Die wichtigsten BFH-Urteile 2019 im Überblick
1. Eine Bruchteilsgemeinschaft kann umsatzsteuerrechtlich nicht Unternehmer sein
Bei einer Bruchteilsgemeinschaft liegen zivil- und umsatzsteuerrechtlich durch die Gemeinschafter als jeweilige Unternehmer anteilig erbrachte Leistungen vor. Der BFH hält damit an seiner bisher vertretenen Auffassung zur Unternehmereigenschaft einer Bruchteilsgemeinschaft nicht mehr fest (z.B. BFH Beschluss vom 01.09.2010 - XI S 6/10). Nach der Auffassung der Verwaltung kann die Bruchteilsgemeinschaft Unternehmer sein (Abschn. 2.1 Abs. 2 UStAE). Die Bedeutung der Entscheidung geht über den Bereich von Erfindergemeinschaften wie im Streitfall hinaus und betrifft insbesondere die im Immobilienbereich weit verbreiteten Grundstücksgemeinschaften.
BFH Urteil vom 22.11.2018 - V R 65/17 (veröffentlicht am 06.02.2019)
S. hierzu auch die News "Geänderte Rechtsprechung zur Bruchteilsgemeinschaft im Umsatzsteuerrecht"
2. Beschluss des Großen Senats zur erweiterten Kürzung bei der Gewerbesteuer
Einer grundstücksverwaltenden, nur kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer unterliegenden Gesellschaft ist die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht deshalb zu verwehren, weil sie an einer rein grundstücksverwaltenden, nicht gewerblich geprägten Personengesellschaft beteiligt ist.
Der GrS folgt damit im Grundsatz der Auffassung des vorlegenden IV. Senats, dass eigener Grundbesitz i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG der zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörende Grundbesitz ist. Denn die Begriffe "eigener Grundbesitz" i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und "zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörender Grundbesitz" i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG sind im Hinblick auf die ertragsteuerrechtliche Zurechnung des Grundbesitzes bedeutungsgleich.
BFH Beschluss vom 25.09.2018 - GrS 2/16 (veröffentlicht am 27.03.2019)
S. hierzu auch die News "Beschluss des Großen Senats des BFH zur erweiterten Kürzung bei der Gewerbesteuer"
3. Ein trockenes Brötchen mit Kaffee ist kein Frühstück
Stellt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern unbelegte Backwaren (Brötchen, Rosinenbrot) nebst Heißgetränken kostenlos zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereit, handelt es sich nicht um Arbeitslohn, sondern um nicht steuerbare Aufmerksamkeiten. Nach der Verkehrsanschauung muss für ein (einfaches) Frühstück als Mahlzeit i. S. v. § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG jedenfalls ein Aufstrich oder Belag hinzutreten. Die Art der Brötchen ist dabei ohne Bedeutung. Es würde im Massenfallrecht der LSt auch der Praktikabilität widersprechen, wollte man für die Anforderungen an ein Frühstück nach der Art der dargereichten Brötchen differenzieren.
Der BFH widerspricht auch der Auffassung des Finanzamts, aufgrund veränderter Essgewohnheiten könne schon ein Kaffee ("to go") und ein unterwegs verzehrtes unbelegtes Brötchen als Frühstück angesehen werden. Es handelt sich hierbei vielmehr um einzelne Lebensmittel, die erst durch Kombination mit weiteren Lebensmitteln (z. B. Butter, Aufschnitt, Käse, Marmelade) zu einem Frühstück werden.
BFH Urteil vom 03.07.2019 - VI R 36/17 (veröffentlicht am 19.09.2019)
s. hierzu auch die News "Unbelegte Brötchen mit einem Heißgetränk sind kein Frühstück"
4. Pauschalierung bei zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistungen
Zusätzlicher Arbeitslohn liegt vor, wenn dieser verwendungs- bzw. zweckgebunden neben dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet wird. Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer auf den zusätzlichen Arbeitslohn einen arbeitsrechtlichen Anspruch hat.
An den bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen hält der BFH nicht mehr fest. Nunmehr geht der BFH davon aus, dass der zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn der Arbeitslohn ist, den der Arbeitgeber verwendungs- bzw. zweckgebunden leistet. Der ohnehin geschuldete Arbeitslohn ist damit derjenige, den der Arbeitnehmer verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erhält. Dieser Lohn unterliegt grundsätzlich der Regelbesteuerung. Der hinzutretende verwendungsgebundene (zusätzliche) Lohn ist demgegenüber durch die Pauschalierungsmöglichkeit bzw. die Steuerfreiheit (§ 3 Nrn. 15, 33, 34, 34a, 37, 46 EStG) begünstigt, wenn der besondere Verwendungszweck gewahrt wird. Ein arbeitsvertraglich vereinbarter Lohnformwechsel ("Gehaltsumwandlung") ist danach nicht begünstigungsschädlich.
BFH Urteil vom 01.08.2019 - VI R 32/18 (veröffentlicht am 24.10.2019)
S. hierzu auch die News "Pauschalierung bei zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistungen"
5. Keine bedingungslose Firmenwagennutzung bei "Minijob" im Ehegattenbetrieb
Die Überlassung eines Dienstwagens zur unbeschränkten und selbstbeteiligungsfreien Privatnutzung des Arbeitnehmers ist im Rahmen eines geringfügigen - zwischen Ehegatten geschlossenen - Beschäftigungsverhältnisses fremdunüblich.
Der BFH stützt die Fremdunüblichkeit auf das Kostenrisiko des Arbeitgebers. Die Gefahr eines überobligatorischen Entlohnungsaufwands wegen einer gesteigerten Privatnutzung würde ein fremder Arbeitgeber nicht übernehmen wollen. Im Übrigen weist der BFH auf die Gestaltung hin, die Vereinbarung dahingehend zu konkretisieren, dass eine Kilometerbegrenzung für private Fahrten oder eine (ggf. erst nach überschrittenem Kilometerlimit greifende) Zuzahlung ausbedungen wird. Die steuerliche Anerkennung setzt aber jedenfalls voraus, dass der Gesamtaufwand des Arbeitgebers in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der Arbeitsleistung steht.
BFH Urteil vom 10.10.2018 - X R 44-45/17 (veröffentlicht am 27.02.2019)
S. hierzu auch die News "Steuerliches Aus für bedingungslose Firmenwagennutzung bei Minijob im Ehegattenbetrieb"
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