Gemeinnützigkeit: Kabinett will Ehrenamt und nebenberufliche Übun

Das Bundeskabinett hat am 24.10.2012 dem neuen umfangreichen Entwurf eines "Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamts" zugestimmt.

Damit ist der Weg frei für die Einbringung in die parlamentarischen Gremien im Bundestag/Bundesrat. Dieses recht komplexe Gesetzespaket lief zunächst unter der sprachlich nicht einfachen Bezeichnung eines "Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetzes“" Es wurde jetzt gegenüber dem Referentenentwurf nochmals inhaltlich wesentlich erweitert.

Dieses neue Gesetzespaket soll bereits zum 01.01.2013 – unabhängig vom laufenden Jahressteuergesetz 2013 – die Vereinsbesteuerung sowie das Gemeinnützigkeitsrecht in vielen Bereichen verbessern. Zudem wird auch das geltende Vereinsrecht im BGB gravierend geändert. Begrüßenswert ist dabei die Beschränkung des persönlichen Haftungsrisikos für Vereinsorgane und im Auftrag des Vereins engagierte tätige Vereinsmitglieder bei leicht fahrlässiger Schadensverursachung. Gleich mitberücksichtigt werden auch SGB-Änderungen zur Einkommensanrechnung wegen der Freibetragserhöhung bis hin zur Änderung des GmbH-Gesetzes mit der künftig weiterhin zulässigen Firmierung als „gGmbH“.

Die konkreten Fakten

Der komplexe Gesetzentwurf – die BT-Drucksache als Beratungsgrundlage – sieht mit der notwendigen Änderung zahlreicher Einzelgesetze inhaltlich folgende wesentliche Grundsätze vor:

  • Anhebung des Übungsleiterfreibetrags von bisher 2.100 Euro auf 2.400 Euro bei gleichzeitiger Anhebung des Ehrenamtsfreibetrags von bisher 500 Euro auf 720 Euro. Somit wären ab Anfang 2013 als ÜL-Vergütung steuer- und sozialversicherungsfrei monatlich 200 Euro und 60 Euro für nebenberuflich beschäftigte Vereinshelfer, auch für gezahlte Vorstandsvergütungen (Sitzungsgelder, Aufwandsentschädigungen) etc. im steuerbegünstigten Bereich möglich.
  • Anhebung der Zweckbetriebsgrenze (Umsatzgrenze für die Klassifizierung von sportlichen Veranstaltungen eines Sportvereins) von bisher 35.000 Euro auf 45.000 Euro für sportliche Veranstaltungen/bei Mitwirkung bezahlter Sportler oder wirtschaftlicher Betätigung und Einnahmen mit Zuordnung zum Zweckbetrieb (§ 67a AO). Diese Verbesserung kann sich auch auf den Einsatz von ehrenamtlichen Helfern auswirken und bei Einhaltung der neuen Freigrenze die Sportvereine von der komplizierten Aufteilung der Ausgaben zwischen steuerpflichtigem und steuerfreiem Bereich befreien.
  • Zahlreiche Änderungen zum geltenden Spendenrecht: Für Sachspenden wird zunächst klargestellt, dass die Umsatzsteuer für Betriebsspenden bei Entnahmen aus dem Betriebsvermögen des Spenders betragsmäßig mit berücksichtigt werden darf (§ 10b EStG). Zudem gibt es eine Haftungsentschärfung bei der Spendenhaftung: Nur wer grob fahrlässig oder vorsätzlich die zweckentfremdete Verwendung (damit eben nicht für steuerbegünstigte Zwecke) von erhaltenen Spendenmittel beim Verein veranlasst hat, soll künftig persönlich dafür noch haften (§ 10b Abs. 4 EStG -neu-).

Neue Vorgaben zur zeitlichen Ausstellungsberechtigung bei Spendenbescheinigungen für gemeinnützige Körperschaften: Drei Jahre ab Datum des letzten Körperschaftsteuerbescheids mit Anlagen, zwei Jahre für den Fall, dass etwa bei Neugründungen noch kein Freistellungsbescheid vorliegt. Neue Verfahrensvorgaben zur Feststellung des Gemeinnützigkeitsstatus: Auf Antrag kann sich jeder Verein die Feststellung holen, dass die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit vorliegen, quasi eine "amtliche" Auskunft dazu (§ 60a AO -neu-) sofort erhalten. Diese Feststellung hat dann Bindungswirkung für das Besteuerungsverfahren beim Verein. Zudem stärkt das auch die Position von Spendern, wenn Spenden im Vertrauen auf den Gemeinnützigkeitsstatus bereits geleistet wurden. Es wird nun auch die verfahrensrechtliche Möglichkeit eröffnet, bei Ablehnung des Gemeinnützigkeitsstatus durch das FA direkt gegen den ablehnenden Verwaltungsakt Rechtsbehelfe (Einspruch, FG-Klage etc.) einzulegen. Das bisherige Verwaltungsverfahren mit der Erteilung einer vorläufigen Bescheinigung bei Vereinsneu-gründungen entfällt damit künftig (§ 63 Abs. 5 AO -neu-).

  • Umfangreiche Neu-Vorgaben und Erleichterungen für die Bildung von notwendigen Kapitalreserven über die zulässige Rücklagenbildung: Künftig können freie Rücklagen, die noch nicht gebildet wurden, noch zwei Jahre nachträglich eingestellt werden. Wird bei Überprüfungen festgestellt, dass gebildete Rücklagen noch nicht verwendet wurden, muss nach Fristsetzung durch das FA diese Kapitalreserve innerhalb eines weiteren möglichen Zeitraums von allenfalls zwei Jahren verwendet werden (§ 63 Abs. 4 AO-neu-).

Zudem wird der allgemeine Zeitraum zur zulässigen Mittelverwendung auf einen 2-Jahres-Zeitraum erweitert (statt wie bisher nur für das Folgejahr), wenn Überschüsse im ideellen Bereich erzielt wurden und beim gemeinnützigen Verein jeweils zum Jahresende als Kapitalreserve vorhanden sind (§ 63 Abs.4 Satz 2-neu-).

Über die vorhandene Verwaltungsvorgabe im AO-Anwendungserlass hinaus soll nun auch eine gesetzliche Grundlage und Regelung für die neue Wiederbeschaffungsrücklage in der Abgabenordnung herbeigeführt werden. Danach kann diese Rücklage für Ersatzinvestitionen, z.B. Kauf von Fahrzeugen, durch einen Betrag in Höhe der üblichen steuerlichen Absetzung für Abnutzung (AfA) der Rücklage zugeführt werden. Wenn höhere Beträge geplant sind, ist die Notwendigkeit hierfür darzulegen (§ 62 Abs.1 Nr. 2-neu-).

  • Vereinfachungen mit Definitionen zur wirtschaftlichen Bedürftigkeit und Beurteilung der wirtschaftlichen Notlage für Mittelgewährung durch mildtätige Vereine/ Körperschaften (§ 53 AO). Mit künftig erleichterter Überprüfung der wirtschaftlichen Notlage nach § 53 AO bei Leistungsbezug/Förderung durch mildtätige Vereine/ Organisationen, wenn hierfür z.B. der Behörden-Leistungsbescheid für Sozialleistungen als geeigneter Nachweis statt bisher notwendiger Einkommenseinzelabfragen vorgelegt wird.
  • Neuvorgaben für Stiftungen bei Vermögenszuführung an Stiftungen u.a. mit der Verdoppelung des Spendenvolumens bis zu 2 Mio. Euro für zusammen veranlagte Ehegatten (§ 10b Abs. 1a EStG -neu-) sowie zur Mittelverwendung für Verbrauchsstiftungen (§ 10b Abs.1a Satz 2 EStG-neu-).

Kostenaufwand: Die geschätzten Steuermindereinnahmen belaufen sich nach BMF-Angaben auf durchschnittlich 110 Millionen Euro pro Veranlagungsjahr.

Weitere wichtige, in dieses Ehrenamtspaket eingebundene, ergänzende Gesetzesänderungen:

  • Vereinsrechtliche Änderungen im BGB: Aufgenommen und erweitert beim Personenkreis wurde über § 31a BGB -neu- die persönliche Haftungsbegrenzung und möglicher Freistellungsanspruch künftig für alle nach der Satzung bestimmten Organmitglieder sowie die besonderen Vertreter. Schon bisher gab es bereits diese Haftungserleichterungen, wenn auch etwas eingegrenzt, nur für Vorstandsmitglieder. Gleichzeitig wurde durch die Anhebung des Ehrenamtsfreibetrags die (unschädliche) Vergütungsgrenze als eine der Voraussetzungen für das entschärfte Haftungsrisiko auf 720 Euro jährlich angehoben. Wobei dieses Haftungsprivileg bei leicht fahrlässig verursachten Schäden beim Verein, mit dem Freistellungsanspruch bei Haftungsinanspruchnahme von Dritten, auch für Organmitglieder in Stiftungen gilt (86 Satz 1 BGB).
  • Da häufig auch weitere Vereinsmitglieder sich für den Verein engagieren, neben diesen Organmitgliedern/dem Kreis der Vorstandschaft auch unentgeltlich Aufgaben übernehmen, wird künftig über § 31b BGB –neu- sichergestellt, dass in gleichem Umfang wie für berufene/gewählte Vorstandsmitglieder diese besondere Haftungsbeschränkung gegenüber dem Verein, zudem auch als Haftungsfreistellungsanspruch bei Schädigung Dritter gilt. Voraussetzung: Es werden dabei satzungsmäßige Aufgaben verrichtet, also alle beauftragten Tätigkeiten im Rahmen des Vereinszwecks, die dem Verein obliegen. Diese Vereinsaufgaben müssen unentgeltlich ausgeführt werden oder bei geringen Vergütungen darf der Jahresbetrag von 720 Euro nicht überschritten werden.
  • Zudem wird über § 27 Absatz 3 BGB -neu- nun ausdrücklich im BGB der Grundsatz aufgenommen, dass bei Vorstandsmitgliedern stets von einer unentgeltlichen Tätigkeit auszugehen ist. Es bleibt aber weiterhin die Möglichkeit, dass man abweichend hiervon über eine Satzungsermächtigung ausdrücklich festlegen kann, dass Vorstände angemessene Aufwandsentschädigungen/Vergütungen erhalten können.
  • Klarstellung für die gemeinnützige GmbH: Über eine Ergänzung von § 4 Satz 2 GmbH -neu- wird sichergestellt, dass Gesellschaften mit beschränkter Haftung – die steuerbegünstigte Zwecke nach §§ 51-68 AO verfolgen – weiterhin die in der Praxis übliche Firmierung „ gGmbH“ nutzen dürfen.

Als Alternative für eine auch mögliche sprachliche Langfassung bei der Firmierung, wie z.B. XYZ gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder XYZ gemeinnützige GmbH. Der Buchstabe "g", der kein besonderer Rechtsformzusatz ist, wird damit als zulässige Abkürzung akzeptiert.

  • Anpassung sozialrechtlicher Regelungen wegen der Freibetragserhöhung: Durch die Änderung von § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II, § 82 Abs. 3 Satz4 SGB XII wird nun festgelegt, dass monatliche gezahlte Vergütungen für steuerbegünstigte Tätigkeiten im gemeinnützigen Verein künftig bis zu 200 Euro, statt wie bisher 175 Euro anrechnungsfrei bleiben. Das gilt als begünstigtes Einkommen bei Hartz IV-Bezug bzw. gewährten Sozialhilfeleistungen. Eine vergleichbare Erhöhung und dann verbesserte Anrechnungsfreiheit gibt es zudem über die Änderung der jeweiligen Verordnungen beim Bezug von Arbeitslosengeld II.

Kurz zusammengefasst

Dieses recht umfangreiche Reformpaket bringt für steuerbegünstigte Körperschaften zahlreiche Vereinfachungen bei den Nachweispflichten, Verbesserung bei der Rücklagenbildung für Kapitalreserven sowie eine begrüßenswerte Anhebung der geltenden persönlichen Steuerfreibeträge für Vergütungsempfänger, wenn diese sich für ihre gemeinnützigen Vereine/Verbände und Körperschaften engagieren.

Begünstigt werden außerdem Stiftungen durch verbesserte Spendenabzugsmöglichkeiten für Ehegatten, u.a. Spenden bei Zusammenveranlagung in den Vermögensstock einer Stiftung sind bis zu 2 Mio. Euro möglich. Damit wird der oft nicht einfach zu führende Nachweis für Spenden aus dem gemeinsamen Vermögen bzw. getrennt für jeden Ehegatten erleichtert. Die Frist für Vermögenszuführungen aus Erträgen bei neugegründeten Stiftungen (Verbrauchsstiftung) wird zudem verlängert.

Erfreulich ist weiterhin, dass man auch über gebotene ergänzende SGB-Änderungen sofort wegen der Auswirkungen auf die Erhöhung des Übungsleiterfreibetrags reagiert, so dass u.a. auch viele Hartz IV-Bezieher beim Engagement für gemeinnützige Vereine künftig bis zu 200 Euro anrechnungsfrei erhalten könnten. Wobei am Grundsatz der monatlichen Einkommensanrechnung weiterhin festgehalten wird.

Recht kurzfristig, und das abweichend vom Referenten-Entwurf des Bundesfinanzministeriums, nimmt man in diese "Paketlösung" neben den steuerlichen Vorgaben auch gravierende vereinsrechtlichen Änderungen hinzu. Wobei vor allem die nun umgesetzte Neuregelung zu § 31b BGB und das damit bezweckte besondere Haftungsprivileg auch auf ehrenamtlich engagierte Vereinsmitglieder erweitert wird. Damit eine positive eigene Risikoabsicherung für viele im Ehrenamt tätige Mitglieder bei möglichen Fehlern und Schadensverursachung herbeigeführt wird. Es geht hierbei um den großen Personenkreis, der nicht den Vereinsorganen/ der Vorstandschaft angehört und dennoch im Auftrag ihres Vereins unentgeltlich bzw. mit moderaten Aufwandsentschädigungen/ Vergütungen unter 720 Euro pro Jahr liegt. Auch für diese Haftungsfreistellung bei leicht fahrlässiger Schadensverursachung muss die ausgeübte Tätigkeit vom Vereinszeck abgedeckt und der Nachweis einer Aufgabenübertragung möglich sein.

Gleichzeitig wurde die bereits bestehende Regelung nach § 31 a BGB über den bisher abgegrenzten Kreis im Vorstandsbereich hinaus auf alle ehrenamtlich tätigen Organmitglieder und besonderen Vertreter erweitert. Wobei von diesem besonderen Haftungserleichterungen nach §§ 31a, 31b BGB durch individuelle Satzungsregelungen (entsprechend § 40 BGB) nicht abgewichen werden darf, da zwingendes Recht.

Hinweis

Der nun im BGB ausdrücklich aufgenommene Grundsatz nach § 27 BGB -neu-, dass Vorstandsmitglieder stets unentgeltlich tätig werden, muss für Satzungsregelungen beachtet werden!

Im Einklang mit den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben bedarf es somit weiterhin einer besonderen Satzungsermächtigung, wenn für Vorstandsmitglieder abweichend hiervon eine Vergütung (Sitzungsgeld, Aufwandsentschädigung) gezahlt werden soll.

Notwendig ist somit weiterhin zunächst eine von diesem Grundsatz abweichende konkrete Satzungsregelegung und Ermächtigung, bevor Sitzungsgelder/Vergütungen etc. an ehrenamtliche Führungskräfte im Vorstandsbereich gezahlt werden können.

Einschätzung

Man wird davon ausgehen können, dass während des Gesetzgebungsverfahrens nur noch geringfügige Änderungen/ Neuvorschläge hinzukommen werden. Da mit der geplanten Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen das Ehrenamt gestärkt werden soll, kann wohl mit einem parteienunabhängigen und übergreifenden politischen Konsens auf Bundestags-/Bundesratsebene gerechnet werden. Allerdings werden sich die parlamentarischen Beratungen zeitlich noch hinziehen, möglicherweise wird erst im März 2013 die notwendige abschließende Bundesratssitzung stattfinden.

Dennoch soll es beim beabsichtigten rückwirkenden Geltungszeitpunkt, vor allem der steuerlichen Vorgaben zum 1. Januar 2013 bleiben. Die vereinsrechtlichen/ zivilrechtlichen Änderungen werden hingegen erst am Tage nach der Verkündung der Gesetzesänderungen in Kraft treten können.

Tipp für gemeinnützige GmbHs

Durch Rechtsprechungsvorgaben gab es häufig Handlungsbedarf, wenn man bisher mit „gGmbH“ firmiert hat. Vielfach verlangen die Registergerichte auch bei bestehenden gemeinnützigen GmbHs eine Streichung dieses Zusatzes bzw. dieser Abkürzung. Geändert werden soll auch das GmbH-Gesetz. Der bekannte Zusatz bleibt wie bisher weiterhin zulässig. Bei anstehenden Änderungen des Gesellschaftsvertrages und bei etwaigen Beanstandungen durch die Registergerichte sollte man das Verfahren ggf. ruhen lassen, bis diese Gesetzesänderung vollzogen ist.

Das wurde im Gesetzentwurf nicht berücksichtigt!

Bisher noch kein Thema im Gesetzgebungsverfahren ist die häufig von der Vereinspraxis geforderte Anhebung der bisher geltenden Freigrenze für Einnahmen im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in Höhe von derzeit 35.000 Euro jährlich. Die Freigrenze von 35.000 Euro im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gilt damit weiterhin unverändert!


Schlagworte zum Thema:  Gemeinnützigkeit, Verein, Ehrenamt, Übungsleiter