Vorstoß für höhere Pendlerpauschale

Angesichts stark gestiegener Energiepreise hat Bundesfinanzminister Christian Lindner eine deutliche Erhöhung der Pendlerpauschale ab dem kommenden Jahr vorgeschlagen.

Der FDP-Chef sagte am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur: "Viele Menschen müssen jeden Tag zur Arbeit pendeln. Hohe Energiekosten treffen sie ganz besonders. Diese arbeitende Mitte der Gesellschaft sollten wir auch zukünftig entlasten. Ich bin offen dafür, die Pendlerpauschale ab dem kommenden Jahr deutlich zu erhöhen." Die Erhöhung sollte ab dem ersten Kilometer greifen und dürfe nicht nur für Fernpendler gelten.

Lindner sagte, die Pauschale gelte unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel, sie setze Anreize für kosten- und energiesparendes Verhalten. "Insofern gibt es keinen Grund, warum eine Erhöhung und Ausweitung der Pendlerpauschale abgelehnt werden sollte."

Vorschläge für zusätzliche Entlastungen

Der Vorstoß kommt in eine Zeit voller Vorschläge für zusätzliche Entlastungen. Hintergrund sind Preisexplosionen etwa beim Gas. Die Probleme könnten sich noch verschärfen, wenn Russland nach einer Wartung die Gaspipeline Nord Stream 1 nicht wieder aufdreht.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) rief die Bürger in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv dazu auf, Strom und Gas zu sparen, um einen starken Anstieg der Nebenkosten zu verhindern. Gefragt nach einem möglichen weiteren Heizkostenzuschuss der Bundesregierung, sagte Geywitz: "Mir ist ganz wichtig, dass wir nicht so Vorschlagsbingo in der Sommerpause machen, sondern dass wir auf die absehbare Herausforderung mit einem gezielten Entlastungsplan reagieren."

Neben weiteren Zuschüssen für Haushalte mit geringem Einkommen läuft derzeit auch eine Debatte um eine Weiterführung des 9-Euro-Tickets im Nah- und Regionalverkehr, das Ende August ausläuft. Daneben gibt es Vorschläge etwa aus der SPD, Energiesparen zu belohnen. Lindners Vorstoß für eine höhere Pendlerpauschale kommt mitten zudem in eine Debatte, ob ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen eingeführt werden sollte - das lehnt die FDP weiterhin ab.

Pendlerpauschale ab 2022 für Fernpendler bereits erhöht

Um wieviel Cent er die Pendlerpauschale erhöhen will und was das kosten würde, sagte Lindner nicht. Die Pauschale beträgt derzeit bis zum 20. Kilometer 30 Cent pro Kilometer. Die Koalition hatte im Frühjahr als Teil eines Entlastungspakets eine höhere Pauschale für Fernpendler beschlossen - das sind Bürger, die 21 oder mehr Kilometer zur Arbeit fahren müssen. Rückwirkend zum 1. Januar können sie 38 Cent pro Kilometer anrechnen, drei Cent mehr als bisher. Das gilt bis 2026.

Die Pendlerpauschale ist in der Steuererklärung Teil der Werbungskosten. Die Koalition hatte zugleich verabredet, die Pauschale in dieser Legislaturperiode neu zu ordnen und ökologisch-soziale Belange besser zu berücksichtigen.

Reaktionen aus der Ampel-Koalition

In der Ampel-Koalition sorgte Lindners Vorschlag für ein geteiltes Echo. SPD-Fraktionsvize Achim Post sagte: "Grundsätzlich kann aus meiner Sicht eine Erhöhung der Pendlerpauschale auch ab dem 1. Kilometer durchaus ein Instrument sein, um eine effektive weitere Entlastung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gerade im ländlichen Raum zu schaffen." Dagegen äußerte sich Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch zurückhaltend. "Die Pendlerpauschale einfach anzuheben würde vor allem den Menschen zugutekommen, die sehr viel verdienen und würde keine Anreize bieten, mehr Sprit einzusparen. Damit werden die zentralen Anforderungen an Entlastungsmaßnahmen in dieser schwierigen Zeit nicht erfüllt."

Verkehrsverbände kritisch

Verkehrsverbände äußerten sich kritisch zu einer höheren Pendlerpauschale. "Nach dem Tankrabatt das nächste Milliardengeschenk für Autofahrer", sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene. Die Pendlerpauschale fließe zu 80 Prozent an Autofahrer. Der verkehrspolitische Sprecher des Verkehrsclubs Deutschland, Michael Müller-Görnert, nannte eine Erhöhung der Pauschale sozial ungerecht. Untere Einkommensgruppen, die von steigenden Energie- und Spritpreisen am härtesten betroffen seien, würden mit einer höheren Entfernungspauschale nicht entlastet, da sie kaum oder keine Steuern zahlen.

dpa