Die Verpflichtung, bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung den amtlichen Vordruck "Anlage EÜR" zu verwenden, ist durch die Besteuerungsgleichheit und die Verfahrensvereinfachung gerechtfertigt.  

Hintergrund

Betriebsinhaber, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, sind seit 2005 verpflichtet, ihrer Einkommensteuererklärung eine Gewinnermittlung auf dem amtlichen Vordruck "Anlage EÜR" beizufügen. Dieser Vordruck sieht eine standardisierte Aufschlüsselung der Einnahmen und ausgeben vor, die zu besseren Kontroll- und Vergleichsmöglichkeiten führen soll. In der Rechtsprechung der Finanzgerichte und im Schrifttum war die Frage kontrovers, ob diese in der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (§ 60 Abs. 4 EStDV) enthaltene Verpflichtung von einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt ist. Mit der aktuellen Grundsatzentscheidung bejaht der BFH die Streitfrage. Die Diskussion ist damit beendet.

Der Unternehmer (Betreiber einer Schmiede) hatte seiner Erklärung zur gesonderten Feststellung der gewerblichen Einkünfte nicht die Anlage EÜR beigefügt, sondern eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung unter Anwendung der DATEV-Software. Das Finanzgericht gab seiner Klage statt. Die Verpflichtung halte sich nicht im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Denn sie führe zu Mehraufwand und zu Ungleichheiten, da die Kontrolldichte im Vergleich zu bilanzierenden Gewerbetreibenden erhöht werde. 

Entscheidung

Der BFH ist anderer Meinung. Die durch das Kleinunternehmerförderungsgesetz aus dem Jahre 2003 eingeführte Verpflichtung zur Verwendung des Vordrucks "Anlage EÜR" hält sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Diese setzt (im aktuellen Zusammenhang) für eine Regelung zur Durchführung des EStG voraus, dass sie für die Besteuerungsgleichheit oder die Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens erforderlich ist (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 a EStG).

Beide Zwecke sind bei der Anlage EÜR erfüllt. Die Standardisierung führt zum einen zu besseren Kontroll- und Vergleichsmöglichkeiten und trägt damit zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung bei. Der Gesetzgeber strebt allgemein einen stärkeren Einsatz maschineller Kontrollen ein. Dass diese Umstellung nicht zeitgleich für alle Sachverhalte vorgenommen werden kann, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zum anderen wird durch den Vordruck das Besteuerungsverfahren vereinfacht. Dabei hebt der BFH hervor, dass die Verfahrensvereinfachung nicht auf Seiten des Steuerpflichtigen liegen muss. Eine Verfahrensvereinfachung auf Seiten der Finanzverwaltung reicht aus.

Hinweis

§ 60 Abs. 4 EStDV wurde ab 2010 geändert. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist jetzt nach amtlichem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. Auf Antrag ist jedoch zur Vermeidung unbilliger Härten weiterhin der amtliche Vordruck zugelassen.

Urteil v. 16.11.2011, X R 18/09, veröffentlicht am 21.12.2011