11/EU und die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.05.2013.
Netz von Streitbeilegungs-Stellen
Die Mitgliedsstaaten der EU waren nicht nur verpflichtet, bis zum 9. Juli 2015 die Rechtsvorschriften zu erlassen, die erforderlich sind, um der Richtlinie 2013/11/EU umzusetzen. Außerdem sollten EU-Mitgliedstaaten bis Juni 2015 für beinahe alle Streitigkeiten, die Verbraucher betreffen, ein flächendeckendes Netz von Streitbeilegungsstellen für das Alternative Streitbeilegungsverfahren (ADR-Verfahren)zur Verfügung zu stellen.
Zwar hatten schon viele EU-Länder ADR-Verfahren doch es fehlten übergreifende gemeinsame Normen und das Schlichtungs-Angebot ist meiste unvollständig bzw. überlastet.
Alternative Schlichtungsstellen mit neutralen Mediatoren für alle Branchen
Die ADR-Richtlinie fordert , in allen EU-Staaten ADR-Stellen mit neutralen Mediatoren für alle Branchen der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen.
- Kern des VSBG ist die Regelung der Tätigkeit privater und behördlicher Verbraucherschlichtungsstellen.
- Sie müssen Streitmittler mit Rechtskenntnissen einsetzen, die in den drei Jahren vor ihrer Bestellung keinen unternehmerischen Bezug hat.
- Verbrauchern werden durch die Schlichtungsstellen außergerichtliche Lösungen für Beschwerden über Waren oder Dienstleistungen geboten, die online oder in einem Laden, im Ausland oder im eigenen Land gekauft wurden.
- Die Streitigkeiten nach dem ADR-Verfahren sollten in höchstens 90 Tagen beigelegt werden und für Verbraucher vorzugsweise kostenlos oder gegen eine Schutzgebühr ablaufen.
Auswirkung in der Praxis: Informationspflichten zur Schlichtung
Für Unternehmer wichtig: Die Information, die Linkpflicht und die Teilnahme an der Streitschlichtung.
Rechtsanwaltskammer fordert Qualitätsstandards für Schlichtungsstellen
In ihrer Stellungnahme hat die Bundesrechtsanwaltskammer gefordert, dass verantwortliche„Streitmittler“ (§ 5 VSBG-E) Qualitätsstandards erfüllen, damit die daußergerichtlichen Streitbeilegung die notwendige Akzeptanz beim Verbraucher und Unternehmer findet.
Hier geht es zu Schlichtung.
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