Fußballprofi als Wirtschaftsgut: Bilanzierung von Ablösezahlungen (BFH)
Hintergrund
Zu entscheiden war, ob Zahlungen eines Fußballvereins für Transfers von Spielern, für Provisionen an Spielervermittler und für Ausbildungs- bzw. Förderungsentschädigungen als sofort abziehbare Betriebsausgaben zu behandeln oder als Anschaffungskosten für die jeweiligen Spielerlaubnisse zu aktivieren und über die Vertragslaufzeit abzuschreiben sind. Der Tagespresse ist zu entnehmen, dass Beteiligter des vorliegenden Musterverfahrens der Verein Hansa Rostock war.
Der Verein war der Meinung, entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH (Urteil v. 26.8.1992, BStBl II 1992, 977) seien die Ablösezahlungen (Transferentschädigungen) für den Wechsel von Lizenzspielern von anderen Vereinen nicht zu aktivieren. Er berief sich dazu auf das sog. Bosman-Urteil des EuGH. Danach widerspricht es der Arbeitnehmer-Freizügigkeit, wenn ein Berufsfußballspieler nur nach Zahlung einer Transferentschädigung bei einem Verein eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt werden kann (EuGH-Urt. v. 15.12.1995, NJW 1996, 505). Die Klage hatte teilweise Erfolg (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 10.11.2010, 1 K 466/07). Im Streit waren die Jahre 1999 bis 2001.
Entscheidung
Der BFH bestätigt zunächst seine Rechtsprechung aus dem Jahre 1992, nach der die Transferentschädigungen als aktivierungspflichtige Anschaffungskosten für die Spielerlaubnis als immaterielles Wirtschaftsgut auszuweisen und entsprechend der Laufzeit des Arbeitsvertrags abzuschreiben sind. Das Wirtschaftsgut wird in der faktisch bestehenden Nutzungsmöglichkeit des Vereins "am Spieler" gesehen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei einem Arbeitsvertrag um ein nicht zu aktivierendes schwebendes Geschäft handelt. Denn der mit der Verpflichtung des Spielers für den Verein verbundene Vorteil geht über den mit dem Spielergehalt abgegoltenen Anspruch auf die Arbeitsleistung hinaus. Dass es infolge des "Bosman-Urteils" keine verbandsrechtlichen Regelungen zur Transferentschädigung mehr gibt, sondern die Ablösesummen frei ausgehandelt werden, schränkt die Verkehrsfähigkeit des immateriellen Wirtschaftsguts der Spielerlaubnis nicht ein.
Auch die Provisonszahlungen an Spielervermittler sind zu aktivieren. Es handelt sich um Nebenkosten und nachträgliche Kosten, die vom Begriff der Anschaffungskosten umfasst werden - ebenso wie die Maklerkosten bei einem Kauf. Unerheblich ist, ob der Vermittler (Berater) vom Spieler oder vom Verein eingeschaltet wurde. Anders ist es nur bei einem Spieler, der ablösefrei gewechselt ist. Die Nutzungsmöglichkeit wurde dann nicht entgeltlich erworben. Aufwendungen, die nur gelegentlich des Erwerbs entstehen, führen nicht zu einem entgeltlichen Erwerb und damit nicht zu Anschaffungskosten.
Nicht zu aktivieren sind allerdings - wie schon das FG entschieden hat - die an die bisherigen Vereine gezahlten Ausbildungs- und Förderungsentschädigungen (satzungsgemäß für Bundesligavereine bisher 100.000 DM). Hier fehlt es an einem entgeltlichen Erwerb. Es liegt keine Gegenleistung für die erlangten Vorteile vor, sondern eine Entschädigungsleistung für in der Vergangenheit vom Ausbildungsverein getätigte Aufwendungen vor.
Anmerkung
Es geht nicht um ein "Recht am Spieler", das nicht besteht, sondern lediglich um die Nutzungsmöglichkeit "am Spieler". Es liegt daher keine gegen die Menschenwürde verstoßende Bilanzierung von "Humankapital" vor. Sofern die Praxis des "Spielerhandels" selbst nicht als rechts- oder sittenwidrig angesehen wird, kann eine an dieser Praxis anknüpfende Bilanzierung nicht als Verfassungsverstoß gewertet werden.
Urteil v. 14.12.2011, I R 108/10, veröffentlicht am 1.2.2012
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