Doppelte Erbschaftsteuer auf Auslandsvermögen
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob die Belastung sowohl mit französischer als auch mit deutscher Erbschaftssteuer mit dem Gemeinschaftsrecht und dem GG vereinbar ist. Die Entscheidung betrifft das Verhältnis von Staaten, mit denen kein Erbschaftsteuer-DBA besteht, so wie es für deutsch-französische Fälle bis zur Geltung des DBA ab 3.4.2009 der Fall war.
A hat ihren Wohnsitz in Deutschland. In 2000 beerbte sie ihre Großtante, die ebenfalls in Deutschland lebte. Die Erbschaft bestand u.a. aus französischen Guthaben und Wertpapieren, die die Großtante von einer französischen Bank verwalten ließ. Der französische Notar musste 55 % des Wertes an die französische Staatskasse abführen, so dass bei A 45 % ankamen. Das FA setzte nach deutschem Recht ebenfalls ErbSt fest, und zwar in Höhe von 29 % des Bruttoerbes. Damit stieg die Belastung auf 84 % und der Erwerb der A betrug lediglich 16 %. Das FA hatte jedoch ein Einsehen und sprach wegen sachlicher Unbilligkeit einen Teilerlass aus. Die Gesamtbelastung verringerte sich dadurch auf 71 %.
Die von A erhobene Klage mit dem Ziel, die französische ErbSt auf die deutsche Steuer anzurechnen oder hilfsweise als Nachlassverbindlichkeit abzuziehen, wurde vom FG zurückgewiesen.
Entscheidung
Auch die Revision blieb ohne Erfolg.
Der BFH verneint einen Verstoß gegen Unionsrecht. Er beruft sich auf die Rechtsprechung des EuGH. Danach berührt das Unionsrecht die Autonomie der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der ErbSt nicht und es verpflichtet sie auch nicht, ihr Steuersystem den verschiedenen Systemen der anderen Mitgliedstaaten anzupassen. Die Nichtanrechnung der ausländischen ErbSt ist daher - unabhängig von dem ausländischen Steuersatz und der Gesamtbelastung - nicht gemeinschaftsrechtswidrig. Es liegt weder ein Verstoß gegen den unionsrechtlichen Eigentumsschutz noch gegen die Gewährleistung des Eigentums und des Erbrechts durch das GG vor. Zum einen handelt es sich beim Erbschaftsteuerrecht nicht um Unionsrecht, sondern um nationales (nicht unionsrechtlich determiniertes) Recht. Zum anderen wäre die Verpflichtung Deutschlands, die Belastung durch die Anrechnung der ausländischen Steuer zu vermeiden, als einseitige Maßnahme mit der Souveränität der Staaten zur Erhebung von Steuern unvereinbar.
Im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut und die Gesetzesentwicklung lehnt der BFH auch den Abzug der französischen ErbSt als Nachlassverbindlichkeit ab.
Hinweis
Im Verhältnis zu Frankreich wird nunmehr durch das Erbschaftsteuer-DBA v. 12.10.2006 (in Kraft getreten am 3.4.2009) die Doppelbesteuerung der Nachlässe, Erbschaften und Schenkungen vermieden. Das Abkommen entspricht weitgehend dem OECD-Musterabkommen. Die Grundsätze der Entscheidung gelten jedoch weiterhin in Fällen, für die kein entsprechendes DBA besteht und in denen an den Wohnsitz oder Sitz des Schuldners von Kapitalforderungen des Erblassers angeknüpft wird.
Da der Erlassbescheid des FA nicht Verfahrensgegenstand war, hat sich der BFH nicht im Einzelnen dazu geäußert, ab welcher Gesamtsteuerbelastung ein Teilerlass geboten ist. Er betont jedoch eine Verfassungspflicht zum Billigkeitserlass, wenn die Anwendung eines nicht zu beanstandenden Gesetzes zu einem "ungewollten Überhang" führt. Hier ist jedoch mit zu bedenken, dass die Erlassmöglichkeit grundsätzlich keine Rechtfertigung für eine hohe Belastung durch den anderen Staat darstellen kann.
BFH, Urteil v. 19.6.2013, II R 10/12, veröffentlicht am 31.7.2013
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