Eine Ergänzung stellt klar, dass zu den Finanzbehörden auch Landesoberbehörden rechnen, denen durch eine Rechtsverordnung die landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte, das Erhebungsverfahren und das Vollstreckungsverfahren übertragen worden ist (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 AO).
Den Finanzbehörden wird die Bekanntgabe von Verwaltungsakten an Steuerpflichtige im Ausland erleichtert. Zwar können diese bereits jetzt aufgefordert werden, einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu benennen. Doch ggf. verstößt diese Aufforderung gegen EU-Recht. Diese europarechtlichen Zweifel werden dadurch beseitigt, dass ein entsprechendes Verlangen nur gegenüber Steuerpflichtigen in einem Drittstaat erfolgen kann (§ 123 Satz 1 AO).
Zu einer redaktionellen Änderung kommt es im Zusammenhang mit den abzuspeichernden Daten zur Wirtschafts-Identifikationsnummer. Der Sitz des Wirtschaftsunternehmens wird gestrichen, da ein Sitz primär nur Körperschaften betrifft. Hingegen bleibt es bei der Anschrift; die Bundesländer hatten für den Ort plädiert. Weitere redaktionelle Änderungen sprachlicher Art erfolgen in den Nummern 10 und 11 (§ 139c Abs. 5a Satz 4 Nr. 8, 10 und 11 AO). Damit dürfte die bereits seit vielen Jahren angekündigte Wirtschafts-Identifikationsnummer bald in die Praxis starten können.
Um die Flexibilität der Finanzverwaltung zu verbessern werden als Vollstreckungsbehörden neben den Finanzämtern und Hauptzollämtern auch die Landesoberbehörden zugelassen, denen durch Rechtsverordnung eine landesweite Zuständigkeit für Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren übertragen wurde (§ 249 Abs. 1 Satz 3 AO).
Umsatzsteuer
Bisher war nur eine kleine Detailänderung zur Umsatzsteuer vorgesehen. In der Anlage 4 zum UStG werden die darin genannten Gegenstände, deren Lieferung zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG führen kann, präzisiert. Betroffen sind Eisen und Stahl nach der Nr. 3 der Anlage 4, zu welchen eine bisherige Ungenauigkeit durch zusätzliche Verweise auf Zolltarifpositionen beseitigt wird.
Neu hinzugekommen ist jetzt aber auch noch eine Änderung des Entstehungszeitpunkts der Umsatzsteuer. Bei unrichtigem Steuerausweis ist künftig nur noch auf den Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung abzustellen. Damit werden Rückwirkungsfälle vermieden und eine einheitliche Handhabung für alle Fälle mit unrichtigem bzw. unberechtigtem Steuerausweis erreicht; § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG kann aufgehoben werden. Hintergrund dieser vom Bundesrat noch angeregten Änderung ist, dass die Steuerentstehung bei Leistungserbringung nach Auffassung des BFH (Urteil v. 5.6.2014, XI R 44/12, BFH/NV 2014 S. 1695) nicht mit Unionsrecht vereinbar ist.
Es komm zudem eine neue Umsatzsteuerbefreiung für sog. niedrigschwellige Entlastungsleistungen durch Einrichtungen, die landesrechtlich nach § 45b SGB XI anerkannt sind. Dies sind Leistungen zur Deckung des Bedarfs hilfsbedürftiger Personen an Unterstützung im Alltag, wie z. B. die hauswirtschaftliche Versorgung, die Unterstützung bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder die Unterstützung bei der eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen (§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchstabe g UStG).
Ebenfalls noch kurzfristig eingebaut wurde zwei Änderungen zur umgekehrten Steuerschuldnerschaft (Reverse-Charge-Verfahren).
Ausgangspunkt für die 1. Änderung war wiederum Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 28.8.2014, V R 7/14, BFH/NV 2015 S. 131). Dieser hat entschieden, dass Betriebsvorrichtungen keine Bauwerke i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG sind und es somit zu keiner Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger kommt. Der Gesetzgeber reagiert darauf, indem er diese Regelung entsprechend der unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 199 Abs. 1a MwStSystRL klarer fast und zugleich die bisherige Verwaltungsregelung (Abschn. 13b.2 Abs. 2 Satz 2 und 3 UStAE) in das Gesetz übernimmt. Das hat zur Folge, dass Lieferungen von und Leistungen an Betriebsvorrichtungen weiterhin unter § 13b UStG fallen können. Letztlich wird damit auch eine Vielzahl von in der Praxis nicht handhabbaren Abgrenzungsproblemen zwischen Bauwerk und Betriebsvorrichtung vermieden (§ 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG).
Eine weitere Änderung zum Reverse-Charge-Verfahren in § 13b UStG betrifft die Ausnahmeregeln für Leistungsbezüge des hoheitlichen Bereichs. Hier sei es für den leistenden Unternehmer im Regelfall an der Art der Einrichtung (Behörde oder Betrieb gewerblicher Art) zu erkennen, ob die Leistung für den unternehmerischen oder den hoheitlichen Bereich bezogen wird. Die Finanzverwaltung hatte deshalb und auch um Aufwand für die juristische Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) zu vermeiden, in Abschn. 13b.3 Abs. 12 Satz 2 bzw. 13b.3a Abs. 4 Satz 2 UStAE bestimmte Leistungen von der Rechtsfolge des § 13b Abs. 5 Satz 6 UStG ausgenommen; dies allerdings ohne gesetzliche Grundlage! Um unversteuerte Umsätze zu verhindern, werden nun die Ausnahmen von der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers in das UStG aufgenommen. Betroffen sind neben Bauleistungen, Strom- und Gaslieferungen, Lieferungen von Gegenständen der Anlage 3 zum UStG (Altmetalle, Schrott), Gebäudereinigung, Gold, Mobilfunkgeräte, Tablet-Computer, Spielekonsolen, integrierte Schaltkreise und Metalle der Anlage 4 zum UStG (§ 13b Abs. 5 Satz 6 und 10 UStG).
Ferner wird die Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) weitgehend neu geregelt. Dazu wird § 2 Abs. 3 UStG aufgehoben und ein neuer § 2b UStG geschaffen. Hiermit wird sowohl der Rechtsprechung als auch den Vorgaben in Art. 13 MwStSystRL Rechnung getragen. Tätigkeiten einer jPdöR, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt erfolgen, werden nicht unternehmerisch ausgeübt. Dies erfordert ein Tätigwerden im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Sonderregelung. Leistungen auf privatrechtlicher Grundlage unterliegen der Umsatzsteuer. Die Nichtbesteuerung endet zudem dort, wo es zu größeren Wettbewerbsverzerrungen kommen würde. Hierzu ist auf einen voraussichtlichen Jahresumsatz der jPdöR aus gleichartigen Tätigkeiten i. H. v. 17.500 EUR abzustellen. Nicht unter die Umsatzsteuer fallen zudem die interkommunale Zusammenarbeit öffentlicher Einrichtungen bei hoheitlichen Tätigkeiten. Hierzu werden in § 2b Abs. 3 UStG Sonderregelungen getroffen. Angesichts der teils erheblichen Auswirkungen wird eine 5-jährige Übergangsregelung geschaffen, innerhalb der sich die jPdöR entsprechend aufstellen und erklären können (§ 24 Abs. 22 UStG).
Sonstige Gesetze
a) Finanzverwaltungsgesetz
Die in § 17 Abs. 2 Satz 3 FVG enthaltene Verordnungsermächtigung wird erweitert. Dadurch können die Landesregierungen bzw. obersten Landesbehörden - neben den Finanzämtern bzw. Hauptzollämter als örtliche Finanzbehörden - noch weitere Landesoberbehörden für eine landesweite Zuständigkeit für die Kassengeschäfte und das Erhebungsverfahren einschließlich des Vollstreckungsverfahrens bestimmen. Dies ermöglicht eine gewisse Flexibilisierung der Finanzverwaltung.
b) Feuerschutzsteuergesetz
Die Zerlegung des Aufkommens der Feuerschutzsteuer auf die Länder war bisher bis zum 31.12.2015 befristet. Diese Befristung wird aufgegeben und in § 11 Abs. 1 und 2 FeuerschStG eine grundsätzlich dauerhafte Regelung getroffen - sog. Entfristung. Hierzu werden die Maßstäbe für die Zerlegung des Steueraufkommens definiert und an die aktuellen Verhältnisse angepasst.
c) Steuerberatungsgesetz
Vorstände von Lohnsteuerhilfevereinen können auch künftig weiterhin entgeltlich arbeiten. Dazu wird jedoch eine Änderung des StBerG erforderlich. Hintergrund ist, dass mit Wirkung zum 1.1.2015 § 27 Abs. 3 Satz 2 BGB regelt, dass die Mitglieder des Vorstands unentgeltlich tätig sind. Dies kann zwar nach § 40 Satz 1 BGB von den Vereinen abweichend geregelt werden. Bei Lohnsteuerhilfevereinen steht dem jedoch bisher § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StBerG entgegen, wonach die Satzung die Anwendung von § 27 Abs. 1 und 3 BGB nicht ausschließen darf. Dieser Verweis wird angepasst und damit eine Zahlung von Vergütungen an die Vorstände der Lohnsteuerhilfevereine weiterhin zulässig sein (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 StBerG).
Durch eine weitere Änderung wird die Befugnis, Aufgaben auf nachgeordnete Behörden zu übertragen, neu geregelt und die Delegationsbefugnisse der Landesregierungen und der Landesjustizverwaltungen in Anlehnung an § 33 Abs. 2 BRAO ausgestaltet (§ 99 Abs. 7 StBerG).
Weitere Aussichten
Nicht alle Anliegen des Bundesrats sind in diesen Gesetzesentwurf eingeflossen. Zu den folgenden Punkten ist eine Aufnahme in andere künftige Gesetzgebungsverfahren vorgesehen:
- Die Investmentbesteuerung soll reformiert werden. In dem zwischenzeitlich vorliegenden Diskussionsentwurf für ein Investmentsteuerreformgesetz ist auch die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitz enthalten.
- Die Maßnahmen gegen unerwünschte Effekte aus hybriden Steuergestaltungen sind Teil des sog. BEPS-Projekts, dessen Ergebnisse erst kürzlich veröffentlicht wurden.
- Zudem ist ein Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens geplant. Ein entsprechender Referentenentwurf liegt bereits vor.
- Schließlich steht auch noch eine Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung auf der Agenda für 2015.
Auch nicht alle mittlerweile erkannten Probleme sind in das StÄndG 2015 eingeflossen, sondern bleiben für die Praxis weiter bestehen:
Dies betrifft u.a. die Abwicklung offener Immobilienfonds, bei welcher es zu einer doppelten Erhebung von Grunderwerbsteuer kommen kann. Dieses Problemfeld soll im nächsten anstehenden Steueränderungsgesetz (voraussichtlich im Frühjahr 2016) bereinigt werden.
Ferner blieb die vielfältige Kritik an der Regelung des § 50i Abs. 2 EStG nicht ungehört. Dazu tagte bereits mehrfach eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, ohne aber eine tragfähige Gesamtlösung zu finden und die überschießenden Wirkungen der Norm zu beseitigen. Die Erörterungen sollen intensiv fortgesetzt werden.