Anwendung der Entfernungspauschale bei einem Steuerberater (sog. Dreiecksfahrten)
Sachverhalt:
Der Kläger ist als Steuerberater freiberuflich tätig. Auf dem Weg zu seiner Kanzlei oder auf dem Weg nach Hause besuchte er teilweise Mandanten. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Fahrten vom Büro oder von der Wohnung zu einem Mandanten und wieder zurück zum Büro oder zur Wohnung als Dienstreisen mit den tatsächlichen Kosten laut Fahrtenbuch zu berücksichtigen sind. Streitig ist, mit welchen Kosten Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu berücksichtigen sind, denen am selben Tag ein Mandantenbesuch vor- oder nachgeschaltet wurde (sog. Dreiecksfahrten). Das Finanzamt berücksichtigte für Fahrten, die zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im Vorlauf oder im Nachgang an einen Mandantenbesuch durchgeführt wurden, lediglich die hälftige Entfernungspauschale (0,15 EUR). Der Kläger begehrte auch für diese Fahrten den Abzug der tatsächlichen Kosten.
Entscheidung:
Die verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale gilt unabhängig davon, ob die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu Fuß, mit dem eigenen Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden und ob dem Arbeitnehmer überhaupt Kosten für diese Wege entstanden sind. Die Entfernungspauschale entfaltet auf diese Weise bei der Bemessung der Werbungskosten bzw. der abzugsfähigen Betriebsausgaben eine gewollt generalisierende, typisierende und pauschalierende Wirkung. Der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG „zur Abgeltung … für jeden Arbeitstag … anzusetzen” lässt auch keine Ausnahmen für den Fall zu, dass bei einem Stpfl. nach der Eigenart seiner Tätigkeit typischer Weise keine 2 Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Betriebsstätte anfallen. Nach diesen Grundsätzen ist dem Kläger auch an den Tagen, an denen eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und im Übrigen Dienstreisen vorliegen, die Entfernungspauschale zu berücksichtigen. Die Gewährung einer hälftigen Entfernungspauschale für den Fall, dass keine Hin- und Rückfahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorgenommen wird, findet insoweit keine Stütze im Gesetz.
FG Münster, Urteil v. 19.12.2012, 11 K 1785/11 F
Praxishinweis:
Die von dem FG zugelassene Revision wurde inzwischen eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. VIII R 12/13 geführt. Man darf gespannt sein, ob der BFH die überraschend positive Sichtweise des FG Münster übernimmt. Jedenfalls sollten Betroffene in gleich gelagerten Fällen ihren Steuerbescheid mit einem Einspruch offen halten.
-
Vermietung an den Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
812
-
BVerfG verhandelt im November zum Solidaritätszuschlag
707
-
Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld nach § 268 AO ist unwiderruflich
690
-
Abschreibung für eine Produktionshalle
632
-
Selbst getragene Kraftstoffkosten bei der 1 %-Regelung
544
-
Berechnung der Zehn-Jahres-Frist bei sanierungsrechtlicher Genehmigung
519
-
Abzug von Fahrtkosten zur Kinderbetreuung
493
-
Neue Grundsteuer B in Baden-Württemberg ist verfassungsmäßig
473
-
Sonderausgabenabzug für einbehaltene Kirchensteuer auf Kapitalerträge aus anderen Einkunftsarten
465
-
Anschrift in Rechnungen
421
-
Alle am 21.11.2024 veröffentlichten Entscheidungen
21.11.2024
-
Keine Rückstellung für vorläufig festgesetzte Zinsrückzahlung
21.11.2024
-
Erfordernis der Glaubhaftmachung gem. § 52a Abs. 6 FGO
20.11.2024
-
Betriebsausgabenabzug für steuerfreie Photovoltaikanlagen auch in 2022 möglich
18.11.2024
-
Keine AdV bei geltend gemachter Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerwertermittlung
18.11.2024
-
BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
18.11.2024
-
Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten bei Zahlung aus einer Sterbegeldversicherung
18.11.2024
-
Erbschaftsteuerlicher Freibetrag bei Erbverzicht der Elterngeneration
18.11.2024
-
Hinzurechnungsbesteuerung und Kapitalverkehrsfreiheit bei Schweizer Tochtergesellschaften
15.11.2024
-
Keine Kfz-Steuerbefreiung bei untergeordneter land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit
15.11.2024