Betriebsbereitschaft als anschaffungsnahe Aufwendungen

Zu den anschaffungsnahen Aufwendungen für ein Gebäude rechnen auch die Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft.

Hintergrund

Die Eheleute A erwarben im August 2008 ein Einfamilienhausgrundstück, das sie ab Dezember 2008 vermieteten. In der Zeit zwischen Erwerb und Vermietung führten sie Renovierungsmaßnahmen durch, u.a. ließen sie sämtliche Fenster austauschen. Die für den Fensteraustausch angefallenen Aufwendungen behandelten sie als Anschaffungskosten (AK). Die Kosten für die sonstigen Arbeiten machten sie als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Das FA sah dagegen die Aufwendungen insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten (HK) an. Damit war die 15 %-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG überschritten. Dementsprechend berücksichtigte das FA die Aufwendungen lediglich im Rahmen der AfA. Dem folgte das FG und wies die Klage ab. Entgegen der Meinung der Eheleute stellten auch die Kosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft (Austausch der Fenster) Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwand im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG dar, der als anschaffungsnahe HK zu qualifizieren sei. Dem stehe nicht entgegen, dass es sich insoweit möglicherweise um nach § 255 Abs. 1 HGB originär aktivierungspflichtige AK handele. 

Entscheidung

Zu den HK eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen (ohne USt) 15 % der AK des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe HK). Unter dem Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden beseitigt werden oder das Gebäude in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Dazu gehören insbesondere Aufwendungen für Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung, die - ohne die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG - vom Grundsatz her als sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären. Zu den Instandsetzungs- und  Modernisierungsmaßnahmen gehören auch Baumaßnahmen, durch die funktionsuntüchtige Teile wieder hergestellt werden und das Gebäude damit in einen betriebsbereiten Zustand versetzt wird. 

Dem steht nicht entgegen, dass Aufwendungen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft nach § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB zu AK führen und bereits deshalb zu aktivieren sind. Denn § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG geht als einkommensteuerliche Spezialregelung dem HGB vor. Zu den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen gehören danach - unabhängig von der handelsrechtlichen Einordnung - sämtliche Instandsetzungen und Modernisierungen, die nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ausdrücklich ausgenommen sind, das sind nur Erweiterungen und jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten. Für diese weite Auslegung des Begriffs der Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen spricht insbesondere der Zweck der Regelung, die im Einzelfall schwierige Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen zu Kosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft zu vermeiden. 

Der BFH bestätigt damit die Auffassung des FA und des FG. Danach ist es unerheblich, ob die Aufwendungen für den Austausch der Fenster nach Handelsrecht (§ 255 Abs. 1 HGB) als AK anzusehen sind. Die durchgeführten Arbeiten führten zu anschaffungsnahen HK, da sie über 15 % der AK liegen. Die Revision wurde daher zurückgewiesen. 

Hinweis

Im Schrifttum wird die Ansicht vertreten, die handelsrechtlich zu den AK gehörenden Aufwendungen (Herstellung der Betriebsbereitschaft, § 255 Abs. 1 HGB) könnten bereits begrifflich nicht unter anschaffungsnahe HK i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG fallen. Dem tritt der BFH mit dem Hinweis auf die typisierende Regelung entgegen. Die Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten sind demnach nicht isoliert zu betrachten. Sämtliche Kosten für Baumaßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Sanierung anfallen, müssen zusammengerechnet werden. Übersteigt die Gesamtsumme der innerhalb von 3 Jahren angefallenen Renovierungskosten 15 % der AK des Gebäudes kann der Aufwand nur nach den AfA-Regeln abgeschrieben werden. Darin liegt keine Ungleichbehandlung gegenüber Erwerbern eines bereits vom Veräußerer sanierten Gebäudes. Mit zwei Entscheidungen gleichen Datums entschied der BFH entsprechend zu Schönheitsreparaturen im Zusammenhang mit Sanierungsmaßnahmen (BFH-Urteile v. 14.6.2016, IX R 25/14 und IX R 22/15). 

BFH, Urteil v. 14.6.2016, IX R 15/15, veröffentlicht am 28.9.2016

Alle am 28.9.2016 veröffentlichten Entscheidungen im Überblick