Feststellung der Bebauungs- und Vermietungsabsicht

Bei vorsichtigem Ansparen von Eigenkapital muss sich die geltend gemachte Bebauungsabsicht aus weiteren Umständen ergeben. Dabei kann die spätere Mittelverwendung rückwirkend berücksichtigt werden.

Hintergrund

A erwarb im Juni 2003 ein unbebautes Grundstück. Nach dem Kaufvertrag beabsichtigte er die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes innerhalb von 2 1/2 Jahren. Den Kaufpreis finanzierte er durch ein Annuitätendarlehen mit einer Laufzeit von 10 Jahren. Das Darlehen zahlte er zum Ablauf der Laufzeit vollständig zurück. Bis Februar 2013 sammelte er daneben ein Guthaben von 300.000 EUR an. 

In 2005 ließ A einen Architektenvorschlag für die Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses erstellen. Der Vorschlag wurde aus Kostengründen nicht umgesetzt, ebenso wie ein später von einem anderen Architekten erstellter Vorschlag. In 2008 ließ er, wie im Kaufvertrag vereinbart, eine Grenzmauer errichten. Erst im Juli 2012 beantragte er eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses, die im Dezember 2012 erteilt wurde. Die Erdarbeiten begannen im Februar 2013. Seit Mitte 2014 ist das Gebäude fertiggestellt und teilweise vermietet.

Das FA berücksichtigte die von A und seiner Ehefrau geltend gemachten grundstücksbezogenen Aufwendungen (insbesondere die Darlehenszinsen) nicht als vorab entstandene Werbungskosten. Dem folgte das FG und wies die Klagen der Eheleute mit der Begründung ab, die Einholung der Architektenvorschläge ohne Nachweis von Bemühungen um die Finanzierung bzw. Realisierung der Konzepte dokumentierten nicht hinreichend die Bebauungsabsicht. Der Zeitraum von 10 Jahren zwischen Grundstückserwerb und Bebauung spreche angesichts des vorsichtigen Finanzierungsverhaltens gegen eine Bebauungsabsicht.

Entscheidung

Aufwendungen für ein unbebautes Grundstück sind als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV abziehbar, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer (beabsichtigten) Bebauung und anschließender Vermietung des Gebäudes besteht. Die Bebauungs- und Vermietungsabsicht kann nicht unterstellt werden, sondern muss aus äußeren Umständen erkennbar und in ein konkretes Stadium getreten sein. Es müssen Maßnahmen vorliegen, die darauf abzielen, das Grundstück in Vermietungsabsicht zu bebauen. Diese Absicht kann sich schon vor Baubeginn aus hinreichend eindeutigen Vorbereitungshandlungen ergeben.

Auf die Bebauungs- und Vermietungsabsicht als innere Tatsachen kann nur anhand von äußeren Umständen (Indizien) geschlossen werden. Dazu ist die Gesamtwürdigung der Umstände erforderlich. In diese Beurteilung können - ohne starre Regel - folgende Gesichtspunkte einbezogen werden:

  • Das spätere Verhalten des Steuerpflichtigen.
  • Der zeitliche Zusammenhang zwischen Grundstückserwerb, Bebauung und Vermietung kann auf einen wirtschaftlichen Zusammenhang von Aufwendungen und künftigen Einnahmen hinweisen. 
  • Finanzielle Schwierigkeiten stehen der Bebauungsabsicht nicht entgegen, wenn der Steuerpflichtige gleichwohl konkret in überschaubarer Zeit mit der Bebauung rechnen kann.
  • Die Bemühung, das erforderliche Eigenkapital anzusparen, spricht für die Bebauungsabsicht. Ein vorsichtiges Finanzierungsverhalten steht nicht entgegen, sofern sich aus weiteren Umständen ergibt, dass der Steuerpflichtige die entsprechenden Mittel tatsächlich angespart hat. Die spätere Verwendung der Mittel ist zu berücksichtigen. 
  • Bebaubarkeit des Grundstücks, Beauftragung eines Architekten, eine Bauvoranfrage sprechen ebenfalls für die Bebauungsabsicht. Dabei kann es sich auch um mehr oder weniger unverbindliche Vorbereitungshandlungen handeln.
  • Gegen eine Vermietungsabsicht sprechen auch Anhaltspunkte für eine Veräußerungsabsicht oder ernsthaft in Betracht gezogene Eigennutzung.  

Für die objektiven Umstände, aus denen auf das Vorliegen der Bebauungs- und Vermietungsabsicht geschlossen werden soll, ist der Steuerpflichtige darlegungs- und beweisbelastet. Die Nichterweislichkeit geht daher zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Für den Streitfall entschied der BFH, dass das FG die vom BFH für die Überzeugungsbildung als entscheidend herausgestellten Gesichtspunkte nicht ausreichend abgewogen hat. Das FG hat nicht beachtet,

  • dass das Grundstück bebaubar war,
  • dass sich A im Kaufvertrag zur Bebauung verpflichtet hatte,
  • dass er mit der Bebauung erst nach Bezahlung des Grundstückskaufs und Ansparung ausreichender Eigenmittel beginnen wollte und er diese Ziele innerhalb von knapp 10 Jahren erreicht hatte,
  • dass keine Anhaltspunkte für die Veräußerung vorlagen,
  • dass die tatsächliche Bebauung als Indiz zurückwirkt,
  • dass die negative Beurteilung der Vermietungsabsicht bei Nichtzustandekommen eines Mietvertrags über mehr als 10 Jahre nach der Rechtsprechung nur für bebaute Grundstücke gilt. 

Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und verwies die Sache zur Nachholung der Gesamtwürdigung anhand des detaillierten Tatsachenvortrags des A zurück.

Hinweis

Der BFH lässt eine großzügigere Auffassung zur Feststellung der Bebauungs- und Vermietungsabsicht erkennen. Wichtig ist aber jedenfalls, dass allein die Erklärung, das Grundstück bebauen zu wollen, nicht ausreicht. Erforderlich ist immer eine Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls. Dabei sind grundsätzlich die im Streitzeitraum eingetretenen Umstände entscheidend. Bei Zweifeln kann jedoch auch das spätere Verhalten mit einbezogen werden. Der BFH weist besonders auf die neuere Rechtsprechung hin, dass eine abschließende (negative) Beurteilung der Vermietungsabsicht wegen des bloßen Zeitablaufs regelmäßig erst dann in Betracht kommt, wenn über mehr als 10 Jahre ein Mietvertrag nicht zustande gekommen ist. Diese Rechtsprechung betrifft allerdings nur bebaute Grundstücke. Bei einem - wie hier - unbebauten Grundstück muss dieser Zeitraum großzügiger gehandhabt werden. Im Einzelfall kommt es daher entscheidend darauf an, die eingeleiteten Maßnahmen so detailliert zu dokumentieren, dass die Bebauungs- und Vermietungsabsicht konkret ersichtlich wird.

BFH, Urteil v. 1.12.2015, IX R 9/15, veröffentlicht am 23.3.2016