Einspruchseinlegung durch einfache E-Mail

Ein Einspruch kann mit einfacher E-Mail - ohne qualifizierte elektronische Signatur - eingelegt werden.

Hintergrund

A wandte sich mit dem Einspruch gegen die Aufhebung eines Kindergeldbescheids vom 17.1.2013. Sie erhob den Einspruch mit einfacher E-Mail. Im Bescheid war die E-Mail-Adresse der Familienkasse angegeben. Die Familienkasse wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Das FG wies die dagegen erhobene Klage als unbegründet zurück, da der Bescheid mangels wirksamer Anfechtung Bestandskraft erlangt habe. Für die Einspruchseinlegung sei eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich gewesen.

Entscheidung

Die Revision betrifft die Rechtslage bis 31.7.2013. Nach § 357 Abs. 1 AO a.F. war der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Nach der Auffassung des BFH ist der Begriff "schriftlich" nicht mit "Schriftform" gleichzusetzen. Schriftform bedeutet eigenhändige Unterschrift. Ein solches Unterschrifterfordernis besteht jedoch im Fall der Einspruchseinlegung nicht. Hier reicht es aus, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. § 126 Abs. 1 BGB, wonach bei einer schriftlichen Form die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig unterzeichnet werden muss, findet auf die Einspruchseinlegung keine Anwendung. Wird der Einspruch elektronisch eingelegt, setzt dessen Wirksamkeit daher keine elektronische Signatur voraus.

Anders ist es bei einer durch Gesetz angeordneten "Schriftform". Wird diese durch die "elektronische Form" ersetzt, ist das von der Schriftform umfasste Unterschriftserfordernis durch die elektronische Signatur zu ersetzen (§ 87a Abs. 3 AO). Bei der Einspruchseinlegung geht es jedoch nicht um die Schriftform, sondern lediglich um den Begriff schriftlich. § 87a Abs. 3 AO gilt daher nicht für die Einlegung des Einspruchs. Dementsprechend wurden in die Neuregelung des § 357 Abs. 1 AO ab 1.8.2013 nur die Worte "oder elektronisch" und nicht "in elektronischer Form" eingefügt.

Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Hinweis

Der BFH stellt damit klar, dass bereits nach der alten Rechtslage der Einspruch durch einfache E-Mail - ohne qualifizierte elektronische Signatur - eingelegt werden konnte. Ab 1.8.2013 wurde § 257 Abs. 1 AO dahingehend ergänzt, dass der Einspruch auch "elektronisch" eingereicht werden kann. Damit hat nun auch der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass es nicht der Einhaltung der strengeren "elektronischen Form", die die qualifizierte elektronische Signatur voraussetzt, bedarf. Voraussetzung ist allerdings, dass das FA (bzw. die Familienkasse) einen Zugang für die Übermittlung elektronsicher Dokumente eröffnet hat. Das ist immer der Fall, wenn im Briefkopf die E-Mail-Adresse der Behörde angegeben ist.

Zu beachten ist, dass die für das Einspruchsverfahren eingeführte Erleichterung nicht für das Klageverfahren gilt. Nach § 64 Abs. 1 FGO ist die Klage "schriftlich" einzulegen. Wird sie in elektronischer Form eingelegt, ist eine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich (§ 52a FGO). Das gilt auch dann, wenn die Klage nach § 47 Abs. 2 FGO beim FA angebracht wird. Für die Praxis gilt jedenfalls in allen Fällen, dass zur Sicherheit zusätzlich ein Ausdruck per Hand unterschrieben und per Post oder Fax übermittelt wird.

BFH, Urteil v. 13.5.2015, III R 26/14, veröffentlicht am 19.8.2015


Schlagworte zum Thema:  Einspruch, Elektronische Signatur, Abgabenordnung