Gegenstandswert einer verbindlichen Auskunft
Hintergrund
Eine GmbH & Co. KG (KG) wollte ihren Konzern umstruktuieren und bat das FA um eine verbindliche Auskunft darüber, ob die geplante Gestaltung zu einer Aufdeckung der stillen führen würde. Das FA verneinte diese für die KG nachteilige Rechtsfolge und setzte für die erteilte Auskunft eine nach § 89 Abs. 3 Satz 1 AO vorgeschriebene Gebühr fest. Die Gebühr berechnete das FA auf der Grundlage der Steuerbelastung, die bei der KG eingetreten wäre, wenn die stillen Reserven tatsächlich aufzulösen und zu versteuern gewesen wären.
Gegen den Gebührenbescheid machte die KG geltend, dass der Gegenstandswert einer verbindlichen Auskunft lediglich mit 10% der fiktiven steuerlichen Auswirkungen zu bemessen sei. Dabei müssten auch zukünftige Steuerentlastungen durch eventuelle höhere Abschreibungen berücksichtigt werden.
Das FG gab der Klage der KG teilweise statt. Es befand, dass in die Bestimmung des Gegenstandswerts neben der Steuerbelastung durch etwaige Aufdeckung stiller Reserven auch die gegenläufigen Folgen für die AfA-Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien (EFG 2012 S. 1706). Der so bestimmte Gegenstandswert sei allerdings mit 100% und nicht mit lediglich 10% anzusetzen.
Entscheidung
Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil auf und wies die Klage der KG ab. Er entschied, dass sich der Wert für die Bemessung der Gebühr nach dem gestellten Antrag und den sich daraus ergebenden steuerlichen Auswirkungen richtet und dass dieser zahlenmäßig nach den Grundsätzen der gerichtlichen Streitwertermittlung im Hauptsacheverfahren berechnet wird.
Die maßgeblichen steuerlichen Auswirkungen für die Auskunftsgebühr ergeben sich grundsätzlich aus der Gegenüberstellung des Steuerbetrags, der bei Anwendung der vom Antragsteller vorgetragenen Rechtsauffassung entstehen würde, zu dem Steuerbetrag, der entstehen würde, wenn das FA eine entgegengesetzte Rechtsauffassung vertreten würde. Steuerliche Auswirkungen, die sich mittelbar ergeben (wie im Streitfall als Folge von höheren Abschreibungen in Folgejahren), die jedoch nicht selbst zum Gegenstand des Antrags auf verbindliche Auskunft gemacht worden sind, werden weder gebührenerermäßigend noch gebührenerhöhend bei der Bemessung der Auskunftsgebühr berücksichtigt.
Die Anknüpfung an die Grundsätze der gerichtlichen Streitwertermittlung ergibt sich aus § 89 Abs. 5 AO, der auf die entsprechende Anwendung der Regelung über die Wertgebühren in § 34 GKG verweist. Auch dem Gesetzgebungsverfahren kann entnommen werden, dass der Gesetzgeber eine typisierende und pauschalierende Regelung, anknüpfend an das bereits bestehende System zur Bemessung des Gegenstandswerts im Gerichtskostenrecht, schaffen wollte.
Eine Absenkung des Gegenstandswerts auf 10% des „Hauptsacheanspruchs“ wie bei der Streitwertbestimmung in Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (AdV) kommt hier nicht in Betracht. In sog. vorläufigen Verfahren wegen AdV will der Steuerpflichtige erreichen, ein Leistungsgebot vorübergehend nicht befolgen zu müssen; sein finanzielles Interesse ist auf Verzinsung bzw. Zinsersparnis gerichtet. Demgegenüber ist bei einer verbindlichen Auskunft das Interesse auf eine endgültige, Planungssicherheit bewirkende Festlegung der Finanzbehörde gerichtet. Der Gegenstandswert wird hier deshalb entsprechend dem Streitwert im Hauptsacheverfahren berechnet.
Hinweis
In allen Verfahren auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft räumt der Gesetzgeber dem Antragsteller eine sog. Einschätzungsprärogative ein. Denn nach § 89 Abs. 4 Satz 2 AO soll dieser den Gegenstandswert und die für seine Bestimmung erheblichen Umstände in seinem Antrag darlegen. Die Finanzbehörde wiederum soll den vom Antragsteller erklärten Gegenstandswert bei der Festsetzung der Gebühr zugrunde legen, soweit dies nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt (§ 89 Abs. 4 Satz 3 AO). Der Gesetzgeber will damit Auseinandersetzungen über die zutreffende Höhe der Gebühr so weit wie möglich vermeiden. Allerdings muss sich der Antragsteller im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative an die Grundsätze der gerichtlichen Streitwertermittlung halten. Weicht er bei der Bemessung des Gegenstandswerts von diesen Grundsätzen ab, führt das regelmäßig zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis, das vom FA nicht berücksichtigt werden muss.
Der BFH weist in seiner Urteilsbegründung noch auf folgendes hin:
Die Frage, ob sich infolge der Aufdeckung stiller Reserven im Streitjahr und in den Folgejahren die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung erhöht hätte und damit eine höhere Abschreibung aufwandswirksam zu berücksichtigen gewesen wäre, war nicht Gegenstand des Auskunftsantrags und hatte deshalb auf den Gegenstandswert keinerlei Auswirkungen. Hätte die KG auch diese Frage zum Gegenstand ihres Auskunftsersuchens gemacht, so hätte sich der Umfang zukünftiger Abschreibungen allerdings nicht gebührenmindernd, sondern gebührenerhöhend ausgewirkt.
BFH, Urteil v. 22.4.2015, IV R 13/12, veröffentlicht am 14.10.2015
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