Arbeitshilfe des BMF zur Kaufpreisaufteilung

Im Revisionsverfahren stellt sich die Frage, ob die vom BMF zur Verfügung gestellte "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises auf Grund und Gebäude für Zwecke der AfA-Bemessung zugrunde gelegt werden kann. Der BFH hat das BMF zum Beitritt zu diesem Verfahren aufgefordert.

Hintergrund: Aufteilung des Kaufpreises auf Gebäude und Grundstück zwecks Bemessung der AfA

Die Grundstücksgemeinschaft G erwarb in 2017 eine Eigentumswohnung (verbunden mit einem Miteigentumsanteil an dem Grundstück, dem Sondernutzungsrecht an einem Kellerraum sowie an einem Garagenplatz). Es handelt sich um eine vermietete Einzimmerwohnung im zweiten Obergeschoss eines 1973 fertiggestellten Mehrfamilienhauses. Nach dem Kaufvertrag betrug der Kaufpreis 110.000 EUR. Der anteilige Grundstückswert wurde vertraglich mit 20.000 EUR angesetzt. Die AK beliefen sich einschließlich Nebenkosten auf 118.002 EUR.

In ihrer Feststellungserklärung für 2017 berücksichtigte G die AfA-Bemessungsgrundlage mit 96.547 EUR, ausgehend von der vertraglichen Kaufpreisaufteilung mit einem Gebäudeanteil von 81,81%.

Das FA ermittelte dagegen auf der Grundlage der vom BMF im Internet bereitgestellten "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" (abzurufen unter www.bundesfinanzministerium.de) einen Gebäudeanteil von nur 27,03%. Dem lagen ein Bodenwert von 77.713 EUR (1 185 qm [Fläche] x 1.700 EUR/qm [Bodenrichtwert] x 38 577/1.000.000 [Miteigentumsanteil]) sowie ein Gebäudewert von 28.782 EUR (39 qm [Wohnfläche] x 738 EUR/qm [typisierte Herstellungskosten]) zugrunde. Dementsprechend wurden die AK von 118.002 EUR aufgeteilt und in Höhe von 31.896 EUR der AfA unterworfen.

Im Rahmen der Einspruchsentscheidung setzte das FA einen Gebäudewertanteil von 30,9% und damit eine AfA-Bemessungsgrundlage von 36.463 EUR an. Dem lag zugrunde, dass es bei der Berechnung des Gebäudeanteils den Tiefgaragenstellplatz (5.965 EUR; Gebäudewert somit insgesamt 34.747 EUR) außer Acht gelassen hatte.

Das FG wies die Klage ab. Die vertragliche Kaufpreisaufteilung entspreche nicht den realen Wertverhältnissen. Die Arbeitshilfe sei – insbesondere für die Ermittlung des Gebäudesachwerts - grundsätzlich eine geeignete Schätzungshilfe.

Entscheidung: Beiladung des BMF zum Revisionsverfahren

Der BFH nimmt das Revisionsverfahren zum Anlass, sich grundlegend mit der Frage zu befassen, welche Bedeutung der vom BMF zur Verfügung gestellten Arbeitshilfe bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude nach den realen Verkehrswerten (vgl. BFH, Urteil v. 16.9.2015, IX R 12/14, BStBl II 2016, 397) für Zwecke der AfA-Bemessung zukommt.

Vor diesem Hintergrund hält es der BFH für angezeigt, das BMF an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen und zum Beitritt aufzufordern (§ 122 Abs. 2 Satz 3 FGO). Weitere Gründe sind in dem Beiladungsbeschluss nicht enthalten.

Hinweis: Erwartete Grundsatzentscheidung des BFH

Der Berechnung der AfA auf das Gebäude ist regelmäßig die vertragliche Aufteilung des Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude zugrunde zu legen. Das gilt aber dann nicht, wenn die Aufteilung zum einen nur zum Schein getroffen wurde oder einen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen, wenn das FG auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreisaufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint (BFH, Urteil v. 16.9.2015, IX R 12/14, BStBl II 2016, 397).

Im Streitfall misst das FG den Ergebnissen der Arbeitshilfe eine indizielle Bedeutung für die Widerlegung der Marktangemessenheit der vertraglichen Kaufpreisaufteilung zu und sieht in der Arbeitshilfe eine methodisch geeignete und zu nachvollziehbaren Ergebnisse führende Schätzungshilfe für eine anderweitige Aufteilung. Allerdings wird die typisierte Ermittlung der Finanzverwaltung anhand der Arbeitshilfe in der Fachwelt kritisiert (z.B. kürzlich: Jacoby/Geiling, DStR 2020, 481). Sie führt in den Städten aufgrund der gestiegenen Bodenrichtwerte häufig zu sehr hohen Bodenwertanteilen und dementsprechend zu niedrigerem AfA-Volumen. Die früher übliche Schätzung mit 20% Bodenwertanteil gegenüber 80% Gebäudewertanteil ist überholt.

Das FG hat gegen sein Urteil die Revision zugelassen. Es ist grundsätzlich zu klären, ob die Arbeitshilfe im Regelfall zur Einschätzung der Kaufpreisanteile des Grund und Bodens und des Gebäudes geeignet ist und ab welchem Grad der Abweichung der vertraglichen Aufteilung von der sich aus der Arbeitshilfe ergebenden Aufteilung die vertragliche Aufteilung wirtschaftlich nicht mehr haltbar ist. Ausgehend von dem BFH-Urteil v. 16.9.2015, IX R 12/14 (BStBl II 2016, 397), das die Gesamtwürdigung der Einzelumstände hervorhebt, dürfte die Tendenz in die Richtung der Zurückdrängung der typisierenden Aufteilung gehen. Der Entscheidung kommt für die Praxis weitreichende Bedeutung zu. Entsprechende Fälle sind daher bis zu der erwarteten Grundsatzentscheidung des BFH offen zu halten.

BFH Beschluss vom 21.01.2020 - IX R 26/19 (veröffentlicht am 19.03.2020)

Alle am 19.03.2020 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen.