Feststellung des Grundbesitzwerts gegenüber einer Erbengemeinschaft
Hintergrund
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, wer bei der Feststellung des Grundbesitzwerts gegenüber einer Erbengemeinschaft für Zwecke der ErbSt als Inhaltsadressat zu bezeichnen ist.
Der Erblasser X wurde beerbt von seiner Ehefrau E sowie seinen beiden Söhnen S1 und S2. Zum Nachlass gehörte u.a. ein Grundstück. Die Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts für das Grundstück unterzeichnete nur E. Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der ErbSt bewertete das FA das Grundstück als Ein- oder Zweifamilienhaus im Sachwertverfahren, stellte den Grundbesitzwert gesondert und einheitlich auf 285.000 EUR fest und rechnete ihn der Erbengemeinschaft zu. Den Bescheid gab das FA an E als Empfangsbevollmächtigte für die "X-Erbengemeinschaft" bekannt. Er enthält den Zusatz: "Der Bescheid ergeht mit Wirkung für und gegen die Erbengemeinschaft und alle Miterben".
Den von der Erbengemeinschaft, E, S1 und S2 erhobenen Einspruch wies das FA zurück. Als Einspruchsführer bezeichnete das FA die "Erbengemeinschaft nach X, bestehend aus E, S1 und S2".
Das FG gab der Klage mit der Begründung statt, der Inhaltsadressat des Bescheids sei nicht hinreichend bestimmt. Die Bezeichnung "X-Erbengemeinschaft" genüge nicht. Es fehle an der namentlichen Benennung der Erben.
Entscheidung
Auch der BFH ist der Auffassung, dass der Feststellungsbescheid den Inhaltsadressaten nicht hinreichend genau bezeichnet und daher nichtig ist.
Inhaltsadressat der Feststellung des Grundbesitzwerts ist der Erbe, für dessen Besteuerung die Feststellung des Grundbesitzwerts von Bedeutung ist. Bei mehreren Erben sind in dem Feststellungsbescheid auch Feststellungen über die Zurechnung und die Höhe des Anteils, der für die Besteuerung von Bedeutung ist, zu treffen (§ 151 Abs. 2 Nr. 2 BewG). Damit wird die Erbengemeinschaft jedoch nicht zum Inhaltsadressaten des Feststellungsbescheids. Denn die zu treffenden Feststellungen sind nicht für die Besteuerung der Erbengemeinschaft selbst, sondern bei der Festsetzung der ErbSt gegen die von den Feststellungen betroffenen Miterben von Bedeutung. Inhaltsadressaten der gesonderten Feststellung bleiben die Miterben, auch wenn die Feststellung gegenüber der Erbengemeinschaft in Vertretung für die Miterben erfolgt.
Bei mehreren Miterben muss dem Feststellungsbescheid klar und eindeutig entnommen werden, gegen welche Beteiligten sich die Feststellungen richten. Dabei ist ausreichend, wenn sich die Beteiligten zwar nicht aus dem Adressfeld, wohl aber aus dem weiteren Inhalt des Bescheids ergeben, z. B. aus einer Anlage, aus Erläuterungen des Bescheids oder aus einem in Bezug genommenen Außenprüfungs-Bericht.
Der BFH ist mit dem FG der Auffassung, dass der angefochtene Feststellungsbescheid die Inhaltsadressaten nicht hinreichend genau bezeichnet. Denn weder aus dem Adressfeld, noch aus der Bezeichnung "X-Erbengemeinschaft" noch aus weiteren Erläuterungen des Bescheids lässt sich entnehmen, aus welchen Mitgliedern der Erbengemeinschaft besteht. Es fehlt an der namentlichen Bezeichnung der Miterben. Der Hinweis, dass der Bescheid mit Wirkung für und gegen alle Mitglieder der Erbengemeinschaft (ohne Namensnennung) ergeht, genügt nicht. Die Revision des FA wurde daher zurückgewiesen.
Hinweis
Der BFH ergänzt, dass Formalismus und Wortklauberei in diesem Zusammenhang unangebracht sind. Daher ist die Bezeichnung der Erbengemeinschaft mit dem Zusatz der Namen der Erben ausreichend. Denn die Mitglieder der Miterbengemeinschaft können dann entnehmen, dass sich der Bescheid gegen sie als Erbengemeinschaft richtet.
Der BFH verweist ergänzend auf die Verwaltungsregelung für den Fall, in dem gegen die Erbengemeinschaft - ausnahmsweise - als Steuerschuldnerin oder Gesamtrechtsnachfolgerin des Steuerschuldners Steuerbescheide erlassen werden. Auch hier muss der an die Erbengemeinschaft gerichtete Bescheid mangels Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft zur Identifizierung grundsätzlich den Namen des Erblassers und die Namen der einzelnen Miterben enthalten (Abschn. 2.4.1.3 des Anwendungserlasses zu § 122 AO). Die Nachholung der Bezeichnung in der Einspruchsentscheidung kann die mangelnde Bezeichnung im Bescheid selbst nicht heilen.
BFH, Urteil v. 30.9.2015, II R 31/13, veröffentlicht am 25.11.2015
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