Geschäftsveräußerung im Ganzen

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt nicht vor, wenn die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter für die einzelnen Mieteinheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung aufgrund der bereits erfolgten Vermietung besser veräußern zu können.

Sachverhalt:

Im Januar 2005 schloss die Klägerin mit der D. GmbH einen Mietvertrag über ein auf einem am 6.12.2004 erworbenen Grundstück nach Vorgaben der Mieterin zu errichtendes Werkstattgebäude ab dem 1.11.2005 (Grundmietzeit: 20 Jahre). Nachdem die Klägerin sich seit dem März 2006 um eine Veräußerung bemühte, verkaufte sie das Grundstück am 7.9.2006 unter Annahme einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung i. S. d. § 1 Abs. 1a UStG. Der Käufer führte die bestehenden Mietverhältnisse fort.

Das Finanzamt verneinte eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung. Die dann steuerbare, jedoch nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferung löse einen Berichtigungsanspruch gem. § 15a UStG i. H. v. 103/120 der auf die Herstellungskosten des Gebäudes entfallenden Vorsteuer aus. Einen (vorsorglichen) Verzicht auf eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG hatte die Klägerin im Notarvertrag nicht erklärt.

Entscheidung:

Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen i. S. d. § 1 Abs. 1a UStG löst beim Veräußerer keine Vorsteuerberichtigung aus. Nach § 15a Abs. 10 Satz 1 UStG führt der Erwerber den bisherigen Berichtigungszeitraum fort.

Grundsätzlich führt die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks zu einer Geschäftsveräußerung. Jedoch liegt kein vom Erwerber fortführungsfähiges Vermietungsunternehmen vor, wenn die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter für die einzelnen Mieteinheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung aufgrund der bereits erfolgten Vermietung besser veräußern zu können (u. a. BFH, Urteil v. 28.10.2010, V R 22/09).

Bei der vorzunehmenden Beurteilung ist die bei Erwerb der Objekte bestehende Verwendungsabsicht des späteren Veräußerers einzubeziehen. Ändert sich die Verwendungsabsicht relativ kurz nach Erwerb des Objekts, ist den objektiven Umständen der Vorrang einzuräumen.

Lt. dem Urteil des FG Saarland vom 5.3.2014 (1 K 1265/11, Revision anhängig unter dem Az. XI R 16/14) ist eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht als unbeachtlich anzusehen, wenn gleichwohl das später veräußerte Objekt für zwei bis drei Jahre vermietet wurde.

Nach Auffassung des FG Berlin-Brandenburg stellt aber im Urteilsfall bei einer nur 17 Monate währenden Vermietungsdauer und einer von Anfang an mindestens gleichwertigen Verkaufsabsicht die Veräußerung des Mietgrundstücks keine Geschäftsveräußerung dar. Schließlich lagen im Urteilsfall zwischen Beginn der Mietnutzung und dem Beginn der Verkaufsbemühungen nur 4 Monate.

Praxishinweis:

Zur Vermeidung einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG sollte - auch bei einvernehmlicher Annahme einer Geschäftsveräußerung - der Grundstücksveräußerer im Notarvertrag stets die vorsorgliche Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG aussprechen. Nach den BFH-Urteilen v. 19.12.2013 (V R 6/12 und V R 7/12) ist - entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung in Abschn. 9.1. Abs. 3 Satz 1 UStAE - die Option zeitlich noch zulässig bis zur materiellen Bestandskraft des Verkaufsjahres (= soweit eine Änderungsmöglichkeit besteht, z. B. nach § 164 Abs. 2 AO und die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten ist).

FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.11.2014, 7 K 7283/12 (Haufe Index 7553414)


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