Gemeinsame EU-Liste nicht kooperativer Steuergebiete
Nun ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten zu entscheiden, welche Länder in den nächsten Monaten genauer überprüft werden sollten, um gezielt jene Länder zu ermitteln, die sich nicht an die Regeln im Steuerbereich halten.
Im Januar 2016 startete die Kommission im Rahmen ihrer umfassenderen Agenda zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung einen dreistufigen Prozess zur Erstellung der gemeinsamen EU-Liste. Eine gemeinsame EU-Liste nicht kooperativer Steuergebiete wird im Umgang mit Drittländern, die sich weigern, internationale Standards für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich einzuhalten, sehr viel mehr Gewicht haben als der derzeitige Flickenteppich nationaler Listen. Außerdem werden durch eine EU-Liste aggressive Steuerplaner davon abgehalten, die Inkongruenzen zwischen den verschiedenen nationalen Regelungen zu missbrauchen.
Ziel ist die Veröffentlichung einer endgültigen Liste nicht kooperativer Steuergebiete bis Ende des Jahres 2017. Die Mitgliedstaaten haben bereits ihre Unterstützung für dieses Verfahren signalisiert, das auch vom Europäischen Parlament nachdrücklich befürwortet wird.
Der für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll zuständige Kommissar Pierre Moscovici erklärte:
"Die EU nimmt ihre internationalen Verpflichtungen für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich sehr ernst. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass wir dies auch von unseren internationalen Partnern erwarten. Wir wollen mit ihnen faire und offene Diskussionen zu jenen Steuerfragen führen, die uns in einer globalisierten Welt alle betreffen. Mit dieser EU-Liste werden wir ein Mittel im Umgang mit Ländern in der Hand haben, die sich nicht an die Regeln halten."
Wie das Scoreboard entwickelt wurde
Durch das Scoreboard der Kommission sollen die Mitgliedstaaten einfacher diejenigen Drittländer bestimmen können, mit denen die EU einen Dialog über Fragen des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich einleiten sollte. Es dient dazu, diesem Dialog den Weg zu ebnen und den Mitgliedstaaten fundierte Entscheidungen darüber zu ermöglichen, welche Länder zuerst überprüft werden sollten.
Alle Länder und Steuergebiete außerhalb der EU wurden analysiert, um das jeweilige Risiko der Begünstigung von Steuervermeidung zu ermitteln. Diese Voruntersuchung basierte auf einem breiten Spektrum neutraler und objektiver Indikatoren, darunter Daten zu Wirtschafts- und Finanztätigkeiten, institutionellen und rechtlichen Strukturen sowie den grundlegenden Standards für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich.
In einem ersten Schritt bietet das Scoreboard unter den drei neutralen Rubriken "wirtschaftliche Beziehungen zur EU", "Finanztätigkeiten" und "Stabilitätsfaktoren" Sachinformationen zu jedem Land. Jene Gebiete, die in diesen drei Rubriken häufig vertreten sind, werden anschließend anhand von Risikoindikatoren – hierzu zählen etwa ihr Transparenzgrad oder die Möglichkeit der Gewährung von Steuervergünstigungen – geprüft.
Die Voruntersuchung stellt weder eine Beurteilung der Drittländer noch eine vorläufige EU-Liste dar. Verschiedene Länder können aus unterschiedlichen Gründen bei den Indikatoren des Scoreboards weit oben liegen, auch wenn sie keinerlei Bedrohung für das Steueraufkommen der Mitgliedstaaten darstellen. Durch das Scoreboard können die Mitgliedstaaten jedoch gezielter Länder für eine eingehendere Überprüfung unter dem Aspekt des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich auswählen. Diese Überprüfung stellt den nächsten Schritt bei der Erstellung der EU-Liste dar. Die EU wird bei der Erstellung der Liste eng mit der OECD zusammenarbeiten und dabei auch die OECD-Bewertung der Transparenzstandards für Steuergebiete berücksichtigen.
Nächste Schritte
Die Voruntersuchung wurde den Experten aus den Mitgliedstaaten in der Gruppe "Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung)" des Rates am 14. September vorgelegt. Auf der Grundlage der Ergebnisse wird die Gruppe "Verhaltenskodex" die zu überprüfenden Steuergebiete auswählen. Diese Auswahl sollte vor Ende des Jahres von den Finanzministerinnen und Finanzministern gebilligt werden. Die Überprüfung der ausgewählten Länder wird voraussichtlich im Januar nächsten Jahres beginnen, damit eine erste EU-Liste nicht kooperativer Steuergebiete bis Ende des Jahres 2017 erstellt werden kann.
Hintergrund
Die Erstellung einer neuen EU-Liste ist Teil der EU-Kampagne gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung und dient der Förderung einer gerechteren Besteuerung innerhalb der EU und weltweit. Sie wurde im Januar 2016 von der Kommission in der externen Strategie für effektive Besteuerung vorgeschlagen und im Mai von den EU-Finanzministerinnen und -ministern gebilligt. Auch das Europäische Parlament hat wiederholt seine Unterstützung für eine Listenerstellung auf EU-Ebene zum Ausdruck gebracht.
Die externe Strategie bietet ein klar definiertes, faires und objektives EU-Verfahren zur Listenerstellung, das auf drei Schritten beruht:
- Scoreboard: Die Kommission erstellt ein neutrales Scoreboard mit Indikatoren, anhand derer sich bestimmen lässt, wie hoch das mögliche Risikolevel der Steuervermeidung in den Steuersystemen der verschiedenen Drittländer ist. Die Kommission legt den Experten der Mitgliedstaaten die Ergebnisse des Scoreboards im Rahmen der Gruppe "Verhaltenskodex" im Rat vor.
- Screening: Auf der Grundlage der Ergebnisse des Scoreboards entscheiden die Mitgliedstaaten, welche Drittländer offiziell von der EU überprüft werden sollten. Die Überprüfung der Standards dieser Drittländer für verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich wird von der Kommission und der Gruppe "Verhaltenskodex" durchgeführt. Gleichzeitig kann das jeweilige Land in einem Dialogverfahren auf Bedenken reagieren oder eine intensivere Kooperation mit der EU in Steuerfragen erörtern.
- Listenerstellung: Sobald die Überprüfung abgeschlossen ist, sollten jene Drittländer, die eine Mit- oder Zusammenarbeit mit der EU in Bezug auf verantwortungsvolles Handeln im Steuerbereich verweigert haben, auf die EU-Liste gesetzt werden.
Die gemeinsame EU-Liste ist als "letztes Mittel" gedacht. Sie wird als Instrument im Umgang mit Drittländern dienen, die sich weigern, die Grundsätze des verantwortungsvollen Handelns im Steuerbereich einzuhalten, und bei denen alle Versuche des Dialogs gescheitert sind.
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