Rolle der Gesellschafterversammlung als Willensbildungsorgan

Die Gesellschafterversammlung ist für den Abschluss einer Vereinbarung zwischen der GmbH und einem Dritten über die Vergütung von Geschäftsführertätigkeiten zuständig.

Hintergrund

Der Geschäftsführer der beklagten GmbH hatte mit der Klägerin, ebenfalls einer GmbH, eine Vereinbarung getroffen, wonach die Beklagte der Klägerin einen Mitarbeiter zur Verfügung stellte, der als (weiterer) Geschäftsführer der Klägerin tätig werden sollte. Gegenstand dieser Vereinbarung war auch die Vergütung für diese Geschäftsführertätigkeiten. Seitens der Klägerin hatte deren Geschäftsführer die Vereinbarung abgeschlossen; die Gesellschafterversammlung der Klägerin hatte bei dem Vertragsschluss nicht mitgewirkt. Die Klägerin machte mit ihrer Klage die Rückzahlung der an die Beklagte geleisteten Vergütung geltend, da die zugrunde liegende Vereinbarung unwirksam und die Zahlung somit ohne Rechtsgrund erfolgt sei.

Das Urteil des BGH vom 14.05.2019, Az. II ZR 299/17

In seiner Entscheidung befasste sich der BGH mit zwei praxisrelevanten Fragen des GmbH-Rechts: (1.) der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung für Vereinbarungen über die Anstellung und Vergütung von Geschäftsführern und (2.) der Prozessfähigkeit der GmbH nach Abberufung ihres Geschäftsführers.

Der BGH entschied, dass die vom Geschäftsführer der Klägerin abgeschlossene Vereinbarung unwirksam sei. Für den Abschluss einer Vereinbarung über die Vergütung eines (weiteren) Geschäftsführers sei die Gesellschafterversammlung der GmbH ausschließlich zuständig. Hierfür sei ein Beschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin erforderlich. Dies gelte auch für die Vereinbarung mit einem Dritten (hier: der beklagten GmbH), die die Überlassung von Mitarbeitern zwecks Übernahme von Geschäftsführertätigkeiten für eine GmbH zum Gegenstand hat.

Nach § 46 Nr. 5 GmbHG sei für die Bestellung, Abberufung und Entlastung von Geschäftsführern die Gesellschafterversammlung zuständig. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. zuletzt Urteil vom 03.07.2018, Az. II ZR 452/17) folge daraus als sog. Annexkompetenz die Zuständigkeit für den Abschluss des Dienstvertrags des Geschäftsführers. Dies gelte auch für eine sonstige Vereinbarung über die Vergütung von Geschäftsführertätigkeiten. Der Geschäftsführer einer GmbH sei nicht befugt, eine solche Vergütungsvereinbarung zu treffen. Dies sei von seiner gesetzlichen Vertretungsmacht nach § 35 Abs. 1 GmbHG nicht umfasst. Vielmehr sei allein die Gesellschafterversammlung zuständig.

In seinem Urteil befasste sich der BGH auch mit der Prozessfähigkeit einer GmbH (nämlich der Klägerin), deren alleiniger Geschäftsführer nach Behauptung der Beklagten vor Klageerhebung abberufen worden war. Ohne Geschäftsführer sei die Klägerin jedoch nicht prozessfähig. Die Klägerin und das Oberlandesgericht meinten demgegenüber, darauf, ob tatsächlich ein wirksamer Abberufungsbeschluss vorliege, was die Klägerin bestritt, komme es nicht an, da der (angeblich) abberufene Geschäftsführer jedenfalls noch im Handelsregister eingetragen sei.

Der BGH entschied, das Gericht habe die Prozessfähigkeit in jedem Stadium von Amts wegen zu berücksichtigen, nicht nur in der ersten Instanz, sondern auch in der Berufungs- und Revisionsinstanz. Das Wirksamwerden der Abberufung des Geschäftsführers sei nicht von der Eintragung im Handelsregister abhängig; die Abberufung werde vielmehr bereits mit Bekanntgabe des Beschlusses der Gesellschafterversammlung an den Geschäftsführer wirksam. Die anschließende Eintragung im Handelsregister sei lediglich deklaratorisch. Die Klägerin könne sich auch nicht auf den Gutglaubensschutz nach § 15 HGB berufen; diese Vorschrift diene nur dem Schutz Dritter. Die Klägerin, um deren eigene Vertretung es gehe, sei jedoch kein Dritter. Sie könne sich in Fragen, die sie selbst beträfen, daher grundsätzlich nicht auf die Publizität des Handelsregisters berufen. Zur Prüfung der Prozessfähigkeit der Klägerin verwies der BGH das Verfahren an das Oberlandesgericht zurück.

Anmerkung

In Fortführung seiner ständigen Rechtsprechung bestätigt der BGH (1.) die im GmbH-Gesetz verankerte Stellung der Gesellschafterversammlung als oberstes Willensbildungsorgan und (2.) die rein deklaratorische Bedeutung der Eintragung des Geschäftsführers im Handelsregister.

Um Gleichlauf zwischen der Bestellung des Geschäftsführers als Organ einerseits und seiner Anstellung im Rahmen eines Dienstvertrags anderseits zu gewährleisten, ist die Gesellschafterversammlung auch für den Abschluss einer Vereinbarung über den Aufwendungsersatz für externe Mitarbeiter zuständig, die einer GmbH als (weitere) Geschäftsführer zur Verfügung gestellt werden.

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