Gewerblicher Grundstückshandel bei einem geplanten Objekt
Hintergrund: Halten eines Grundstücks ohne Verkaufsbemühungen
X war als Vermessungsingenieur tätig. In 1992 erwarb er zu Anschaffungskosten von 150.000 EUR ein 2.500 qm großes Grundstück und stellte einen Bauantrag für die Errichtung eines Büro- und Boardinghauses. In der Folgezeit versuchte er, das Objekt (Grundstück mit zu errichtendem Gebäude) zu veräußern. Ein Kaufinteressent nahm Ende 1994 Abstand vom Kauf. In 1995 wurde der Bauantrag zurückgewiesen. Angedachte weitere Projekte (Verkauf zum Betrieb einer Tankstelle oder eines Outletcenters) zerschlugen sich. Trotz Inserierung im Internet wurde das Grundstück bis zur mündlichen Verhandlung vor dem FG in 2014 nicht veräußert. X machte seit 1992 die im Wesentlichen aus Schuldzinsen bestehenden Verluste aus dem Grundstück geltend (zunächst als Verluste aus VuV, später aus Gewerbebetrieb in Gestalt eines gewerblichen Grundstückshandels). Für das Streitjahr 2005 beantragte er wegen der Teilwertabschreibung des Grundstücks den Abzug eines gewerblichen Verlusts von rund 106.000 EUR. Dem widersprach das FA. Es sah den Verlust als Wertminderung auf der privaten Vermögensebene an.
Das FG gab der dagegen gerichteten Klage mit der Begründung statt, nach den konkreten Umständen (Bauantrag, Verkaufsanzeigen, Verkaufsanbahnung, kurzfristige Finanzierung) sei davon auszugehen, dass X mit bedingter Verkaufsabsicht gehandelt habe und wegen des nicht sicheren Verkaufs die Erteilung der Baugenehmigung nicht weiter betrieben habe.
Entscheidung: Gewinnerzielungsabsicht nachträglich entfallen ...
Die Aktivitäten des X zählen nicht zum typischen Hobbybereich, bei dem nur geringe Anforderungen an die Feststellung persönlicher Gründe und Motive zur Weiterführung des Unternehmens gestellt werden. Auch sonst gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Vorhaben von vornherein nicht geeignet gewesen wäre, Gewinn zu erzielen. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die in 1993 angebahnte Veräußerung an den Kaufinteressenten von Beginn an keine Aussicht auf Umsetzung hatte. Die Gewinnerzielungsabsicht kann jedoch nachträglich wieder entfallen. Das bewirkt keine Betriebsaufgabe, sondern einen erfolgsneutralen Strukturwandel vom Gewerbebetrieb zur Liebhaberei. Die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bleiben sog. "eingefrorenes Betriebsvermögen". Die stillen Reserven werden auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei gesondert festgestellt (§ 8 VO zu § 180 Abs. 2 AO). Von diesem Zeitpunkt an sind die laufenden Ergebnisse ebenso irrelevant wie wenn die Gewinnerzielungsabsicht von Beginn an gefehlt hätte (BFH, Urteil vom 15.5.2002, X R 3/99 BStBl II 2002, 809).
... mangels konkreter Umstrukturierungsmaßnahmen
Im Streitfall ist die Gewinnerzielungsabsicht schon vor 2005 nachträglich entfallen. Denn nachdem der Kaufinteressent das Projekt Ende 1994 abgesagt hatte, hatte sich der ursprüngliche Plan des X zerschlagen. Von da an begann eine kontinuierliche Verlustperiode. Das Grundstück verlor an Wert und es erwies sich als unmöglich, ein anderes gewinnbringendes Konzept zu finden. X musste vor einem Misserfolg gewarnt sein und sich überlegen, wie er weiter verfahren wollte. Stattdessen hat er auf die zunehmenden Vermarktungsschwierigkeiten nur unzureichend reagiert und mit dem Unterlassen weiterer Planungen zu erkennen gegeben, dass die (etwaige) Betriebsführung nicht mehr ernstlich auf eine am Markt erfolgreiche Tätigkeit gerichtet war. X hat auch innerhalb einer großzügig verstandenen Anlaufzeit bis zum Streitjahr 2005 und darüber hinaus bis zur mündlichen Verhandlung vor dem FG in 2014 (22 Jahre nach dem Ankauf des Grundstücks) nichts unternommen, was als geeignete Grundstücksentwicklungsmaßnahme verstanden werden konnte. Zum Ende der Anlaufzeit hätte er andere Vorstellungen entwickeln müssen, wie er seinen (etwaigen) gewerblichen Grundstückshandel doch noch zum wirtschaftlichen Erfolg führen könnte. Daran fehlt es. X hat die Angelegenheit im Wesentlichen sich selbst überlassen und sich nicht weiter um eine Baugenehmigung bemüht. Seine Aktivitäten erschöpften sich in einer durch die Realität nicht gedeckten Hoffnung, durch Inserate einen Zufallstreffer zu erzielen.
Auf die Revision des FA hob der BFH daher das FG-Urteil auf und wies die Klage ab.
Hinweis: Ohne geeignete Entwicklungsmaßnahmen Strukturwandel zur Liebhaberei
Das Unterlassen geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen ist im Hinblick auf das darin liegende nicht marktgerechte Verhalten ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht. Der BFH geht davon aus, dass als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zum Erfordernis größerer Korrektur- und Umstrukturierungsmaßnahmen ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur im Ausnahmefall in Betracht kommen wird (z. B. BFH, Urteil vom 23.5.2007, X R 33/04, BStBl II 2007, 874). Die Anlaufzeit ist keine starre Grenze, sondern nur ein Richtmaß. Im Streitjahr 2005 war sie jedenfalls überschritten (13 Jahre nach dem Grundstückserwerb, 11 Jahre nach dem Rückzug des Kaufinteressenten). X hätte spätestens zum Ende der Anlaufzeit ernsthaft weiterhin die Vermarktung des Objekts vorantreiben müssen. Ohne solche Aktivitäten hätte er den Strukturwandel zur Liebhaberei (mit der Folge, dass sich die negative Entwicklung des Grundstückswerts während der Liebhabereiphase nicht auswirkte) nur durch eine Betriebsaufgabe oder ggf. auch durch einen Verkauf mit Verlust vermeiden können. Ein steuerlich relevanter Gewerbebetrieb kann nicht unbegrenzt fortgeführt werden, wenn gleichzeitig feststeht, dass kein Totalgewinn mehr erzielt wird. Das eigentliche Motiv des X lag wohl in der Erwartung steigender Grundstückspreise. Dazu weist der BFH ergänzend auf den Zehnjahreszeitraum nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG ("Spekulationsfrist") hin. Daraus ergibt sich, dass bei einer Haltephase über mehr als 10 Jahre in der Erwartung eines Preisanstiegs keine Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels gesehen werden kann.
Die Entscheidung wurde erst nachträglich zur Veröffentlichung bestimmt. Sie war bereits seit dem 5.7.2017 abrufbar und wurde zeitnah in BFH/NV 2017, 1161, veröffentlicht.
BFH, Urteil v. 5.4.2017, X R 6/15, veröffentlicht am 20.9.2017.
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