Schutz der Einbruchdiebstahlversicherung nach Umzug verloren

Die vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorkehrungen der Einbruchdiebstahlsversicherung gelten auch weiter, wenn in ein neues Gebäude umgezogen und der Vertrag "umgedeckt" wurde. Die Versicherung muss den Versicherungsnehmer darauf nicht gesondert hinweisen. Ist das neue Gebäude schlechter gesichert, kann der Versicherungsschutz entfallen.

Ein Unternehmen hatte für eine Lagerhalle eine Einbruchdiebstahlversicherung abgeschlossen. In den Versicherungsbedingungen war unter anderem geregelt, dass das Gebäude über eine feste Bauweise verfügen und die Türen mit bündigen Zylinderschlössern ausgestattet sein müssen. Die Gewerbespezialversicherung wurde Mitte September 2015 mit einer Deckungssumme von 80.000 Euro für den Versicherungsort so policiert.

Umdeckung der Police nach Umzug in eine andere Gewerbeimmobilie

Eineinhalb Monate nach Abschluss der Police mietete die GmbH eine andere Lagerhalle an. Bei dem für die beklagte Versicherung tätigen Versicherungsvertreter wurde die Umdeckung der Police auf den neuen Versicherungsort beantragt. An sich wäre dies kein Problem, doch die neue Lagerhalle erfüllte nicht die im ursprünglichen Versicherungsvertrag festgeschriebenen „Mindestanforderungen an Einbruchdiebstahl“. Sie war, anders als die Halle zuvor, aus Holz und Wellblech gefertigt. Außerdem waren die Türen nicht mit Zylinderschlössern, sondern nur mit einfachen Buntbartschlössern mit zusätzlich angebrachten Scharnierschlössern gesichert.

Versicherung zahlte nicht, weil Sicherheitsvorkehrungen nicht den Mindestanforderungen entsprachen

Nach einem Einbruch in die neue Lagerhalle im April 2016 forderte der Kläger von der Versicherung Entschädigungsleistungen für entwendete Waren und Betriebsgüter. Die Versicherung weigerte sich zu zahlen und verwies darauf, dass die Sicherheitsvorkehrungen der neuen Halle nicht den Anforderungen entsprochen hätten.

Versicherungsvertreter sah keinen Bedarf, die Sicherheitsvorkehrungen des neuen Standorts zu überprüfen

Das Unternehmen rechtfertigte sich damit, dass es den Versicherungsvertreter vor der beantragten Umdeckung des Versicherungsortes gefragt habe, ob das neue Lager zum Zweck der Überprüfung der verlangten Sicherheitsanforderungen noch besichtigt werden müsse. Der Versicherungsvertreter habe daraufhin mitgeteilt, dass die Umdeckung problemlos möglich sei. Eine neuerliche Prüfung der Voraussetzungen sei nicht notwendig. Der Kläger müsse nichts Weiteres veranlassen.

Vertragliche Obliegenheiten vorsätzlich verletzt

Der Kläger brachte vor, dass er sich auf die Aussagen des Versicherungsvertreters verlassen habe und er diesen so verstanden habe, dass die Deckung ungeachtet der Sicherheitsanforderungen fortbestehen solle. Das überzeugte das LG Köln nicht. Es entschied, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der geforderten Entschädigungssumme hat. Die Versicherungsnehmerin, die GmbH, habe vorsätzlich versicherungsvertragliche Obliegenheiten verletzt. Die Versicherung sei nach den vertraglichen Bestimmungen leistungsfrei geworden (§ 28 Abs. 2 S. 1 VVG).

Sicherheitsanforderungen bleiben mit Wechsel des Versicherungsortes bestehen

Die Aussagen des Versicherungsvertreters, dass im Rahmen des Wechsels des Versicherungsortes keine besonders zu beachtenden Sicherheitsanforderungen gelten, könne nur in dem Sinne verstanden werden, dass über die ohnehin geltenden Sicherheitsanforderungen mit dem Wechsel des Versicherungsortes keine neuen, „besonderen“ Anforderungen hinzutreten.

Der Versicherungsvertreter der beklagten Versicherung war auch nicht verpflichtet, den Kläger – den Geschäftsführer der Versicherungsnehmerin – darauf hinzuweisen, dass auch an dem neuen Versicherungsstandort die alten Sicherheitsanforderungen fortbestehen. Davon war ohne Weiteres auszugehen, so das Gericht. Unter keinen Umständen konnte der Versicherungsnehmer diese Aussage so verstehen, als müsse die neue Halle keine Sicherheitsstandards mehr erfüllen und Deckungsschutz würde unabhängig von den Sicherheitsstandards bestehen.

Zum Thema Vorsatz führte das Gericht aus:

  • Vorsatz i.S. von § 28 Abs. 2 S. 1 VVG liegt vor, wenn dem Versicherungsnehmer die Verhaltensnorm bekannt ist und er sie verletzen will (vgl. BGH, Urteil v. 2.6.1993, IV ZR 72/92).
  • Für den Vorsatz genügt es, wenn der Versicherungsnehmer erkennt, dass sein Verhalten gegen eine Obliegenheit verstoßen kann und er sich von dieser Erkenntnis nicht beeinflussen lässt, sondern handelt (oder etwas unterlässt) und dabei in Kauf nimmt, dass die Obliegenheit verletzt wird.
  • Auch dieser bedingte Vorsatz genügt, um die Sanktion des § 28 VVG auszulösen.

Versicherungsnehmer muss eigenen Vertrag lesen – keine Beratungspflicht der Versicherung

Das Gericht wies überdies darauf hin, dass erwartet werde, dass der Versicherungsnehmer seinen eigenen Vertrag lese. Der Antrag der GmbH auf Umdeckung betraf lediglich die Änderung des Versicherungsstandortes, gerade unter Beibehaltung sämtlicher anderen Bedingungen. Insoweit bestand für die Versicherung auch kein Anlass zur Beratung i.S. von § 6 Abs. 5 VVG.

Dass diese „Mindestanforderungen“ nun nicht mehr gelten sollten, wäre in hohem Maße implausibel und geradezu abwegig, was jedem einleuchtet, da es das Geschäftsmodell eines jeden Versicherers ist, nur beherrschbare und begrenzbare Risiken zu versichern. Dass der Kläger nicht wissentlich und willentlich gegen die ihm bekannten Vorgaben bei der Sicherung der neuen Lagerhalle verstoßen haben will, wertet die Kammer nach alledem als bloße Schutzbehauptung.

Danach sei das Handeln des Versicherungsnehmers zumindest bei Verletzung der Obliegenheit zumindest bedingt vorsätzlich.

(LG Köln, Urteil v. 30.9.2020, 20 O 355/19).

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Hintergrund: Obliegenheiten im Versicherungsrecht

Es wird zwischen gesetzlichen und vertraglichen Obliegenheiten unterschieden. Die gesetzlichen Obliegenheiten sind im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelt. Sie gelten für alle Versicherungssparten.

Gesetzlichen Obliegenheiten:

Die wichtigsten gesetzlichen Obliegenheiten sind die vorvertragliche Anzeigepflicht (§§ 16 bis 22 VVG), Unterlassungs- und Anzeigepflichten im Zusammenhang mit einer Gefahrenerhöhung (§§ 23-30 VVG), die Obliegenheit zur Anzeige eines Versicherungsfalls (§ 33 VVG) und die Auskunfts- und Belegpflicht (§ 34 VVG).

Vertragliche Obliegenheiten:

In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) werden die vertraglichen Obliegenheiten vereinbart. § 28 Versicherungsvertragsgesetz regelt die Rechtsfolgen, die eintreten können, falls eine vertragliche Obliegenheit verletzt wird. Obliegenheiten müssen transparent formuliert sein (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer deutlich erkennen kann, was von ihm verlangt wird und unter welchen Umständen er seinen Versicherungsschutz verlieren kann. Zudem dürfen Obliegenheiten den Versicherungsnehmer nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 2 BGB).


Schlagworte zum Thema:  Diebstahl, Versicherungsschutz