Altersvorsorgeaufwendungen bei steuerfreiem Arbeitslohn

Die Auslegung des § 10 Abs. 2 EStG darf nicht dazu führen, dass ein Steuerpflichtiger weder im Tätigkeitsstaat als beschränkt Steuerpflichtiger noch im Inland als unbeschränkt Steuerpflichtiger seine Vorsorgeaufwendungen geltend machen kann.

Steuerpflichtiger arbeitet überwiegend in niederländischer Betriebsstätte

Der Kläger hat seinen Wohnsitz in Deutschland und ist bei einem Unternehmen mit Sitz in Deutschland beschäftigt. Er war nahezu durchgehend in einer Betriebsstätte des Arbeitgebers in den Niederlanden tätig. Der Kläger unterlag im Inland mit seinen gesamten Einkünften der deutschen Sozialversicherung, deren Beiträge der Arbeitgeber abgeführt hat.

Finanzamt will Vorsorgeaufwendungen nur anteilig berücksichtigen

Der Kläger machte in seiner Einkommensteuer geltend, dass die auf Arbeitstage in den Niederlanden entfallenden Einkünfte im Inland unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts steuerfrei seien. Zudem erklärte er einen im Inland erzielten Arbeitslohn in Höhe von 30.828 EUR, was einem Anteil von 46 % am Gehalt entsprach. Die Vorsorgeaufwendungen machte der Kläger in vollem Umfang als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt kürzte jedoch die Aufwendungen für die Sozialversicherung auf 46 % der Gesamtaufwendungen entsprechend des im Inland erzielten Anteils am Gesamtgehalt. Hiergegen richtet sich die Klage.

Altersvorsorgeaufwendungen können in voller Höhe abgezogen werden

Die Klage ist hinsichtlich der Altersvorsorgeaufwendungen begründet und im Übrigen unbegründet. Der Kläger kann gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG die Altersvorsorgeaufwendungen in voller Höhe als Sonderausgaben abziehen. Dem Abzug steht nicht entgegen, dass die vom Kläger einbehaltenen Sozialversicherungsbeiträge zur Altersvorsorge in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Eine fehlende Berücksichtigung der Altersvorsorgeaufwendungen über die Steuerfreistellung der zugrundeliegenden Einkünfte hinaus stelle zwar generell keinen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip dar. Dies finde aber seine Grenze, wenn ein Steuerpflichtiger weder im Tätigkeitsstaat (als beschränkt Steuerpflichtiger) noch im Inland (als unbeschränkt Steuerpflichtiger) seine Vorsorgeaufwendungen geltend machen kann. So verhält es sich allerdings im Streitfall, denn der Kläger kann seine inländischen Sozialversicherungsbeiträge in den Niederlanden - auch nicht anteilig - abziehen.

Für Kranken- und Pflegeversicherung gilt etwas anderes

Allerdings steht dem Ausschluss des Abzugs der Aufwendungen der Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung das subjektive Nettoprinzip nicht in gleicher Weise entgegen, da die Leistungen aus diesen Sozialversicherungssystemen später nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen führen.

Auf vollen Abzug achten

Das für die Steuerpflichtigen positive Urteil ist zu begrüßen, da auf diese Weise eine dem subjektiven Nettoprinzip entsprechende Besteuerungsfolge erreicht wird. In der Praxis ist in ähnlich gelagerten Fällen darauf zu achten, dass die Altersvorsorgeaufwendungen zur Gänze und nicht nur anteilig geltend gemacht werden können. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass Revision beim Bundesfinanzhof zugelassen wurde.

Niedersächsisches FG, Urteil v. 28.9.2016, 3 K 169/15, Haufe Index 10128358


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